Vierter Teil: Einwohnerinnen und Einwohner, Bürgerinnen und Bürger
§ 28Begriffsbestimmungen
(1) 1Einwohnerin oder Einwohner einer Kommune ist, wer in dieser Kommune den Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat. 2Der Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes ist der Ort der Wohnung im Sinne des Melderechts. 3Hat eine Person im Bundesgebiet mehrere Wohnungen, so ist ihr Wohnsitz der Ort der Hauptwohnung. 4Weist sie jedoch nach, dass sich der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen am Ort der Nebenwohnung befindet, so ist dieser ihr Wohnsitz. 5Hat eine Person keine Wohnung, so gilt der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts als Wohnsitz.
(2) Bürgerinnen und Bürger einer Kommune sind die Einwohnerinnen und Einwohner, die zur Wahl der Vertretung dieser Kommune berechtigt sind.
§ 29Ehrenbürgerrecht
(1) Eine Gemeinde kann Personen, die sich um sie besonders verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen.
(2) Die Gemeinde kann das Ehrenbürgerrecht wegen unwürdigen Verhaltens wieder entziehen.
§ 30Benutzung öffentlicher Einrichtungen
(1) Die Einwohnerinnen und Einwohner sind im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Kommune zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.
(2) 1Grundbesitzende und Gewerbetreibende, die ihren Wohnsitz nicht in der Kommune haben, sind in gleicher Weise berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen, die in der Kommune für Grundbesitzende und Gewerbetreibende bestehen. 2Sie sind verpflichtet, für ihren Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im Gebiet der Kommune die Kosten für die Einrichtungen mitzutragen, soweit Rechtsvorschriften dies bestimmen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für juristische Personen und Personenvereinigungen.
§ 31Einwohnerantrag
(1) 1Einwohnerinnen und Einwohner, die mindestens 14 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten den Wohnsitz in der Kommune haben, können beantragen, dass die Vertretung bestimmte Angelegenheiten berät (Einwohnerantrag). 2Einwohneranträge dürfen nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune zum Gegenstand haben, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 oder 2 zuständig ist oder für die sie sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 vorbehalten kann. 3Einwohneranträge, die Angelegenheiten betreffen, zu denen bereits in den letzten zwölf Monaten ein zulässiger Einwohnerantrag gestellt worden ist, sind unzulässig.
(2) 1Der Einwohnerantrag muss in schriftlicher Form angezeigt werden; die elektronische Form ist unzulässig. 2Er muss ein bestimmtes Begehren mit Begründung enthalten. 3Im Antrag sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten (Vertretungsberechtigte). 4Die Kommune erstellt unverzüglich nach der Anzeige des Einwohnerantrags eine Schätzung der Kosten für die Erfüllung des Begehrens und teilt diese den Vertretungsberechtigten unverzüglich schriftlich oder in elektronischer Form mit. 5Die Kostenschätzung muss auch die Folgekosten der Erfüllung des Begehrens berücksichtigen. 6Die Kostenschätzung ist von den Vertretungsberechtigten in den Einwohnerantrag aufzunehmen. 7Diese können zusätzlich eine abweichende eigene Kostenschätzung in den Einwohnerantrag aufnehmen. 8Für den Einwohnerantrag ist je nach Einwohnerzahl folgende Anzahl an Unterschriften erforderlich:
1. in Gemeinden und Samtgemeinden
a) mit bis zu 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 400 Unterschriften,
b) mit mehr als 10 000 bis 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 4 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 1 500 Unterschriften,
c) mit mehr als 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 3 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 2 500 Unterschriften,
d) mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 2,5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 8 000 Unterschriften,
2. in Landkreisen
a) mit bis zu 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 3 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 2 500 Unterschriften,
b) mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 2,5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 8 000 Unterschriften,
3. in der Region Hannover die Unterschriften von mindestens 8 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.
(3) 1Jede Unterschriftenliste muss den vollen Wortlaut des Einwohnerantrags enthalten. 2Ungültig sind Eintragungen, die
1. die Person nach Name, Anschrift und Geburtsdatum nicht zweifelsfrei erkennen lassen,
2. von Personen stammen, die nicht gemäß Absatz 1 Satz 1 antragsberechtigt oder gemäß § 48 Abs. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.
(4) 1Der Einwohnerantrag ist bei der Kommune in schriftlicher Form einzureichen; die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 müssen bei Eingang erfüllt sein. 2§ 48 Abs. 1 Satz 2 und § 177 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.
(5) 1Über die Zulässigkeit des Einwohnerantrags entscheidet der Hauptausschuss. 2Ist der Einwohnerantrag zulässig, so hat die Vertretung innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Antrags über diesen zu beraten; § 71 Abs. 1, § 76 Abs. 1 und § 85 Abs. 1 Nr. 1 bleiben unberührt. 3Die Vertretung soll die im Antrag benannten Vertreterinnen und Vertreter der antragstellenden Personen anhören. 4Das Ergebnis der Beratung sowie eine Entscheidung, die den Antrag für unzulässig erklärt, sind ortsüblich bekannt zu machen.
(6) 1Wer einen Einwohnerantrag unterschreibt, hat den Anspruch, dass über diesen Antrag beraten wird, es sei denn, dass die Eintragung nach Absatz 3 ungültig ist. 2Der Anspruch verjährt sechs Monate nach Eingang des Antrags. 3Wird der Antrag für unzulässig erklärt, so verjährt der Anspruch drei Monate nach der Bekanntmachung dieser Entscheidung.
§ 32Bürgerbegehren
(1) Mit einem Bürgerbegehren kann beantragt werden, dass Bürgerinnen und Bürger über eine Angelegenheit ihrer Kommune entscheiden.
(2) 1Gegenstand eines Bürgerbegehrens können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 oder 2 zuständig ist oder für die sie sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 vorbehalten kann und zu denen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist. 2Unzulässig ist ein Bürgerbegehren über
1. die innere Organisation der Kommunalverwaltung,
2. die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Vertretung, des Hauptausschusses, der Stadtbezirksräte, der Ortsräte und der Ausschüsse sowie der Beschäftigten der Kommune,
3. die Haushaltssatzung, einschließlich der Haushalts- und Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, sowie über die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,
4. den Jahresabschluss der Kommune und die Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
5. Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind,
6. die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB),
7. Entscheidungen als Träger von Krankenhäusern oder des Rettungsdienstes,
8. Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten sowie
9. Angelegenheiten, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen oder sittenwidrig sind.
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