Diese Publikation erscheint im Rahmen der Lehre und Forschung von Mitarbeitenden der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PH Zürich). Sie setzt Schwerpunkte für die unterrichtliche Praxis in der Sekundarstufe II.
Christoph Städeli, Andreas Grassi, Katy Rhiner, Willy Obrist
Kompetenzorientiert unterrichten – Das AVIVA©-Modell
Fünf Phasen guten Unterrichts
ISBN Print: 978-3-03905-900-3
ISBN E-Book: 978-3-03905-901-0
2. Auflage 2013
Alle Rechte vorbehalten
© 2013 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.com
Vorwort
Einführung
Kompetenzen und Ressourcen
Kompetenzorientiert unterrichten
Auf dem Weg zum selbstgesteuerten Lernen
Exkurs: Klassenführung im kompetenzorientierten Unterricht
Teil 1
Das AVIVA©-Modell
Die fünf Phasen im kompetenzorientierten Unterricht
Fünf Phasen des Unterrichts
Rolle und Stellenwert der Methoden im AVIVA©-Modell
Fazit
Ankommen und einstimmen
Das Zwiebel-Modell in der Phase »Ankommen und einstimmen«
Methoden in der Phase »Ankommen und einstimmen«
Vorwissen aktivieren
Das Zwiebel-Modell in der Phase »Vorwissen aktivieren«
Methoden in der Phase »Vorwissen aktivieren«
Informieren
Direktes und indirektes Vorgehen beim Aufbau von Ressourcen in der Phase »Informieren«
Das Zwiebel-Modell in der Phase »Informieren«
Methoden in der Phase »Informieren«
Verarbeiten
Direktes und indirektes Vorgehen beim Aufbau von Ressourcen in der Phase »Verarbeiten«
Das Zwiebel-Modell in der Phase »Verarbeiten«
Methoden in der Phase »Verarbeiten«
Auswerten
Direktes und indirektes Vorgehen beim Aufbau von Ressourcen in der Phase »Auswerten«
Das Zwiebel-Modell in der Phase »Auswerten«
Methoden in der Phase »Auswerten«
Teil 2
Methodische Großformen und Beispiele aus der Praxis
Das Berichtsheft/die Lerndokumentation
Das Lernjournal
Flexibles Modellieren – Flemo
Problem-based Learning (PBL)
Individualisierender Unterricht
Anhang
Literatur
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Fußnoten
Autorin und Autoren
Wissen allein hat nie gereicht, wenn man im beruflichen Leben bestehen wollte. Intuitiv war Berufsbildung deshalb immer schon »kompetenzorientiert«. Im Betrieb lernten angehende Berufsleute, was an Handfertigkeit, Methoden und Informationen nötig ist, um einen Job korrekt auszufüllen – Verhaltensweisen und Einstellungen gehörten immer dazu. Die Schule lieferte ergänzendes Hintergrundwissen und mit Maß auch allgemeine Bildung.
Beide Lernorte blieben aber allzu oft unverbunden – das in der Schule Gelernte spielte im Betrieb keine große Rolle und umgekehrt.
Zumindest in dieser Hinsicht hat sich in den letzten Jahres einiges verändert. Lehrbetriebe und Berufsbildungsexperten kümmern sich vermehrt um das, was in der Schule vermittelt wird, und die Schule versucht, an die betrieblichen Erfahrungen der Lernenden anzuknüpfen. Das ist es, was sich hinter dem Begriff der »Kompetenzen« verbirgt: Schulen sollen nicht nur »Wissen« und etwas »Bildung« vermitteln, sie sollen die Lernenden für den beruflichen Alltag und die Zukunft fit machen.
Wie aber schafft es Schule in der Praxis, bei den Lernenden Kompetenzen zu wecken und zu fördern? Um diese Frage kreist das Buch, das Sie in Händen halten. Ein bemerkenswertes Buch, in verschiedener Hinsicht: Zunächst, weil die Autor/innen sich um präzise, verständliche Begriffe bemühen: Kompetenz ist für sie nicht ohne Ressourcen zu haben – nicht ohne Wissen, Fertigkeiten und Haltungen –, den direkten Weg zur »Kompetenz« gibt es nicht. So verstandene Kompetenzen sind aber keine leeren Instrumente: Da gibt es kein Können ohne Inhalte, kein Stricken ohne Wolle.
Ressourcen hingegen können mit mehr oder weniger Aufwand erworben werden; sie lassen sich aufbauen, trainieren, festigen. Man kann sie in konkreten Situationen erproben und gezielt kombinieren – und schließlich auch testen. Was also kompetenzorientierten Unterricht ausmacht, ist, dass er überlegt die Ressourcen aufbaut, die es braucht, um kompetent zu handeln und zu lernen, und dass er Gelegenheiten schafft, Ressourcen an authentischen Fragen zu erproben und zu nutzen. Und dass er all dies gezielt und absichtsvoll tut.
Wie, das erfahren Sie hier von vier ausgewiesenen Praktiker/innen. Die Autor/innen wissen genau, wovon sie sprechen, das ist aus jeder Zeile zu spüren. Sie verbinden ihre Überlegungen mit einem kompakten Modell von gutem Unterricht, das sich auf die Erkenntnisse der Lernpsychologie stützt und dabei immer alltagstauglich bleibt.
Das Buch richtet sich primär an Lehrpersonen und Ausbildungsverantwortliche der Sekundarstufe II und der Tertiärstufe. Es hält aber auch für Lehrende in tieferen Stufen manche Erkenntnis bereit und ist für alle Ausbilderinnen und Ausbilder gedacht, denen kompetenzorientiertes Unterrichten ein Anliegen ist.
Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre – und beim Erproben des vorgeschlagenen Wegs zu kompetenzorientiertem Unterricht.
Im Frühjahr 2013
Beat Wenger
Rektor Gewerblich-industrielles Bildungszentrum Zug
Präsident BCH/FPS
Einführung
Kompetenzen und Ressourcen
Lehr- und Bildungspläne sind heute meist auf Kompetenzen ausgerichtet, über die Lernende am Ende ihrer Ausbildung verfügen sollten. Im Bildungsplan für Automobil-Mechatroniker/innen sind so neben den geforderten fachlichen Kompetenzen, die präzise aufgefächert werden, auch Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen beschrieben, die weit über das Fachliche hinausgehen. Die typische Formulierung lautet: »Automobil-Mechatroniker, Automobil-Mechatronikerinnen können …« – nämlich Arbeitsabläufe zielorientiert, systematisch und effizient gestalten und bewerten, sich selbstständig Informationen beschaffen und sie nutzen, Geduld und Ausdauer bei Diagnosen und anspruchsvollen Reparaturarbeiten zeigen, mit Termindruck und Belastungsspitzen umgehen oder Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und Auffassungen akzeptieren – und so weiter. 1Nach diesem Modell ergibt sich (berufliche) Handlungskompetenz aus dem Zusammenspiel von Fach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen.
In einem anderen Modell arbeiten die Ausbilder/innen im Gesundheitswesen oder in der Maschinen-, Metall- und Elektroindustrie. Ausgangspunkt sind hier typische Situationen, die im beruflichen Alltag bewältigt werden müssen. Nach diesem Modell sind Fachleute zu kompetentem und adäquatem Handeln in der Lage, wenn sie über bestimmte Ressourcen verfügen – über Wissen (Kenntnisse), Fertigkeiten und Haltungen. Diese Ressourcen bilden die – teils in der Ausbildung erworbene, teils bereits vorhandene –
Grundausstattung, die benötigt wird, um den beruflichen Alltag zu meistern.
Wie wir uns das Zusammenspiel der Ressourcen konkret vorstellen müssen, lässt sich am besten an einem Beispiel zeigen: Eine Friseurin berät eine Kundin, die sich Gedanken über eine Haarfärbung macht.
Zunächst spielen die Haltungen eine Rolle. Grundsätzlich muss die Friseurin daran interessiert sein, die Kundin optimal zu beraten und deren Wünsche zu erfüllen. Gleichzeitig muss sie auch einen gewissen Geschäftssinn entwickeln und daran interessiert sein, Dienstleistungen zu verkaufen. Aber bleiben wir zunächst bei der Beratung: Die Friseurin braucht viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl; sie muss spüren, ob die Kundin ihre Haare überhaupt färben oder ob sie doch eher zu ihren weißen Haaren stehen will. Sie muss dabei die eigenen Vorlieben zugunsten derjenigen der Kundin zurückstellen. Sie muss Verantwortung übernehmen und die Kundin ehrlich über die Konsequenzen einer chemischen Farbveränderung informieren.
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