Das ist so schwarz wie der Teufel selbst und fürchtet sich vor den vielen »Schwarzen«, die sonst so die Residenz beleben, kein bisschen. Bei einem schwarzen Pudel, da ist stets der Teufel mit im Spiel, das weiß man ja. Siehe des »Pudels Kern« bei Meister Faust!
Die schauderliche Vorgeschichte des Residenz-Pudels ist diese: Einstmals wurde München von den Österreichern besetzt. Heute wird es von Touristen aus der ganzen Welt besetzt, die Münchner ihrerseits besetzen die österreichischen Seen und Skiberge. So ändern sich die Zeiten.
Damals jedenfalls, zur Zeit der Besetzung durch die Österreicher, da hat ein habgieriger Diener das Versteck der Schätze des Kurfürsten an die Feinde verraten.
Das war recht unfein und gegen jegliche Ethik eines treuen Dieners seines Herrn, noch dazu, weil in Kriegszeiten Schätze um so wertvoller sind, um »Rüstungsausgaben« bezahlen zu helfen. Oder Lösegelder. Oder einfach, um den Landesherrn persönlich zu bereichern.
Der Verräter hatte nicht viel Freude am Goldlohn seines Verrats, er ward erkannt, überführt und hingerichtet. Und man möchte meinen, nun habe die arme Seele ihre Ruhe gehabt.
Aber nichts da.
Der Verrat des Dieners muss tatsächlich aus sehr niedrigen Motiven heraus geschehen sein, denn dem Unglücklichen ward nach seinem gewaltsamen Ableben keine ewige Ruhe gegönnt.
Er musste in der Hölle, in die er augenblicklich gestürzt ward, den Lohn des Verrats, nämlich das viele Gold, eingeschmolzen und glühend heiß in sich hineinfressen.
So gierig und hastig, wie er zu Lebzeiten danach gegriffen hatte.
An dieser Speise hat er sich elendiglich den höllischen Magen verdorben.
Man darf es ruhig auch psychologisch deuten: Wer habgierig ist und süchtig alles in sich hineinstopft, der leidet Höllenqualen. Auch wenn er das lange selber nicht wahrhaben kann und besinnungslos den »Wohlstand« hinausbrüllt.
Zum Pudel verwandelt spukt der Verdammte durch die Residenz und ist für den, der ihm begegnet, eine tödliche Gefahr. Denn das Vieh ist bösartig. Aus seinem Maul schlagen lodernd die Flammen der Hölle und quillt die Hitze des eingeschmolzenen Mammons.
Vielleicht als Warnung an eben die Personengruppe, die auffallend oft in die Residenz geladen ist.
Doch das Grauen währt nur um Mitternacht. Da weilt eh keine Menschenseele mehr in den Räumen der Residenz.
Bis auf…
Siehe Staatsempfänge! Da ist mancher »Hockenbleiber«, der, voll von Frankenwein, Bier und dem politisierenden Blabla, nicht zeitig genug den Weg nach draussen findet, gar oft schon einem schwarzen Höllenhund begegnet.
*Lilian Schacherl und Josef H. Biller, München, München 1987, S.44.
Der verborgene Schatz in der Michaelskirche existiert im Kopf als geistiges Gut
Wem der Krach der »stillen« Fußgängerzone zu viel wird und das Gedudel der Straßenmusikanten, der Politmarktschreier und der Interessenverbände zu aufdringlich, der möge schnell in die Michaelskirche fliehen, und schon kommt er auf innigere Gedanken. Zuvor aber sollte noch, außen über dem Portal, ein Blick auf den imposanten »Höllensturz«geworfen werden und darüber nachgedacht, wie wohl in unseren Tagen dem Teufel und all seinen Spießgesellen zu begegnen sei.
Und der Widersacher fühlt sich in der Nähe dieses Sakralbaues tatsächlich nicht besonders wohl: Denn der Erzengel Michael stößt ihn in der genialen und bombastischen, von Hubert Gerhard gestalteten Plastik so fulminant vom Sockel, dass einem schon vom bloßen Zuschauen schlecht wird! - Nicht nur das: Genau der Punkt, auf den die Lanze Michaels zeigt, das ist ein »magischer Ort«. Hier wird die Erde gepfählt, ähnlich wie bei Darstellungen des Heiligen Georg als »Drachenstecher«.
Dann die mächtige Tonnenwölbung im Inneren mit einem Durchmesser von zwanzig Metern, die sich über die Köpfe der frommen Münchner Christenheit spannt! Damit hat diese grösste Rennaissancekirche des Nordens, die wegweisend für den Barock ist, das zweitgrösste Tonnengewölbe nach St. Peter in Rom.
Da muss es ja dem Teufel schlecht werden.
Als um 1773 das Jesuitenkollegium aufgehoben ward und die Mitglieder des Societas Jesu abziehen mussten *, da sollen sie, der Sage nach, einen ganz besonderen Schatz in den Mauern des gottbefohlenen Hauses zurückgelassen haben. Vielleicht als Zeichen, dass sie hier immer, zumindest ideell, »zu Hause« sein würden!
Da gibt es eine romantisch-schauerliche Geschichte, die ein alter, im Sterben begriffener Maurer und Jesuitenfreund auf dem Sterbebett erzählte:
»Sie haben mir die Augen verbunden und mich, ich weiß nicht wie lange, durch dunkle, hallende Gänge der Kirche und des Kollegiums geführt. An einem geheimen, nur ihnen bekannten Orte habe ich dann den prächtigen Schatz in uraltes Steingemäuer eingefügt.
Für mich selber habe ich ein geheimes Zeichen gesetzt, ein kleines Kreuz im Mörtel, aber den Ort, da dieses geschah, den habe ich niemals verraten und werde es auch jetzt nicht tun, im direkten Angesicht meines Todes.
Das bin ich einfach den Jesuiten und meiner Hochachtung ihnen gegenüber schuldig.«
Er schwieg, lächelte, fühlte den Frieden des ewigen Angenommenseins und schied hinüber in die andere Welt.
Der Schatz, der wurde nie gefunden. Weiß man, ob er je existiert hat?
»… wie wohl in unseren Tagen dem Teufel und all seinen Spießgesellen zu begegnen sei?« (Bronzestatue des Erzengels Michael von Hubert Gerhard, 1588, an der Fassade der Michaelskirche); 4
Oh ja, das hat er. Es muss doch nicht alles materieller Natur sein, wovon eine Sage zu berichten weiß:
Der spirituelle Schatz, den die Jesuiten uns hinterließen, jene Männer, die, in der Art des Denkens verfeinert und in der »Betrachtung Jesu« geschult wie keine anderen, täglich ihre Exerzitien betreiben und so lehren, wie man nach und nach seine eigenen Gedanken unter Kontrolle zu bringen vermag und zu Gott hin ausrichtet - dieser Schatz wiegt weit schwerer und leuchtet heller und funkelnder, als irgendwelche irdischen Pretiosen das vermöchten.
Den Schatz der Jesuiten hat bereits ihr Gründer, der heilige Ignatius von Loyola, herbeigeschafft, indem er sein Umkehrerlebnis ernst nahm, die »geistlichen Übungen ersann« und diese Feinheit des Nach-Sinnens perfektionierte und weitergab.
Es bleibt dem Menschen letztlich nur das an Gütern, was er verschenkt hat. Vielleicht liegt das wahre Gold in der Bereitschaft des »Weitergebens« begraben?
*Mit dem als Machtdemonstration geplanten Bau wollte der fromme wie prunksüchtige Herzog Wilhelm V. der Gegenreformation im Norden, dem jungen Jesuitenorden und sich selber ein Denkmal setzen.
Die Teufelsgrube bei Holzkirchen
Holzkirchen ist den meisten Menschen wohl zunächst deshalb ein Begriff, weil ganz gewiss keiner, der die Autobahn München-Salzburg gen Süden (oder im Stau retour) benützt, die breit angelegte »Raststätte Holzkirchen« übersehen kann. Ein letztes Nachgucken, ob der Luftdruck in den Reifen stimmt, ein erster Gang auf die Toilette, wenn die Kinder quengeln…
Natürlich ließe sich in dieser ur-oberbayerischen Gegend nahe dem Taubenberg, zwischen Wolfratshausen, Bad Tölz und Miesbach auch herrlich wandern und die Natur und deren Geheimnisse er-»fahren«. Gehend erfahren, natürlich. Eine knappe Stunde unterhalb Holzkirchen fahrt die Straße durch einen breiten und tiefen Graben, der sich dadort in nordwestlicher Richtung der Isar entgegenge»graben« hat.
Aber mit diesem Graben, der einen klassischen »magischen Ort« darstellt, da hat es eine gar schauerliche Teufelsbund-Sage auf sich.
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