102. Als sich nun der Krieg gegen die, welche Ithome belebt hatten, in die Länge zog, so riefen die Lacedämonier unter andern Bundesgenossen auch die Athener zu Hülfe. Diese kamen unter Anführung Cimons mit nicht geringer Macht. Man hatte sie hauptsächlich darum herbeigerufen, weil sie in der Belagerungskunst für vorzüglich galten, und bei dem langen Verzuge der Belagerung das Mangelhafte in dieser Hinsicht sich offenbarte. Denn wäre es blos auf Kriegsmacht angekommen, so würden sie die Stadt erstürmt haben. Bei diesem Feldzuge wurde zuerst eine feindselige Stimmung zwischen der Lacedämoniern und Athenern offenbar. Denn, als der Platz nicht erstürmt werden konnte, so fürchteten die Lacedämonier wegen der Kühnheit und des raschen Unternehmungsgeistes der Athener, die sie überdieß als ein Volk nichtverwandten Stammes ansahen, sie möchten bei längerem Verweilen von denen in Ithome zu Umtrieben verleitet werden: daher entließen sie dieselben allein unter allen Verbündeten, indem sie, ohne ihren Verdacht zu äußern, erklärten, man bedürfe ihrer jetzt nicht mehr. Die Athener aber merkten wohl, daß sie nicht in der besten Absicht, sondern wegen eines vorwaltenten Argwohnes entlassen worden. Da ihnen nun dieses höchst empfindlich, war, und sie eine solche Behandlung nicht um Sparta verdient zu haben glaubten, so sagten sie sich gleich nach ihrer Heimkehr von dem mit den Lacedämoniern gegen die Perser geschlossenen Bunde los, und wurden Bundesgenossen der Argiver, ihrer Feinde; und zugleich giengen beide Völker mit den Thessaliern ein eidliches Bündniß unter denselben Bedingungen ein.
103. Als im zehnten Jahre (455 v. C.) die in Ithome sich nicht länger zu halten vermochten, so ergaben sie sich den Lacedämoniern unter der Bedingung, daß sie unter dem Schutze das Vertrags aus dem Peloponnes abziehen dürften, und denselben nie wieder betreten wollten: wofern sich einer treffen ließe, so sollte er der Sklave dessen sein, der ihn auffinge. Die Lacedämonier hatten nämlich, vormals einen pythischen Götterspruch erhalten: sie sollten die, welche bei dem Zeus von Ithome Schutz suchen, ziehen lassen. Und Jene Bogen mit Weibern und Kindern ab. Die Athener aber nahmen sie bei ihrer jetzigen feindseligen Stimmung gegen die Lacedämonier auf, und verpflanzten sie nach Naupattos [das heutige Lepanto), daß sie seit kurzem gerade den Ozolischen Lokrern abgenommen hatten. Auch die Megareer traten in die Bundesgenossenschaft der Athener, und trennten sich von den Lacedämoniern, weil die Korinther sie wegen der Grenze ihres Gebiets durch einen Krieg beunruhigten. Die Athener besetzen hierauf Megara und Pegä, und bauten den Megareern die langer Mauern von der Stadt nach Nisäa 5, und legten eine Besatzung hinein. Besonders durch diesen Anlaß entstand der heftige Haß der Korinther gegen die Athener,
104. Inarus, der Sohn des Psammetichus, ein Libyer, Fürst der an Aegypten gränzenden Libyer, der Marea, eine Stadt jenseits Pharus, zum Sammelplatz seiner Macht hatte, brachte den größten Theil von Aegypten zum Abfall von dem Perserkönig Artorerres: er selbst wurde nun Herr des Landes, und rief die Athener zu seinem Beistande (462 p. 6.) Diese hatten gerade mit 300 eigenen und Bundesgenossen-Schiffen einen Zug nach Cypern gemacht: und verließen nun die Insel, und kamen dorthin, und schifften vom Meere landeinwärts auf dem Nil, und wurden Meister des Stromes, und von zwei Drittheilen der Stadt Memphis, und bekriegten den dritten Theil, die weiße Mauer genannt, wo sich die geflüchteten Perser und Meder und die Aegyptier befanden, die nicht Theil an dem Aufstande genommen hatten.
105. Die Athener aber landeten mit ihren Schiffen bei Haliä 6, und kamen mit den Korinthern und Epidauriern ins Treffen, in welchem die Korinther siegten. Später lieferten die Athener den Peloponnesischen Schiffen bei Sekryphalea 7ein Seetreffen, und trugen den Sieg davon. Als nun ein Krieg zwischen den Athenern und Aegineten ausbrach, so erfolgte eine große Seeschlacht bei Aegina, an der die beiderseitigen Bundesgenossen Theil nahmen. Die Athener siegten, eroberten siebenzig feindliche Schiffe, machten eine Landung, und belagerten die Stadt, unter der Anführung des Leokrates, des Sohnes von Ströbus. Nun wollten die Peloponnesier den Aegineten Hülfe bringen, und schifften nach Aegina dreihundert Schwerbewaffnete über, die früher Hülfstruppen der Korinther und Epidaurier gewesen waren, und besetzen die Höhen von Seranea 8. Auch drangen die Korinther nebst ihren Verbündeten ins Megarische Gebiet, in der Meinung, die Athener würden nicht im Stande sein, den Megareern Hülfe zu bringen, da ein großer Theil ihrer Kriegsmacht in Aegina und Aegypten abwesend sei: sollten sie aber zu Hülfe eilen wollen, so würde man sie nöthigen, Aegina zu verlassen. Die Athener aber brachen mit ihrem Heere von Regina nicht auf; sondern es rückten von den in der Stadt zurückgebliebenen die Aeltesten und Jüngsten nach Megara, unter Anführung des Myronides. Es erfolgte nun ein unentschiedenes Treffen gegen die Korinthen: beide Theile, zogen sich zurück, um, glaubten bei dem Vorfalle nicht den Kürzern gezogen zu haben. Jedoch waren die Athener mehr im Vortheil gewesen, und stellten nach dem Abzuge der Korinther ein Siegeszeichen auf. Die Korinther aber, weil sie von den Aelteren in der Stadt Vorwürfe erhielten, waffneten sich, etwa zwölf Tage später, kamen wieder, und stellten ihrer Seits auch ein Siegeszeichen auf, als ob sie gesiegt hätten. Die Athener aber rückten schnell aus Megara aus, erschlugen die, welche das Siegeszeichen errichteten, und siegten in einem Gefechte mit den Uebrigen.
106. Die Besiegten aber zogen sich zurück: und eine nicht unbeträchtlide Abtheilung derselben, die sid, durch die Nachsetzenden im Gedränge befand, und des Weges verfehlte, gerieth auf das Gut eines Bürgers, das zufällig von einem großen Graben umschlossen war, und keinen Ausgang hatte. Als die Athener dies bemerkten, schlossen sie jene von vorn durch Schwerbewaffnete ein, und stellten rings herum die leichten Truppen, und tödteten durch Schleuderwürfe alle, die dort hineingegangen waren. Dieser Verlust war den Korinthern sehr empfindlich: die Mehrzahl ihres Heeres aber kehrte nach Hause zurück.
107. Die Athener begannen um diese Zeit auch die langen Mauern zum Meere zu bauen, die eine nach dem Hafen Phaleros, die andere nach dem Piräeus. Die Phoceer machten einen Heerzug gegen das Gebiet der Dorier 9, das Mutterland der Lacedämonier, wo Boion, Eytinion und Erineon liegen, und eroberten eines von diesen Städtchen. Die Laredämonier aber, geführt von Nikomedes, dem Sohne des Kleombrotus, dem Stellvertreter des noch unmündigen Königes Preistoanar, des Sohns von Pausanias, kamen den Doriern mit fünfzehnhundert eigenen Schwerbewaffneten und Zehntausend Mann verbündeter Truppen zu Hülfe: und nach: dem sie die Phoceer gezwungen hatten, in einem Vertrage die Stadt zurückzugeben, begannen sie den Heimzug. Aber die Athener kreuzten mit einer Flotte in jener Gegend, und schickten sich an, ihnen die Ueberfahrt zu sperren, falls sie durch die Bucht von Krissa 10übersetzen wollten. Der Zug durch Geranea aber schien ihnen gefährlich, da die Athener Megara und Pegä bestzt hielten: dem Geranea ist unwegsam, und wurde beständig von den Athenern bewacht: auch hörten sie, die Athener hätten im Sinne, ihnen auch hier den Weg zu versperren. Sie beschlossen also, in Böotier zu verweilen, und zu sehen, wie sie am sichersten hinüberkommen könnten: dazu kam noch, daß einige Männer aus Athen sie heimlich einluden, in der Hoffnung, dort die Volksregierung zu stürzen, und den Bau der langen Mauer zu hemmen. Es rückten aber die Athener mit ihrer Gesamtmacht gegen sie aus, und tausend Argiver, und von den übrigen Bundesgenossen nach Verhältniß, so daß vierzehntausend Mann zusammenkamen. Sie unternahmen diesen Zug in der Meinung, daß jene wegen des Heimzugs in Verlegenheit seien: auch hatten sie einigen Verdacht, daß sie ihre Volksherrschaft stürzen wollten. Es stießen zu den Athenern auch Thessalische Reiterschaaren, gemäß dem Bundesvertrage, die aber bei dem Treffen selbst zu den Lacedämoniern übergingen.
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