Diese Publikation erscheint im Rahmen der Lehre und Forschung von Mitarbeitenden der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PH Zürich). Sie setzt Schwerpunkte für die unterrichtliche Praxis in der Sekundarstufe II.
Christoph Städeli/Willy Obrist
Kerngeschäft Unterricht
Ein Leitfaden für die Praxis
ISBN Print: 978-3-03905-897-6
ISBN E-Book: 978-3-03905-918-8
4., überarbeitete Auflage 2013
Alle Rechte vorbehalten
© 2013 hep verlag ag, Bern
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Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch:
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Vorwort
Zurück zum Kerngeschäft
Was ist eine gute Schule? Was ist guter Unterricht? Was braucht es, um eine gute Lehrerin, ein guter Lehrer zu sein?
Diese Fragen stellten und stellen sich an Bildung Interessierte und in Bildung Involvierte immer wieder. Seit Pestalozzis Maxime »Erziehung mit Kopf, Herz und Hand« haben im Bildungsbereich unendlich viele Paradigmenwechsel stattgefunden. Pädagoginnen und Pädagogen und selbsternannte »Bildungsgurus« haben Tausende von Büchern verfasst, Thesen aufgestellt und Untersuchungen durchgeführt. Es wurden Inhalte neu definiert, Lehrpläne reformiert, Lehrziele formuliert und taxonomiert, es wurde Qualität evaluiert und gesichert. – Und es wurde administriert.
Bei so viel Betriebsamkeit geriet und gerät das Kerngeschäft fast in Vergessenheit: die Vor- und Nachbereitung und die Durchführung von Unterricht. Dieses Buch setzt hier einen deutlichen Kontrapunkt. Back to the roots ist die Devise: Richten wir das Augenmerk wieder auf den eigentlichen Zweck der Schule – den real stattfindenden Unterricht!
In sieben didaktischen Schritten werden die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Unterricht vorgestellt, einfach und praxisnah. Die Stärke des wegweisenden Werks: Im Buch wird Basiswissen vermittelt, kurz und knapp, und im Internet stehen gleichzeitig Methoden und Anregungen bereit, Instrumente für Lehrpersonen, die es ihnen erlauben, die eigene Unterrichtsarbeit zu analysieren und neue Kompetenzen zu erwerben.
»Kerngeschäft Unterricht« richtet sich an angehende Lehrerinnen und Lehrer; das Buch ist aber auch Pflichtlektüre für »gestandene« Lehrerinnen und Lehrer, die auf der ewigen Suche nach einem »guten Unterricht« und einer »guten Schule« neue Wege gehen wollen.
Für die Herausgeberschaft und den Verlag
Peter Egger
Im Januar 2013
1 Die Ausgangslage analysieren 1 Die Ausgangslage analysieren Am Anfang steht immer eine Analyse der Ausgangslage. Wir gehen zunächst auf die Rahmenbedingungen ein, die uns durch Schule und Gesellschaft vorgegeben sind. Der nächste Schritt führt uns zu den Lernvoraussetzungen. Lernvoraussetzungen einzuschätzen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben jeder Lehrperson. Zu einer Analyse der Ausgangslage gehört aber auch, dass man die eigenen Lehrvoraussetzungen kennt und sich die Frage stellt, wie weit man mit Lehrplan und Unterrichtsstufe vertraut ist. Eine Lehrperson, die neu in einer bestimmten Stufe unterrichtet, wird sich andere Fragen stellen als eine, die das Metier kennt.
Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen Mit Rahmenbedingungen sind die äußeren Faktoren gemeint, welche die Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts maßgeblich beeinflussen. Günstige Rahmenbedingungen sind eine wichtige Voraussetzung für einen guten Unterricht. Lernort: Größe und Lage der Schule, Art des Gebäudes, Raumausstattung, akustische, klimatische und optische Verhältnisse, Gruppenräume, Mediothek, Kantine, Turnhalle. Lernzeit: Stundenplan und Fächerfolge, Einzellektionen, Blockunterricht, Anzahl Lektionen pro Schultag, Anzahl Dozierende oder Lehrpersonen pro Schultag und Klasse. Lerngruppe: Größe und Zusammensetzung, Art und Dauer der Sozialbeziehungen, Fach- oder Klassenlehrersystem. Kollegium: Anzahl der Lehrpersonen in der Schule, Zuteilung der Lehrpersonen in Fach- und Arbeitsgruppen, Verhältnis Schulleitung – Lehrerschaft. Rahmenbedingungen werden durch Menschen geschaffen und können von Menschen auch wieder verändert werden. • Sofort veränderbare Faktoren: Auf die Klasse bezogene Maßnahmen, wie Sitzordnung und Gestaltung des Klassenzimmers. • Mittelfristig veränderbare Faktoren: Veränderungen, die die Schulleitungen und die Lehrpersonen in ihrer organisatorischen Flexibilität und methodisch-didaktischen Kreativität herausfordern (Stundenplangestaltung, Gruppenräume, äußere Differenzierung u. a.). • Langfristig veränderbare Faktoren: Bei bildungs- und schulpolitischen Entscheidungen ist eine direkte Einflussnahme einzelner Lehrpersonen kaum möglich. In jedem Fall können die Rahmenbedingungen im Unterricht in eine positive Richtung weiterentwickelt werden. Ein Beispiel dazu: Wenn eine Lehrperson eine Klasse nur am Freitagnachmittag unterrichtet, braucht es nach unserer Erfahrung neben einer klaren Führung und einer sinnvollen Sequenzierung der Lerneinheiten auch immer wieder motivationsfördernde Elemente, die dazu beitragen, dass die Schülerinnen und Schüler die Lernzeit gezielt nutzen. Der Unterrichtsnachmittag könnte zum Beispiel mit einer Erkundung enden, in der die Lernenden nach vorgegebenen oder vereinbarten Regeln ein Thema außerhalb des Schulzimmers bearbeiten.
Lernvoraussetzungen Lernvoraussetzungen Im Verlauf der Unterrichtsplanung stehen die Lehrenden immer wieder vor der Frage, über welche Lernvoraussetzungen ihre Schülerinnen und Schüler verfügen. Die Entscheidung für bestimmte Lehrer- oder Schüleraktivitäten lässt sich erst treffen, wenn die gegebenen Voraussetzungen analysiert wurden (Städeli/Obrist/Grassi 2008, S. 99–111, Euler/Hahn 2007). Fehlen die nötigen Lernvoraussetzungen, bleibt meistens auch der Unterrichtserfolg aus. Wichtige Lernvoraussetzungen betreffen die folgenden Bereiche: • Arbeitstechnik: Über welche Lern- und Arbeitstechniken verfügen die Schülerinnen und Schüler? Welche Erfahrungen bringen sie aus der Primar- und Sekundarstufe I im Hinblick auf den Einsatz von erweiterten Lehr- und Lernformen mit? • Sachstrukturen: Auf welchem Wissen der Schülerinnen und Schüler kann ich meinen Unterricht aufbauen? Welche Begriffe müssen zu Beginn einer Einheit aufgebaut werden, damit die Schülerinnen und Schüler anschließend selbstständig arbeiten können? Was können zentrale Fragen und Problemstellungen der Schülerinnen und Schüler sein? • Soziale Beziehungen, Gruppe: Welches Verhältnis haben die Schüler und Schülerinnen untereinander? Welche Auswirkungen hat die Art der Interaktion auf das Arbeits- und Lernklima? Wie ist die Beziehung zur Lehrperson? • Motivation und Emotionen: Welche Haltung und welche persönlichen Einstellungen bringen die Schülerinnen und Schüler in den Unterricht ein? Sind sie bereit, sich auf den Unterricht einzulassen? • Kulturen und Sprachen: Welche sprachliche und kulturelle Vielfalt zeichnet sich in meiner Klasse ab? Wie viele Schüler und Schülerinnen kommen aus einem anderen Kulturkreis? Wie können sie in den Unterricht besser integriert werden? • Individuelle Faktoren: Gibt es Schüler oder Schülerinnen, die etwas Interessantes aus dem eigenen beruflichen oder privaten Umfeld einbringen können? Ist ein Schüler dauernd über- oder unterfordert? Ist einmal die Analyse der Lernvoraussetzungen geleistet, so kann die Lehrperson methodische Vorüberlegungen anstellen und die Unterrichtsvorbereitung planen. Dabei soll sie auch ihre eigenen Lehrvoraussetzungen berücksichtigen.
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