Würden Sie manchmal selber gerne für einen Bundesligaverein auflaufen?
Nein, ich konnte mich immer richtig einschätzen und wusste, dass es dafür wohl nie reichen würde.
Mit Ihrer Expertise wäre doch vielleicht auch eine Trainerlaufbahn denkbar gewesen …
Ich habe tatsächlich schon einmal daran gedacht. Mein Verein war mal ein bisschen in Schwierigkeiten und ich habe überlegt, ob ich mich da mal mit auf die Bank setze und eine Zeit lang als Trainer aktiv werde. Aber das wäre auch eine halbe Sache. Wenn man das macht, muss man besessen genug sein, um sich mehrere Trainerscheine anzueignen. Nur dann kann man es richtig machen. Aber das hätte ja automatisch nach sich gezogen, dass ich die andere Seite, die journalistische, nicht so hätte verfolgen können. Und der Journalismus hat mich am Ende doch immer am meisten interessiert.
Wie viele Spiele haben Sie ungefähr live im Stadion verfolgt?
Ich habe das nie genau hochgerechnet, aber das müssen schon ein paar Tausend sein.
Wird Ihnen Fußball da nicht irgendwann langweilig?
Ich bin manchmal selber überrascht, dass der Sport mich immer noch fasziniert. Aber es ist jedes Mal irgendwie wieder neu und anders. Außerdem hat man sehr viel mit Menschen zu tun. Es gibt sehr viele schöne Momente und kritische Momente für einen Journalisten. Es gibt viele Situationen, wo man nachhaken kann und nachhaken muss. Wo man sich auch immer wieder hinterfragen muss. Ich liebe die Abwechslung, und die habe ich im Sport ganz besonders. Trotzdem pflege ich ja noch ein anderes Standbein. Ich moderiere ja zum Beispiel auch in der ARD den »Wochenspiegel«.
Der »Wochenspiegel« wird von der Tagesschau produziert und blickt auf die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Woche zurück, ergänzt durch aktuelle Meldungen des Tages. Wollen Sie Ihr Engagement im Nachrichtenbereich weiter ausbauen?
Man wird ja nicht jünger. Das merke ich zum Beispiel bei einer Leichtathletik-WM. Da muss man sich bis tief in die Nacht vorbereiten. Und morgens um sieben Uhr steht man schon wieder frisch gepudert und geschminkt in der Mixed Zone, also dort, wo Journalisten auf Sportler treffen, und abends gibt es dann normalerweise noch eine Zusammenfassungssendung, kurz vor Mitternacht. Ich halte das zwar immer noch aus. Aber im Grunde hat das alles seine Zeit. Da gehören jüngere Leute rein. Da kommt dann irgendwann so eine andere Verwendung, der man sich dann mehr widmet. Mittlerweile habe ich natürlich einige Erfahrung und ich glaube, dass ich ein Politikerinterview schon standfester führen kann, als ich es vielleicht zu Anfang der Karriere geführt hätte. Und es ist ein journalistischer Bereich, der mich immer interessiert.
Sie arbeiten anscheinend sehr viel, speziell auch am Wochenende. Lässt sich das mit dem Familienleben vereinbaren?
Schwer. Aber ich kenne es ja nicht anders. Schon mit 16 habe ich samstags meistens Vereinsfußball gespielt und sonntags geschrieben. Das Wochenende ist also schon seit fast 40 Jahren immer hin. Ich habe das alles ja auch so extrem betrieben, weil es mich interessierte – ich habe dann sieben Tage die Woche gearbeitet, was ich heute noch öfter mache. Aber heute schaffe ich mir auch ganz bewusst Freiräume wegen der Familie. Ich möchte natürlich mit meinen Kindern zusammen sein und sehen, wie sie aufwachsen und was sie bewegt.
Haben Sie manchmal auch etwas Privates geopfert für Ihre Karriere? Ist zum Beispiel mal eine Beziehung in die Brüche gegangen, weil Sie so viel gearbeitet haben?
Nee, die Frage hat sich nie gestellt. Wenn jemand damit nicht klargekommen ist, dann hat diejenige sicherlich schon so den Abflug gemacht. Ich glaube, ich bin schon sehr intensiv mit meiner Arbeit, aber auch im Privatleben. Wenn ich zu Hause bin, bin ich nicht derjenige, der die Füße hochlegt und sich Pantoffeln bringen lässt und ein bisschen fernsieht. Ich will dann auch etwas mit meinen Liebsten erleben. Nein, ich musste für die Karriere noch nie etwas aufgeben, weil für mich immer ungefähr klar war, wie die Balance aussieht.
Welche Sportarten, außer Fußball, treiben Sie privat?
Eine Zeit lang habe ich früher noch intensiv Leichtathletik gemacht. Dann habe ich mal ein bisschen im Verein Handball gespielt, um den Sport näher zu verstehen und besser darüber berichten zu können. Heute spiele ich ganz gerne mal Golf, wenn es die Zeit erlaubt. Ich habe eine Zeit lang auch Tennis gespielt, das aber sehr schlecht. Ich habe auch gerne und schlecht gesurft. Das ist ein richtiges Lebensgefühl. Heute jogge ich noch regelmäßig, obwohl ich mir früher nie vorstellen konnte, ohne Ball zu laufen.
Der Schiedsrichter pfeift das Spiel auf Schalke ab. Die Hausherren gewinnen durch das Billard-Tor von Raúl mit 1:0. Gerhard Delling zieht sich eine Karteikarte herüber und macht sich darauf eine Notiz. Er blickt auf die Uhr. Auch unsere Interviewzeit ist eigentlich abgelaufen, Delling muss sich weiter auf die Sendung vorbereiten. Doch er gibt uns noch ein paar Minuten Nachspielzeit.
Stellen Sie sich vor, Sie seien der Trainer einer Mannschaft von Nachwuchsjournalisten. Wie sollte man die Zeit neben dem Studium optimal nutzen?
Ich würde auf jeden Fall ins Ausland gehen. Für mich war das damals aus finanziellen Gründen undenkbar. Das würde ich auf jeden Fall machen. Außerdem gibt es viele Weiterbildungsmöglichkeiten außerhalb der Uni, gerade im journalistischen Bereich. Und es gibt überall Menschen, die auch bereit sind, ihr Know-how weiterzugeben. Und man sollte Praktika absolvieren, auch um herauszufinden, was man nicht machen möchte. Das ist ganz wichtig. Und man sollte versuchen, parallel zum Studium praktisch zu arbeiten. Das kann der Bericht in der Lokalzeitung über den letzten Leuchtturmwärter sein – völlig egal. Hauptsache: machen!
Würden Sie auch empfehlen, zum Beispiel einen eigenen Blog zu schreiben?
Klar, das Internet ist eine Riesenchance. Wer zum Beispiel einen Blog über unterklassige Fußballligen schreibt, kann sich da ganz schnell einen Namen machen, wenn er gut gemacht ist. Entweder außergewöhnlich provokativ, außergewöhnlich klug oder außergewöhnlich formuliert. Man kann dort eine eigene Marke entwickeln.
Ist es heute leichter oder schwerer als früher, als Sportjournalist den Sprung vor die Kamera zu schaffen?
Früher gab es nur einen Weg: Lernen, lernen, lernen! Und dann musste zum Fleiß auch irgendwann ein bisschen Glück kommen. Heute gibt es eigentlich noch einen zweiten Weg, den ich persönlich nicht so gut finde: Man tut einfach so, als wenn man was kann. Gerade das Medium Fernsehen bedient schon mehr denn je narzisstische Züge. Mit einer gewissen Chuzpe, ein bisschen frechem Auftreten, einer Extrovertiertheit, kann man heute schon ein paar Mängel auf der Wissensseite kaschieren. Aber das hat mittelfristig sehr kurze Beine.
Um noch mal die Motivation zu steigern für den ehrlichen, aber steinigen Weg: Was waren Ihre unvergesslichsten Momente als Sportreporter und Moderator?
Es gab wirklich viele. Super beeindruckend war die Fußball-Europameisterschaft 1992, weil das eine der letzten war, wo wir tatsächlich noch unten auf dem Feld stehen konnten. Während des Spiels hatten wir von da aus kurze Einblendungen. Als das Spiel zu Ende war, sind wir direkt aufs Feld gegangen. Das war alles möglich damals. Da war man so nah dran, das war elektrisierend. Eines der größten Erlebnisse waren auch die Olympischen Spiele in Sydney. Großartiger Sport, tolle Geschichten und gleichzeitig ein wunderbares Land. Da passte irgendwie alles. Und die Fußball-WM 2006 in Deutschland war natürlich auch sehr aufregend, weil im ganzen Land eine wahnsinnige Begeisterung spürbar war.
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