Kostensenkung
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Bedingt durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie (IT)16 sind die Kosten für elektronische Kommunikation und Informationsverarbeitung in den letzten Jahrzehnten drastisch gefallen. Elektronische Verfahren ermöglichen massive Produktivitätssteigerungen.17 Weitere (Kosten-)Hürden sind durch die allgemeine Verfügbarkeit von Cloudservices gefallen; statt eines Betriebs der Infrastruktur „On-Premises“ („eigenes Blech im Keller“) können „irgendwo“ im Internet angebotene Software, Plattformen oder Infrastruktur bei Bedarf genutzt werden (Software as a Service/SaaS, Platform as a Service/PaaS und Infrastructure as a Service/IaaS).
Dematerialisierung und Digitalisierung
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Durch den Einsatz moderner IT können immer mehr Produkte, Services und Prozesse ganz oder teilweise digitalisiert werden. Inzwischen haben sich durch Online-Gaming virtuelle Welten ergeben, die bereits eine größere wirtschaftliche Bedeutung als die Filmindustrie haben. Teile der Wertschöpfungskette sind zwischenzeitlich vollständig digitalisiert, etwa Satz und Design von Zeitungen und Zeitschriften oder die professionelle Audio- und Videobearbeitung.
Spezialisierung und Arbeitsteilung
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Die innerbetrieblichen und zwischenbetrieblichen Organisationsstrukturen verändern sich. Auf der einen Seite werden Routinetätigkeiten und Informationsfluss automatisiert, was zu einer geringeren innerbetrieblichen Arbeitsteilung führt. Auf der Ebene der Unternehmen ergeben sich hingegen Spezialisierungsvorteile, weil größere Märkte angesprochen werden. Mit dieser Spezialisierung beschränken sich Unternehmen zunehmend auf kleine Bereiche der Wertschöpfungskette. Dies führt dazu, dass sie stärker auf die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen angewiesen sind. Dadurch wird die Entwicklung flexibler Netzwerke zwischen einzelnen Unternehmen oder in Unternehmensgruppen gefördert.
Größenvorteile
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Digitale Produkte haben in der Regel Größenvorteile, d.h. die Fixkosten sind relativ hoch, während die Zusatzkosten pro weitere Einheit häufig verschwindend gering sind.18 Diese Skaleneffekte bedingen, dass digitale Produkte in größeren Mengen häufig mit geringen Stückkosten gestellt werden können. Ist z.B. einmal ein Cloudservice zum Dokumentenmanagement erstellt, sind die Kosten für die Bereitstellung des Service gering.
Netzwerkeffekte und Standards
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In der digitalen Internetökonomie haben Netzwerkeffekte einen wichtigen Einfluss. Vernetzung setzt dabei voraus, dass ein einheitlicher technischer Standard besteht – sei es im Hinblick auf die verwendete Software als auch auf die verwendete Hardware. Für die Entwicklung des Internet ist daher die Entwicklung von Standards wichtig, wie z.B. die Seitenbeschreibungssprache HTML oder Datenübertragungsprotokolle wie Transmission Control Protocol/Internet Protocol (TCP/IP).
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In der digitalen Ökonomie werden sowohl direkte als auch indirekte Netzwerkeffekte wirksam.19 Bei direkten Netzwerkeffekten steigt der Nutzen mit jedem neu hinzukommenden Anwender. Beispiel: Je mehr Menschen E-Mail-Adressen besitzen, desto mehr Personen kann jeder Anwender erreichen. Der Nutzen der E-Mail-Technik wächst also mit jedem hinzukommenden Anwender.
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Aber auch indirekte Netzwerkeffekte haben Einfluss. Indirekte Netzwerkeffekte steigern den individuellen Nutzen nicht allein dadurch, dass die Zahl der Anwender steigt, sondern dass der Nutzen des Produktes auf andere Weise gemehrt wird. Beispiele: Je mehr Menschen ein bestimmtes Betriebssystem nutzen, desto mehr Software wird dafür geschrieben, oder je mehr Menschen Dokumente in der Cloud speichern, desto größer ist das Angebot an spezialisierten Lösungen für das Dokumentenmanagement in der Cloud.
Preis- und Erlösmodelle
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Neue Preis- und Erlösmodelle werden durch die einfache digitale Vervielfältigung Realität. So wird z.T. auf dem Softwaremarkt die Strategie „Follow-thefree“ verfolgt:20 Eine Basisversion wird kostenfrei zur Verfügung gestellt; wer alle oder die Nutzung wesentlich erleichternde Funktionen nutzen will, muss jedoch zahlen. Entsprechendes gilt für den Markt der Onlinegames mit dem „Free-to-play“- oder „Freemium“-Modell: Ein Spiel ist zwar vollständig kostenlos nutzbar, relevante Erfolge und Fortschritte werden aber (deutlich) beschleunigt, wenn über „In-Game Purchases“ der eigene Charakter aufgewertet oder neue Levels (schneller) freigeschaltet werden.
Veränderung der Kundenrolle
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Die erhöhte Markttransparenz führt dazu, dass dem Kunden eine erweiterte Marktmacht zukommt. Ein Kunde kann jederzeit im Internet Preis- und Produktrecherchen betreiben und dann dort seine Produkte oder Services erwerben, wo sie am günstigsten ist, bzw. das Produkt oder den Service erwerben, der seine Anforderungen am besten erfüllt.
Individualisierung der Kundenbeziehung
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Durch die technischen Möglichkeiten, das Kundenverhalten auf einer Website zu analysieren, kann der Anbieter die individuellen Kundenpräferenzen ermitteln und auf dieser Basis dem Kunden maßgeschneiderte Angebote zukommen lassen (Kundenbindung durch Personalisierung). Eine besondere Ausprägung hiervon ist das „Dynamic Pricing“, bei dem abhängig vom Kunden und dessen Profil für ein identisches Produkt bzw. einen identischen Service unterschiedliche Preise aufgerufen werden.21
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Durch die technische Entwicklung des Internet und seine Verbreitung haben sich unzählige neue Geschäftsmodelle entwickelt, die mehr oder weniger das Internet und die darin enthaltenen Dienste als Kommunikationsplattform zur Information, zum Vertragsschluss und unmittelbar zu Leistungsabwicklung (Vertragserfüllung) nutzen.
a) Werbung im Internet (One-to-One-Marketing)
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Das Internet wird in vielfältiger Weise zur Kundenansprache genutzt. Neben der Werbung per E-Mail oder Messenger werden insbesondere soziale Netzwerke und Websites als Werbeträger genutzt. Die Werbung im Netz weist dabei verschiedene Besonderheiten im Vergleich zu anderen Werbeträgern auf, die u.U. zu juristischen Problemen führen können (z.B. Keyword Advertising):
– Die Werbung im Netz erfolgt weltweit. Ein Unternehmen kann so Kunden in vielen Ländern der Welt erreichen.
– Die Unternehmenskommunikation im Netz kann multimedial erfolgen. Neben dem reinen Text können in der Werbung auch Bild, Ton oder Video enthalten sein.
– Das Marketing kann individuell auf den Kunden zugeschnitten werden, z.B. dadurch, dass per Website Daten abgefragt werden oder aber, dass ohne Kenntnis des Kunden sein Verhalten auf der Website analysiert und für individualisierte Kundenansprache genutzt wird (One-to-One-Marketing).22
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Auf dieser ersten Stufe werden die Onlinedienste nur zur Werbung genutzt. Die weiteren Schritte (Vertragsschluss, Abwicklung) erfolgen auf herkömmlichem Wege. Anbieter beschränken sich auf derartige Werbung, wenn es um höchstpersönliche Leistungen mit individuellem Charakter geht oder Ziel der Werbung der Präsenzhandel vor Ort ist. Die Grenzen verschwimmen hier allerdings zusehends: Während etwa Leistungen von Rechtsanwälten und Handwerkern traditionell online nur beworben wurden, ist die unmittelbare digitale Beauftragung auf dem Weg zum Standard, wenn es um „Leistungen von der Stange“ oder niederschwellige Angebote geht, etwa die Durchsetzung von Fluggastrechten. Bei hochpreisigen Produkten, etwa einer Luxusuhr oder einem individuell konfigurierten Pkw, finden Vertragsschluss und Abwicklung häufig noch im realen Raum statt, auch hier ist jedoch eine Tendenz zumindest zum elektronischen Vertragsschluss deutlich erkennbar.
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