6. Ausnahmen für energieintensive Unternehmen
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Eine große praktische Rolle spielen in allen Mitgliedstaaten die Ausnahmen für energieintensive Unternehmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, wobei aber nach Art. 17 Abs. 1 RL 2003/96/EG nicht unter die Mindeststeuerbeträge gegangen werden darf. Allerdings gilt dies nur für den Durchschnitt aller Betriebe. Wenn also für alle Unternehmen eines Landes zusammen der Mindeststeuersatz eingehalten wird, darf bei energieintensiven Unternehmen nach Art. 17 Abs. 1 RL 2003/96/EG also auch auf null gegangen werden.
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Hierzu müssen aber die in Art. 17 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96/EG genau vorgegebenen Kriterien für energieintensive Betriebevorliegen und die Unternehmen müssen nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96/EG eine klimapolitische Gegenleistungin Form z.B. von Selbstverpflichtungen zur CO 2-Reduktion oder in Form von Energiemanagementsystemen liefern. In Deutschland wurde von dieser Entlastungsmöglichkeit durch die Steuerentlastungen für das Produzierende Gewerbe nach den §§ 9b, 10 StromStGund §§ 54, 55 EnergieStGGebrauch gemacht.[248]
7. CO 2-Steuer
a) CO 2-Steuer auf Unionsebene
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Es stellt sich die Frage, welche Rolle die Energiesteuerrichtlinie bei der Diskussion um die Einführung einer CO 2-Steuer spielt. Hier ist zunächst danach zu unterscheiden, ob eine solche Steuer auf Unionsebeneeingeführt werden soll oder auf Ebene der Mitgliedstaaten. Zur wohl derzeit nicht möglichen Einführung auf Unionsebene wurde bereits oben Stellung genommen.[249] Ergänzend sei hier nur noch bemerkt, dass die Energiesteuerrichtlinie für eine Einführung einer CO 2-Steuer auf Unionsebene keine Rolle spielt, da Regelungsziel dieser Richtlinie nicht Steuern auf Unionseben ist, sondern die Harmonisierung nationaler Energie- und Stromsteuern.
b) CO 2-Steuer auf Bundesebene
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Einer reinen CO 2-Steuer auf Bundesebene, also einer Steuer, die sich nicht nach dem Verbrauch von Energieerzeugnissen oder Strom richtet, sondern ausschließlich danach, wieviel CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird, steht die Richtlinie nicht entgegen, da diese als Verbrauchssteuerrichtlinie einen Regelungsanspruch nur für solche Steuern hat, die den Verbrauch von Energieerzeugnissen oder Strom betreffen. Allerdings dürfte eine solche Steuer jedenfalls de lege lata in Deutschland an der mangelnden Kompetenz des Bundesscheitern. Denn der Bund hat kein allgemeines Steuererfindungsrecht, sondern nur insoweit Steuerkompetenzen als ihm diese zugewiesen wurden. Ihm wurden aber nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG nur Kompetenzen bezüglich einer Verbrauchsteuer zugestanden. Eine reine CO 2-Steuer wäre aber keine Steuer auf den Verbrauch eines bestimmten Produkts, sondern eine Steuer auf die Verschmutzung der Atmosphäre.[250]
c) CO 2-Steuer auf Landesebene
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Europa- und verfassungsrechtlich eher möglich wäre eine Fortentwicklung des Energie- und Stromsteuerrechts in Richtung einer stärkeren Akzentuierung Richtung CO2-Emission, solange es bei einer Verbrauchsteuer bleibt. Die CO 2-Komponente würde dann nur bei der Bemessungsgrundlageeine Rolle spielen mit der Folge, dass der Verbrauch von Energieerzeugnissen und Strom gestaffelt nach der jeweiligen CO 2-Emission besteuert würde. Allerdings müsste eine solche CO 2-Komponente mit den Vorgaben der Energiesteuerrichtlinie zu gestaffelten Steuersätzen nach Art. 5 Spiegelstrich 1 RL 2003/96/EG vereinbar sein. Mit anderen Worten müsste eine solche CO 2-Komponente auf einem direkten Zusammenhang zwischen den gestaffelten Steuersätzen und der Qualität der Erzeugnisse basieren. Man müsste dann die CO2-Emission als Qualität von Energieerzeugnissen und Stromansehen, was angesichts der europarechtlichen Verpflichtung nach Art. 11 AEUV zur Integrierung umweltpolitischer Ziele auch in andere Politiken aber möglich sein sollte.[251]
d) Anpassung des Energie- und Stromsteuerrechts
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Europa- und verfassungsrechtlich eher möglich wäre hingegen eine Fortentwicklung des Energie- und Stromsteuerrechts in Richtung einer stärkeren Akzentuierung Richtung CO2-Emission, solange es bei einer Verbrauchsteuer bleibt. Die CO 2-Komponente würde dann nur bei der Bemessungsgrundlageeine Rolle spielen mit der Folge, dass der Verbrauch von Energieerzeugnissen und Strom gestaffelt nach der jeweiligen CO 2-Emission besteuert würden. Allerdings müsste eine solche CO 2-Komponente mit den Vorgaben der Energiesteuerrichtlinie zu gestaffelten Steuersätzen nach Art. 5 Spiegelstrich 1 RL 2003/96/EG vereinbar sein. Mit anderen Worten müsste eine solche CO 2-Komponente auf einem direkten Zusammenhang zwischen den gestaffelten Steuersätzen und der Qualität der Erzeugnisse basieren. Man müsste dann die CO2-Emission als Qualität von Energieerzeugnissen und Stromansehen, was angesichts der europarechtlichen Verpflichtung nach Art. 11 AEUV zur Integrierung umweltpolitischer Ziele auch in andere Politik aber möglich sein sollte.[252]
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Auch nach deutschem Verfassungsrechtsollte eine solche Fortentwicklung des Energie- und Stromsteuerrechts kein Problemsein, da die bloße Änderung der Bemessungsrundlage nichts an dem Charakter einer Verbrauchsteuer ändern würde.[253]
C. Nationale Alleingänge im Klimaschutzrecht
I. Klimaschutz als Mehrebenen-Aufgabe
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Es wurde bereits mehrfach deutlich, dass Klimaschutz eine Mehrebenen-Aufgabe ist, die nur durch das Zusammenwirken internationaler und europäischer Anstrengungensowie Anstrengungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, aber auch durch Anstrengungen von Wirtschaft und Zivilgesellschaft gelingen kann.
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Dies hat aber zur Folge, dass es auf all diesen Ebenen zu rechtlichen Regelungen kommt, die ihrerseits wiederum zu Verschränkungen der Rechtsordnungenführen. Gerade beim Verhältnis des europäischen Klimaschutzrechts zum nationalen Klimaschutzrecht wird dies besonders deutlich. Denn oft hat die Europäische Union den Anspruch, mit ihren Rechtsakten die Materie abschließend zu regeln und den Mitgliedstaaten daher nur noch begrenzte nationale Spielräume für eigene Gesetze zu belassen. Dies ergibt sich schon aus der Logik eines Binnenmarkts, der ja gerade durch einheitliche, von der Europäischen Union gesetzte Regeln definiert ist.[254]
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Andererseits wird aber auch gerade im Klimaschutz immer wieder bemängelt, dass die Europäische Union hier nicht ambitioniert genug sei. Es stellt sich daher die Frage, welche Spielräume die deutsche Politik[255] hat, national ambitionierteren Klimaschutz über die Vorgaben des europäischen Klimaschutzrechts hinaus zu betreiben.[256] Diese Fragen haben hohe Praxisrelevanz wie die Diskussion etwa um die Einführung einer nationalen CO 2-Steuer[257] oder auch um die europarechtliche Zulässigkeit des Brennstoffemissionshandelsgesetzes[258] zeigt.
II. Nationaler Klimaschutz und Binnenmarkt
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Solche unilateralen nationalen Klimaschutzmaßnahmen stellen immer ein Problem für einen einheitlichen Rechtsraumwie den des EU-Binnenmarkts dar. Denn dies führt zu Rechtszersplitterung und läuft dem Harmonisierungsgedanke entgegen. Auch kann so das Ziel einheitlicher Wettbewerbsbedingungen gefährdetwerden. Dies kann man auch am Beispiel der deutschen Energiewende studieren, welche zu einer starken Belastung für die stromkostenintensive deutsche Industrie in Verhältnis zu anderen EU Staaten geworden ist.
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