Anhang 2: Die therapeutische Beziehung in der Anwendung der Chinesischen Truhe
Epilog
5Die Chinesische Truhe in Deutschland und Europa
Die Truhen-Trance nach Tianjun Liu in der Fassung von Bernhard Trenkle
Auf welche Entfernung stellen wir die Truhe?
Augenbewegungen
Wie wird EMDR angewandt?
Theorie über die Wirkung von EMDR
Eye Movement Integration (EMI)
Fallbeispiele
Fallbeispiel 1
Fallbeispiel 2
Die Daumen-Fernseher-Technik
Die Daumen-Fernseher-Technik kombiniert mit EMDR
Die Truhen-Technik von Tianjun Liu kombiniert mit EMDR
Fallbeispiel 3
Literatur
Über die Autoren
Nicht nur das Problem des Klienten behandeln, sondern den Klienten zu dem Ort bringen, an dem es kein Problem gibt …
Die Chinesische Truhe ist eine innovative chinesische Behandlungstechnik, die leicht zu erlernen ist. Ihre Wirksamkeit hat sie bereits erwiesen. Und seit ihrer zunehmenden Verbreitung erntet sie sowohl innerhalb als auch außerhalb Chinas zahlreiche positive Rückmeldungen. In diesem Handbuch werden vor allem das Vorgehen in der klinischen Praxis und die Wirkmechanismen dargelegt, um einen standardisierten Arbeitsvorgang zum Lernen und Beherrschen der Technik anzubieten.
Dieses Buch ist in fünf Kapitel gegliedert. Im Kapitel 1werden die Grundbegriffe der Chinesischen Truhe vorgestellt. Im Kapitel 2werden die 10 Behandlungsschritte in der klinischen Anwendung dargestellt. Diese zwei Kapitel liefern einen knappen, aber vollständigen Einblick, was die Chinesische Truhe ist. Damit die Leser einen direkten, anschaulichen Eindruck von der Chinesischen Truhe gewinnen, werden im Kapitel 3mehr als 10 typische Fälle illustriert. Dabei ist die Klientel sowohl von psychischen Störungen als auch von somatischen Beschwerden betroffen, sie reicht vom Kind bis zum Senioren, sodass Bandbreite und Wirksamkeit der Chinesischen Truhe ziemlich umfassend widergespiegelt werden können. Wie die Chinesische Truhe wirkt? Im Kapitel 4werden die Wirkmechanismen vorgestellt. Dabei werden sowohl moderne Psychologie und physiologische Theorien als auch Theorien aus der traditionellen chinesischen Medizin integriert, die wissenschaftlichen Grundlagen der Methode werden kurz und klar dargelegt. In Anbetracht dessen, dass dieses Buch den Schwerpunkt auf die klinische Anwendung legt, ist die Erläuterung der Wirkmechanismen eher knapp gehalten und leicht zu verstehen, sie beinhaltet allerdings nicht viel Grundlagenforschung bzw. Experimente.
Die Gliederung und die Untertitel in Kapitel 4sind identisch gehalten zu denen im Kapitel 2, um den Lesern das Nachschlagen und Vergleichen zu erleichtern.
Kapitel 5wurde von Bernhard Trenkle, Vorstand der International Society of Hypnosis (ISH), verfasst. Er stellt im Text die Umstände unserer Begegnung dar und berichtet, wie er die Chinesische Truhe kennengelernt hat, wie er sie anwendet und mit anderen Therapiemethoden verknüpft.
Bernhard Trenkle ist einer meiner Mentoren im Bereich Psychotherapie und genießt international einen prominenten Ruf als Hypnotherapeut. Er schätzt die Chinesische Truhe unter anderem aufgrund der wissenschaftlichen Bindung an die hypnotherapeutische Praxis. Da Ost und West unterschiedliche Sichtweisen und Schwerpunkte in der Forschung der Humanwissenschaften vertreten, zeigt Bernhard Trenkles Verständnis und Interpretation der Chinesischen Truhe seinen eigenen unverwechselbaren Stil. Dafür interessiere ich mich besonders, wie es auch umgekehrt der Fall ist. Dieses wechselseitige Interesse ist der Hauptgrund, warum ich ihn eingeladen habe, an diesem Buch mitzuwirken, und warum er meine Einladung mit Freude angenommen hat. Wie er sagt, ist die Verbreitung der Chinesischen Truhe außerhalb des chinesischsprachigen Raums »ein gutes Beispiel für die Begegnung und die Bereicherung unterschiedlicher Weltkulturen«.
Es ist über zehn Jahre her, dass die Chinesische Truhe erstmals veröffentlicht wurde. Als junge Therapietechnik wird sie sich noch weiterentwickeln und verfeinern. Ich wünsche mir zahlreiche Rückmeldungen und Anregungen von interessierten Lesern, damit diese Technik weiter perfektioniert werden kann.
Tianjun LIU
Die Chinesische Truhe wurde von Tianjun Liu, dem Erstautor dieses Buches, zum ersten Mal 2008 auf dem 5. Internationalen Psychotherapie-Kongress in Peking als »die Truhe leeren« oder »leere Truhe« vorgestellt. 2009 wurde die Technik in »Leere-Technik« umbenannt und 2012 in einer chinesischen Fachzeitschrift beschrieben. Tianjun Liu und seine Mitarbeiter haben seitdem im Klinikalltag weiter schrittweise an der Entwicklung und Verfeinerung der Methode gearbeitet und mehrere Fachartikel dazu veröffentlicht. Im Folgenden wird die Methode als Chinesische Truhe vorgestellt (Anm. d. Übers.).
Die Chinesische Truhe findet ihre Wurzeln in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Sie geht von der Vorstellung des »Shen« 1als Voraussetzung für alle Behandlungen aus und integriert Kerntechniken wie »Cunxiang« (vertiefende Imagination; vgl. Abschnitt 1.2.3) und »Ruhen/Meditieren« (vgl. Abschnitt 1.3.2) aus dem »Xiulian« 2, dem mentalen Training des antiken China. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei bewusst, seine Imaginationsfähigkeit zu stärken. Die zu bewältigenden psychischen Störungen und psychosomatischen Beschwerden werden als Symbole konkretisiert und dann von einem extra dazu geschaffenen Träger aufgenommen. 3Im Anschluss wird der imaginierte Träger mitsamt dem Symbol wiederholt auf unterschiedliche imaginäre Entfernungen bewegt. Das Symbol und der Träger werden während der Bewegung in der Vorstellung quantitativ/qualitativ verändert oder auch völlig eliminiert und so die Beschwerden bzw. deren negative Einflüsse reduziert oder remittiert.
1.2Schlüsselbegriffe
1.2.1Leere(n) (
)
»Leere(n)« steht sowohl für das Ziel, ohne Wünsche, ohne Bedürfnisse, ohne Beschwerden zu sein, als auch für die Handlung (Bewegung ins Leere).
1.2.2Shen-Behandlung (
)
Der Begriff des »Shen« in der TCM unterscheidet sich von den Vorstellungen zu Bewusstsein und Psyche in der modernen Psychologie. In der chinesischen Medizin bilden Geist/Seele und Form eine Einheit. »Shen« stellt die Essenz aller Lebensaktivitäten dar, die fünf inneren Organe 4verfügen über »Shen« (siehe Kap. 4); die Unterscheidung zwischen Körper und Psyche spielt keine wesentliche Rolle. Ein weiser TCM-Arzt beginnt jede Behandlung mit der Behandlung von »Shen«, wir würden sagen, mit der Behandlung der Seele. Anders als in der westlichen Psychotherapie bedeutet dies, nicht nur die psychischen Beschwerden zu adressieren, sondern den Menschen als eine Einheit, ein Ganzes zu betrachten und entsprechend zu unterstützen.
1.2.3Cunxiang 5/ Vertiefende Imagination (
)
Die »vertiefende Imagination« und die Meditation sind in Buddhismus und Daoismus des antiken China zwei Wege, psychische Vorgänge zu regulieren und sich körperlich und mental zu stärken.
Beim Cunxiang wird, ähnlich wie im Prozess der intensiven Imagination in der westlichen Psychologie, ein Gegenstand klar, konkret und lebhaft imaginiert. Beispielsweise wird das Bild der Mutter im nüchtern-wachen Zustand als Produkt der Vorstellungskraft im Kopf wahrgenommen (»Wahrnehmungsbild«), während das Bild der Mutter im Traum dem Erleben der vertieften Imagination entspricht, einem »Objektbild«. Das sogenannte »Objektbild« ist so lebendig und gegenwärtig, dass es beim Cunxiang als Realität wahrgenommen wird.
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