• Neues mit Inhalten verknüpfen, die bereits früher gelernt wurden,
• zum Lernstoff eine eigene Gliederung anfertigen,
• aus dem Text systematisch Schlussfolgerungen ziehen.
Wenn die Lernenden an den Inhalten interessiert sind und das Erarbeitete mit den eigenen Erfahrungen in Verbindung bringen können, dann besteht die Chance, dass sie sich nicht auf oberflächliches Lernen beschränken, sondern »der Sache auf den Grund gehen« wollen und Tiefenstrategien einsetzen.
Mit metakognitiven Strategien steuern die Lernenden ihr Lernen selbst. Sie können zum Beispiel Ziele formulieren, selbstständig eine Gliederung erstellen, mögliche Stolpersteine vor der Ausführung der Arbeit erkennen und sich selbst kontrollieren, aber auch abschätzen, was nötig ist, um möglichst ökonomisch zu arbeiten.
Beispiele für metakognitive Strategien sind:
• sich bewusst ein Ziel setzen und überlegen, wie viel Anstrengung es braucht, es zu erreichen,
• eine Arbeit planen oder ein Problem in Teilprobleme unterteilen,
• sich klarmachen, ob man das Gelernte wirklich verstanden hat, und allenfalls nachfassen, das heißt, einen Satz oder Abschnitt noch einmal lesen,
• sich beobachten, ob man beim Lernen bei der Sache bleibt und nicht abschweift,
• überprüfen, ob man das Wichtigste auch behalten hat,
• gezielt Pausen machen und über den Lernprozess nachdenken,
• Schlussfolgerungen zum eigenen Lernen ziehen,
• die Zeit im Auge behalten,
• den Aufbau des zu bearbeitenden Stoffes analysieren,
• bei Unklarheiten in den Unterlagen oder anderen Büchern nachschlagen.
Zentral für den Lernerfolg ist die äußerste Schicht der Zwiebel, die Motivation. Darunter verstehen wir die Bereitschaft der Lernenden, sich auf den Weg zu machen und auch in schwierigen Situationen nicht aufzugeben. Ob ein Lernender sich gut motivieren kann, hängt u.a. davon ab, ob er sich selbst realistische Ziele zu setzen vermag, ob er es schafft, die eigene Stimmung positiv zu beeinflussen, das eigene Interesse am Thema zu wecken, zu erhalten und sich Erfolgserlebnisse zu verschaffen (Metzger 2008, S. 15–18). Motivation ist der Wille, sich in einer konkreten Lernsituation intensiv und ausdauernd mit einem Gegenstand auseinanderzusetzen (vgl. Wild/Hofer/ Pekrun 2006). Im Unterricht ist in diesem Sinne namentlich das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit, nach Autonomie und sozialer Eingebundenheit (Zughörigkeit, Wohlfühlen, Sicherheit, Unterstützung) wirksam. Dass solche Bedürfnisse im Unterricht befriedigt werden, ist die Grundbedingung für ein produktives und subjektiv bedeutsam erlebtes Lernen (Messner/Niggli/Reusser 2009, S. 154).
Ein Beispiel aus der Praxis
Dass unser Modell praxistauglich ist, zeigt ein Beispiel aus dem Unterricht.
Sie alle kennen die Situation: Ein Thema wurde in der Klasse sorgfältig erarbeitet; jetzt steht die Prüfung an. Möglicherweise haben Sie Ihre Lernenden in dieser Phase auch schon einmal gefragt, wie sie sich auf die Prüfung vorbereiten. Von Robin, einem Auszubildenden im ersten Lehrjahr, stammt die folgende Antwort:
Offensichtlich kennt Robin ein breites Spektrum von kognitiven Strategien, die man bei der Vorbereitung auf eine Prüfung einsetzen kann. Er möchte Oberflächenstrategien (durchlesen/anschauen/auswendig lernen) und Tiefenstrategien einsetzen (sich Notizen machen/Text gut verstehen). Er will sein Vorgehen planen und kontrollieren (jeden Tag eine Stunde anschauen/ jeden Tag mit Freunden lernen/überlegen, ob man alles richtig hat). Auch scheint er motiviert, sich der Herausforderung zu stellen (jeden Tag lernen/mit Freunden lernen).
Aufgrund der Liste allein können wir aber nicht wissen, ob Robin alle diese Strategien auch wirklich beherrscht, wie gut und wirkungsvoll er sie zu Hause einsetzt und ob er sich tatsächlich an seinen Plan hält. Das Prüfungsergebnis wird uns erste Hinweise geben.
Fällt es positiv aus, so verspricht bei Robin der indirekte Wege zur Förderung von Ressourcen Erfolg. Er hat das Potenzial, selbstständig oder selbstreguliert zu lernen, und kann die verschiedenen Ebenen (motivationale, kognitive, metakognitive) sinnvoll miteinander kombinieren. Bei einem negativen Resultat sollte der direkte Weg eingeschlagen werden, bei dem die Lehrperson mit den Lernenden bestimmte Ressourcen (zum Beispiel Lernstrategien) bewusst nochmals erarbeitet und festigt – immer mit dem Ziel, dass sich Robin im Verlauf der Ausbildung zum selbstständigen Lerner entwickeln kann. Wichtig in diesem Zusammenhang sind Erfolgserlebnisse, die motivieren und dazu führen, dass die Lernende/n sich immer wieder an die Arbeit machen und sich anstrengen.
Welche Strategien die Lernenden im Unterricht anwenden, hängt zu einem guten Teil von der Gestaltung des Unterrichts durch die Lehrperson ab. Die Lernenden werden tiefen- und metakognitive Strategien eher dann einsetzen, wenn sie im Unterricht gefordert und gefördert werden.
Gefordert werden sie, wenn ihnen anspruchsvolle und anregende Aufgaben zur Bearbeitung vorliegen, die sie nur durch den Einsatz von Tiefenstrategien bearbeiten können. Lernende haushalten in der Regel mit ihren Kräften. Deshalb müssen sie in Situationen gebracht werden, die sie nur durch den Einsatz von metakognitiven Strategien bewältigen können.
Gefördert werden die Lernenden dann, wenn die Lehrperson ihnen gezielte Rückmeldungen gibt, wie gut sie durch den individuellen Einsatz von Ressourcen und persönliches Engagement Fortschritte erzielen konnten ( → Lernjournal, S. 123), und wenn die Lehrperson ihren Unterricht immer wieder nach dem direkten oder indirekten Verfahren variieren kann.
Durch anspruchsvolle und anregende Aufgaben und den Einsatz von Methoden, die den Aufbau bestimmter Ressourcen unterstützen, tragen wir viel dazu bei, dass die Lernenden ihr Lernen und Arbeiten selbst in die Hand nehmen und künftige Herausforderungen in Arbeit und Beruf – dank gezieltem Einsatz von Ressourcen – meistern.
Lernende, die in der Lage sind, ihr Lernen selbst zu steuern, setzen also gezielt auch motivationale Strategien ein. Sie interessieren sich für den Inhalt und sind bereit, neue Herausforderungen anzunehmen. Sie sind ferner in der Lage, den Einsatz von kognitiven Strategien beim Lernen bewusst zu steuern und immer wieder zu kontrollieren (metakognitive Strategien). Unser erweitertes Modell der »Lernzwiebel« ( Abbildung 6) zeigt den Zusammenhang:
Fassen wir noch einmal zusammen: Ein kompetenzorientierter Unterricht ist ausgerichtet auf die Entwicklung der kognitiven Strategien (Verarbeitungsmodus → Fachkompetenz), der metakognitiven Strategien (Regulation des Lernprozesses → Methodenkompetenz) und der motivationalen Strategien (Wahl von Zielen und Ressourcen → Selbstkompetenz). Das AVIVA©-Modell, bei dem die Lehrperson ihre Unterrichtsmethoden auf den Lernprozess abstimmt, liefert dazu wichtige und konkrete Hinweise (vgl. dazu das nächste Kapitel).
Exkurs: Klassenführung im kompetenzorientierten Unterricht
In den vorangehenden Abschnitten haben wir dargelegt, wie Lernende überhaupt in die Lage versetzt werden, ihr Lernen selbst in die Hand zu nehmen: Erfolgreiche Lernende setzen gezielt metakognitive, kognitive und motivationale Strategien ein. Dies ermöglicht es ihnen, eine Situation zu meistern.
Aber warum setzen sich Lernende überhaupt zum Lernen hin, warum beginnen die einen von sich aus zu arbeiten, warum verweigern andere die Arbeit? Jean-Louis Berger hat sich im Rahmen seiner Forschungsarbeiten für die Frage interessiert, welche motivationalen Zielorientierungen bei Auszubildenden anzutreffen sind (Berger 2009, S. 19–20). Nach Berger lassen sich vier typische Zielorientierungen unterscheiden:
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