Vincent O. Carter - Meine weisse Stadt und ich

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1944/45 hatte er als umjubelter GI Europa befreit, als er Jahre später wiederkommt, um sich als Schriftsteller niederzulassen, will man ihm nicht mal ein Zimmer vermieten. 1953 lässt er sich in Bern nieder, wo er als Schriftsteller und Englischlehrer arbeitet. Verlässt er das Haus, ist er immer auf die ihm verhasste Frage gefasst: Warum bist du nach Bern gekommen?
Und so macht sich Carter in seinem Buch auf, diese Frage, die an seinen «Grundfesten rüttelt», zu bewältigen. In immer neuen Anläufen erzählt er, warum er nicht in Paris, Amsterdam oder München geblieben ist, er erzählt Kindheitserinnerungen aus Kansas City und vor allem von Begegnungen in Bern, wo ihn alle anstarren – Männer, Frauen, Kinder, Hunde, Katzen … –, von Geldsorgen, Liebesgeschichten, Reisen, Wohnungssuche. Mit so unzerstörbarem Humor wie hartnäckigem Engagement und voller Ambivalenz geht er dem Rassismus auf den Grund, der Verschiedenheit der Menschen, dem Fremdsein des Individuums in der Gesellschaft. Und ganz nebenbei zeichnet er ein scharf beobachtetes Porträt seiner Zeit, seiner Gesellschaft und seiner Stadt.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Seit ich in Bern lebe

Die einleitende Frage

Die Frage, die an ­meinen Grundfesten rüttelt

Persönliche Probleme bei der ­Beantwortung der Frage

Jetzt philosophiere ich ein wenig

Warum ich nicht nach Paris ­gegangen bin

Der ernstere Teil

Ein Kapitel, das dem Leser die Unvoreinge­nom­men­heit des Autors vermitteln soll

Warum ich Amsterdam verlassen habe

Warum ich Deutschland verlassen habe

Woran ich unterwegs dachte

Bern

Auf der Suche nach einem Zimmer

Noch immer auf der Suche nach einem Zimmer und warum

Alle, Männer, Frauen, Kinder, Hunde, ­Katzen und andere Tiere, egal ob Wild- oder Haustiere, starren mich an – die ganze Zeit!

Fortsetzung des kurzen Dialogs, der vom vorigen Kapitel unterbrochen wurde

Einige allgemeine ­Veränderungen in meiner Einstellung als Ergebnis meiner ersten Erfah­rungen mit den Bernern

Was in der Thun­­straße geschah

Kirchenfeld

Ich verlasse die ­Thunstraße

Meine neuen Vermieter

Das öffentliche Leben

Und dieses Thema hat eine weitere ­beun­ruhigende Variante

Herzen und Steine: ­Einleitung

Herzen und Steine, die Fortsetzung oder: Eine Barballade

Das Radio

Wodurch ich auf Ideen kam, die meine empfindsame Sicht der Dinge erschütterten

Und was hatten sie dazu zu sagen?

Was in den folgenden Wochen passierte

Paris zum Zweiten

Warum ich deprimiert war und ins Elend stürzte

Die folgenschwere ­Entscheidung

Wie ich das ­Kirchenfeld verließ

Das neue Zimmer

Warum ich nicht arbeitete

Ein Porträt des Sarkasmus als Teilzeitjob

Das Rendez-vous

Die Mädchen, die in den Tea Rooms arbeiten,

Warum die Herren so empfänglich sind

Warum die hübschen ­jungen Leute nicht heiraten

«Aber warum lernen nicht mehr ­Männer und Frauen, die unter solch ­unglücklichen ­Umständen heiraten, sich zu lieben und sich ­aneinander zu gewöhnen – ­gemeinsam?»

«Diese Erklärung kann unmöglich auf alle Berner zutreffen!»

Jetzt höre ich Sie sagen,

Ein Essay über menschliches Verständnis

Was der Tag bringt

Topografie

Flora und Fauna

Die Stadt

Der Hang, sich übertrieben dick ­anzuziehen, beispielsweise

Die Schweizer ­«Bewegung»

Die wichtigsten ­Wörter des Schweizer ­Vokabulars

Trotzdem kann ich es nicht oft genug wiederholen

Die Schweiz ist neutral

Eine fingierte kleine Geschichte der Schweiz, die vieles auf den Punkt bringt und sich von Skeptikern und ­Pedanten durch die Lektüre einer ­offiziellen­Geschichte der Schweiz ­überprüfen ließe, was ich mit Sicherheit noch nie getan habe und ­wahr­scheinlich auch nie tun werde

Eine interessante Auswirkung, die ­dieser Umstand auf Frauen hat

Eine interessante Auswirkung, die dieser Umstand auf das Konzept der Nächstenliebe hat

So wie ich Willis James meine ­Bonbons ­schenkte, als ich ein ­kleiner Junge war

Eine interessante Auswirkung, die dieser ­Umstand auf die Kunst hat

… die meisten Schweizer Künstler die Schweiz ­verlassen, um berühmt zu werden

Aber warum rege ich mich so darüber auf

… bei dessen Auftritt etwas Merkwürdiges ­geschah

Eine Zehn-Zeilen-Kadenz

«Abenddämmerung …»

Ich blickte erneut auf die Stadt

Warum ich mir beim ­Anblick der Stadt vom Hügel der Schosshalde aus Sorgen machte

Nach dem «negativen» ein «positives» Ereignis:

Und kurz darauf ein ­«posi-negatives» Ereignis:

Dann zupfte die ­goldene Ironie wieder an meinem Ärmel

Das Tram nach Wabern,

Eine Parabel

Eine weitere Parabel

Und dann, ein ­Teils-teils-Erlebnis

Vor meinen Augen verwandelte sich die Stadt ständig in etwas anderes!

Der Plan

Und ich sann über ein paar banalere Alternativen nach

Ich hatte an den Vorschlag gedacht

Eine Botschaft an ­General Guisan

Es ist so leicht wie eins, zwei, drei Black BernMartin Bieri

«A city whiter than any American city I know of»

«A mere thought of myself»

«The world is white no longer»

Über dieses Buch

1944/45 hatte er als umjubelter GI Europa befreit; als er Jahre später wiederkommt, um sich in Paris als Schriftsteller niederzulassen, will man ihm nicht mal ein Zimmer vermieten. 1953 lässt er sich in Bern nieder, wo er als Schriftsteller und Englischlehrer arbeitet. Verlässt er das Haus, ist er jederzeit auf die ihm verhasste Frage gefasst: Warum bist du nach Bern gekommen?

Und so macht sich Carter in seinem Buch auf, diese Frage, die an seinen «Grundfesten rüttelt», zu bewältigen. In immer neuen Anläufen erzählt er, warum er nicht in Paris, Amsterdam oder München geblieben ist, erzählt Kindheitserinnerungen aus Kansas City und vor allem von Begegnungen in Bern, wo ihn alle anstarren – Männer, Frauen, Kinder, Hunde, Katzen … –, von Geldsorgen, Liebesgeschichten, Reisen, Wohnungssuche. Mit so unzerstörbarem Humor wie hartnäckigem Engagement und voller Ambivalenz geht er dem Rassismus auf den Grund, der Verschiedenheit der Menschen, dem Fremdsein des Individuums in der Gesellschaft. Und ganz nebenbei zeichnet er ein scharf beobachtetes Porträt seiner Zeit, seiner Gesellschaft und seiner Stadt.

Foto Staatsarchiv des Kantons Bern FN Baumann 229 Vincent O - фото 1

Foto Staatsarchiv des Kantons Bern, FN Baumann 229

Vincent O. Carter(1924–1983) wuchs in bescheidenen Verhältnissen in Kansas City auf. 1944 wurde er in die US-Armee einge­zogen und war in Frankreich stationiert. Zurück in den USA, studierte er mit Un­terbrüchen, in denen er als Koch bei der Union Pacific Railroad und in Detroit in einer Automobilfabrik arbeite­te. Danach kehrte er nach Europa zurück und liess sich nach Aufenthalten in Paris, Amsterdam und München 1953 in Bern nieder, wo er Radiosendungen schrieb und moderierte, Englisch unterrichtete, malte und meditierte.

Pociaostudierte Anglistik und Germanistik, Aufenthalte in London und New York, gründete einen eigenen Verlag. Sie übersetzte u. a. Paul und Jane Bowles, Gore Vidal, Zelda Fitzgerald, Patti Smith und Evelyn Waugh. 2017 gewann sie den DeLillo-Übersetzungswettbewerb.

Roberto de Hollandawuchs in Südamerika und Europa auf, studierte Politikwissenschaften und Soziologie, schreibt Drehbücher, macht Dokumentar­filme, übersetzte u. a. Gonzalo Torrente Ballester, Rodrigo Rey Rosa und Kent Haruf.

Vincent O. Carter

Meine weiße Stadt und ich

Das Bernbuch

Aus dem amerikanischen Englisch

von pociao und Roberto de Hollanda

Nachwort Martin Bieri

Limmat Verlag

Zürich

Für meine Mutter und meinen Vater, denen ich viel zu selten geschrieben habe

Vorwort

Ich habe keineswegs die Absicht, aus meinem Material ein Buch zu machen, Fakten und Eindrücke zu verändern, deren Erwerb mich so viel Mühe und Arbeit gekostet hat, um in den heiligen Gefilden der Kunst zu wildern. Ich möchte ledig­lich einige starke Gefühle zum Ausdruck bringen, die mein Leben so sehr verändert haben, dass ich weder verzweifelt noch optimistisch, sondern ganz realistisch sagen kann, dass ich nie mehr derselbe sein werde. Die Veränderungen, von denen ich spreche, begannen natürlich mit dem Leben selbst. Die Spannungen, die sie erforderlich machten, waren der «Zeit» und dem «Ort» meiner Geburt geschuldet. Hätte sich dasselbe Ereignis in China oder, sagen wir, in Schweden ereig­net, wäre meine Lage eine andere. Hätte ich blondes statt schwarzes Haar, wäre eine völlig andere Geschichte entstanden. Selbst wenn ich ein echter Afrikaner wäre, gerade aus Nigeria eingetroffen, wo meine Vorfahren zur Welt kamen, wie ich glaube (denn ich habe Holzschnitzereien und Elfenbeinfiguren von Leuten gesehen, die von dort kamen und große Ähnlichkeit mit mir haben), würde mein Lied in einer anderen Tonart oder ganz sicher in einem anderen Tempo gesungen. Vor hundert Jahren hätte ich dieses «Buch» vermutlich gar nicht erst geschrieben.

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