Piero Bianconi - Der Stammbaum

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"Der Stammbaum": Anhand der eigenen Familie erzählt Bianconi vom Schicksal der Bewohner des kleinen Tessiner Bergdorfs Mergoscia. Als er im März 1966 in das fast verlassene Dorf hochsteigt, findet er zerfallende Mauern und darin eine Truhe mit Dokumenten, Verträgen und vor allem Briefen. Briefe von jungen Tessinern, die seit dem 19. Jahrhundert ausgezogen waren, um anderswo das Glück zu finden, angezogen von den magischen Namen Australien und Kalifornien, von der Hoffnung auf Gold und Wohlstand.
Kaum einer fand das Glück, viele kamen zurück. Aber die warnenden und beschwörenden Berichte der Heimgekehrten verhinderten nicht, dass die nächste Generation wieder aus der Armut und Kargheit ihrer Dörfer floh, um das Abenteuer zu suchen.
Bianconis Vorfahren waren allesamt brillante Briefeschreiber, ob sie nun Kleinigkeiten über den Ozean austauschten, sich Ratschläge erteilten oder bittere Vorwürfe machten. Es entsteht ein ungemein plastisches und präzises Bild des Lebens der Auswanderer wie des Bergdorfs: ein faszinierender Blick in die Geschichte des Verzascatals.

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Die Häuser, die unter Wasser zu stehen kommen, wurden abgedeckt. Jene dreieckige Öffnung unter dem Dach fehlt nun. Man hat die Holzteile weggenommen, damit nicht grosse und kleine Balken auf dem Wasser herumschwimmen. Alles muss ständig gesäubert werden. Zwei Männer in einem Boot sammeln das schwimmende Holz, bringen es ans Ufer und verbrennen es. Eine hellblaue Rauchsäule steht in dem Licht, das durch die beiden einander gegenüber liegenden Abhänge vom See heraufdringt, vom richtigen See. Es ist nicht das langsame und eigentlich barmherzige Werk der Zeit, das wohl zerstört, aber doch auch geduldig die Wunden verbindet und sie vernarben lässt. Es ist die unbarm­herzi­ge Hand des Menschen, die den Dingen Gewalt antut und alles nach ihrem Willen zurechtbiegt, oder doch zurechtzubiegen versucht, und zwar mit ruhiger, gleichmütiger Heftigkeit. Hier erlebt man den Gegensatz zwischen den Leuten von gestern, die der kargen Erde einen elenden Unterhalt abrangen, jenes bisschen, das die ­Natur gewährt, und den heutigen Menschen, welche die Natur vergewaltigen, sie zu dem zurechtbiegen und zwingen, was die Natur nicht will. (Doch ab und zu lässt einen ein kleines Achselzucken der Natur nachdenklich werden …)

Die wenigen übriggebliebenen Ställe sehen aus wie Tiere, die sich dort am Ufer des Wassers zum Trinken niederkauern. Wie ein erschrockenes Auge sperren sie das einzige weissumrandete Fensterchen im Grau der rauen Mauer auf. Sie sind die Denkmäler dessen, was die Welt meiner Vorfahren gewesen ist, die Trümmer des Stalls, wo vor mehr als einem Jahrhundert meine Mutter zur Welt kam. Ihre Mutter, meine Grossmutter, war allein. Niemand stand ihr in der Qual der Entbindung bei. (Und es war ihre erste Entbindung.) Um sich irgend­wie zu ernähren, musste sie hinausgehen und eine Handvoll Gras ausraufen. (Es war Februar, und an jener Stelle ist es lau und mild.) Und sie musste das Gras kochen, um nicht Hungers zu sterben. Es ist, als sei das eine ­Ge­schichte unterentwickelter Völker (wie die Leute es denn auch tatsächlich waren), eine Erfindung der finstersten Romantik. Aber es ist nichts als die lauterste Wahrheit jenes Lebens, das ich mit einer Mischung aus Mitleid und der Bitte um Abwendung des Elends betrachte. Es war ein entsetzliches Leben, hätte man nicht die Gewissheit gehabt, in den Himmel zu kommen. Doch auch diejenigen, welche diese Gewissheit nicht hat­ten, harrten zähe aus …

Es ist ein Leben, von dem ich mich sehr weit entfernt fühle, von dem ich ausgeschlossen bin, wie ich auch ausgeschlossen bin von dem Leben, an dem Filippo heiter teilhat, während er dort auf der Erde sitzt und die «Karotten» prüft. Ich gehöre nicht mehr zur Welt meiner Vorfahren, und noch nicht zu der meines Sohnes. Ich bin vereinsamt zwischen einer jetzt fremd gewor­denen Vergangenheit und einer Gegenwart, die für mich Zukunft ist, so dass für die Gegenwart, für meine Ge­genwart, kein Platz mehr bleibt. Ich fühle mich allein, vereinzelt, schwebend zwischen zwei Lebensweisen, die zwar in der Zeit nebeneinander bestehen, die aber unendlich weit voneinander entfernt, durch Jahrtausende voneinander getrennt sind. Einerseits der vergebliche, einsame Schweiss auf der elendiglichen Erde und andererseits die Gewalttätigkeit der Energie, die aus dem Beharrungsvermögen des Wassers gewonnen wird. Ich frage mich, zu welcher Welt ich nun eigentlich gehöre, an welcher Welt ich teilhabe, so ohne Verbindung mit der Vergangenheit und ohne Brücken in die Zukunft.

Das Elend des damaligen Lebens! Die immerwährende Knappheit, der tägliche Hunger, der in kargen Jahren an Unterernährung grenzte! Und eine Art Grausamkeit, welche die Leute zwang, auch auf das wenige Mögliche zu verzichten und ohne dies auszukommen, zu sparen, weil man sich eine noch trostlosere Zukunft vorstellte. Einer meiner Verwandten sagte, er habe als Knabe den Geschmack aller möglichen Kräuter gekannt; mit Ausnahme derjenigen, die hart waren wie Fischgräte, habe er sie alle gegessen. Meine Tante Paolina hatte ihren ersten Bissen Weissbrot erst mit zwanzig Jahren gekostet. Und sie erzählte, wie sie Nüsse aufbrachen (um Öl daraus zu gewinnen für ein Lämpchen, bei dessen Schein man an langen Winterabenden ununterbrochen spann), und erkühnte sie sich dabei, ein Stückchen Nusskern in den Mund zu stecken, da hörte sie sagen: «Iss, iss, dann stecken wir dir diesen Winter den Docht ins Gesäss!» Und ich habe schon anderswo erwähnt, wie eine Frau die vor Hunger weinenden Kinder tröstete: «Weint nicht, Kinder, gestern haben wir droben in Fossei Erdäpfel gesteckt: Om a metù i tòten su in Foséi …»

Sie haben den Wald abgeholzt, haben jeden Strauch weggeschnitten, der steile Abhang ist ganz kahl. Auch die Reben haben sie bis zur Höhe, die das Wasser erreichen soll, ausgestockt. Übrig geblieben sind die von Mäuerchen gestützten nackten kleinen Felder, über die unschuldiges Gras wächst. Aber niemand wird dieses Gras mehr mähen, keine Wöchnerin wird mehr auf allen vieren herauskriechen, um jene Handvoll Gras auszuraufen, das sie kochen muss, um nicht Hungers zu sterben.

Über dem Wasserstand werfen die Reblauben noch Schatten. Man sieht die kräftigen blauen Schosse (sie sind schon mit Grünspan gespritzt worden), und sie schaukeln im leichten Wind. Und auch droben auf der steilen Anhöhe, wo der Wald noch Raum lässt, sieht man Rebland. Und zwischen jenen Kastanien steht eine Kapelle (ich sehe sie nicht, aber ich weiss, dass sie dort steht), die den Namen meiner Vorfahren trägt und die naiven Gestalten der Heiligen, die ihnen jenes elende Dasein ertragen halfen.

Zwischen dem Brombeergesträuch flitzt vielleicht eine Smaragdeidechse oder eine Viper, grau auf grauer Erde, und dehnt sich träge an der Sonne auf dem Trockenmäuerchen. Man sieht niemanden, nicht eine Seele zwischen den Ställen, wo der Holunder die weissen Flecken seiner Schirmchen ausbreitet. Alles schweigt. Nur ab und zu hört man ein kreischendes Geräusch (sie fällen die Bäume mit jenen Motorsägen, die so grell tönen), und das rhythmische Schluchzen eines verspäteten Kuckucks. Und wenn man die Ohren spitzt, hört man das ferne Getöse der Arbeit am Staudamm, jener hellen Mauer dort unten. In der Höhe segeln am Junihimmel weisse Wolken schweigend dahin. Und schweigend steigt auch das mitleidlose Wasser. Es überflutet, tilgt und verschlingt alles, das leere Gehäuse der Schnecke, die Schlangenhaut und den Stall, wo, verlassener und einsamer als die Muttergottes, vor mehr als einem Jahrhundert meine Grossmutter meine Mutter zur Welt brachte.

Meine Mutter, die als Kind von dieser armseligen Behau­sung leichtfüssig in die finstern Schluchten des Flusses hinaufstieg. Sie ging im Dorf zur Schule, und in der Tasche hatte sie eine Handvoll Kastanien. Das war ihr ganzes Mittagessen. Sie konnte in der kurzen Mittagspause nicht hinunter- und wieder hinaufsteigen. Wenn ich an sie denke, kommt mir ein Gedanke, der mir oft und immer wieder im Kopf herumgeht: Es liegt mehr tatsächlicher Abstand zwischen der Kindheit und dem Alter meiner Mutter als zwischen ihr, da sie ein Kind war, und den Höhlenmenschen. Zwischen der Art, mit der sie damals Feuer machte, und der Art, in der sie sich in ihren letzten Jahren den Kaffee wärmte. Wenn der Herd erloschen war, trat meine Mutter unter die Tür der Hütte und spähte hinunter nach der gestuften Reihe der mit Steinplatten gedeckten Dächer, die silbern glänzten oder in reinem Weiss, wenn Schnee lag. Sie spähte hinunter, um ein Dach zu entdecken, das rauchte (Kamine gab es in jenen urtümlichen Häusern nicht, der Rauch zog durchs Dach ab oder durch die Türe). Dann nahm sie einen Ginsterzweig, lief die steilen Stufen der Treppen und Stiegen hinunter zu dem rauchenden Haus, bat um die Erlaubnis, legte ein paar glühende Kohlen auf den Ginsterzweig, lief wieder die steilen Treppen und Stiegen hinauf, legte den Ginster in den Herd, blies darüber hin und weckte die Flamme. So bekam sie Feuer, ohne ein Streichholz zu verbrauchen, ein blitzendes Schwefelhölzchen, wie mein Grossvater selig sagte, denn auch diese musste man sparen. Als alte Frau brauchte meine Mutter nur am elektrischen Schalter zu drehen, damit die Minestra zum Abendessen kochte.

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