1.2.4 Funktionen eines Strategischen Personalmanagements
Ein Strategisches Personalmanagement übernimmt in einer Unternehmung eine Reihe als strategisch einzustufende Aufgaben und Funktionen. 70
• AusgleichsfunktionIm Strategischen Human Resource Management wird eine Interessen- und Zielharmonisation angestrebt zwischen ökonomischen und sozialen, sowie zwischen institutionellen und sozialen Ansprüchen. Sowohl unternehmerische Interessen als auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter fließen hierbei in den Interessensausgleich mit ein. Ziel ist eine harmonisierte Zielvorstellung und -planung, in der alle Kräfte für das Überleben des Unternehmens gebündelt werden sollen.
• AkquisitionsfunktionLangfristiges Ziel eines Strategischen Personalmanagements ist der Aufbau eines akquisitorischen Potentials gegenüber potentiellen und aktuellen Mitgliedern. Die Mitgliedschaftsentscheidung soll sowohl bei neuen Mitarbeitern (Bewerbungs- und Eintrittsentscheidungen) als auch bei bereits beschäftigtem Personal (Fluktuationsentscheidungen) positiv beeinflusst werden. Ein Unternehmen soll durch SHRM zu einem attraktiven Arbeitgeber werden, der es schafft, Fachkräfte anzuziehen und Mitarbeiter langfristig an sich zu binden.
• InvestitionsfunktionStrategisches Personalmanagement sieht in den Mitarbeitern Strategische Erfolgsfaktoren. Im Sinne des Humanvermögens-Ansatzes sind diese Erfolgspotentiale beständig zu pflegen und weiterzuentwickeln. Durch dauernde Investition (z.B. durch Aus-, Fort- und Weiterbildung) entsteht eine quantitative und qualitative personelle Problemlösungskapazität.
• AktivierungsfunktionNeben der Investition in die Leistungsfähigkeit spielt auch die Steigerung der Leistungsbereitschaft eine wichtige Rolle im Strategischen Personalmanagement. Die Leistungspotentiale der Mitarbeiter sollen aktiviert und auf die Erreichung strategischer Ziele hin ausgerichtet werden. Hierzu können strategische Anreizsysteme dienen, z.B. Gratifikationssysteme, die sich am Erreichen strategischer Vorgaben und Teilziele orientieren.
• KultivierungsfunktionStrategisches Personalmanagement möchte seine langfristigen und ganzheitlichen Entscheidungen im Alltag eines Unternehmens manifestiert sehen. Dazu sollen sich gemeinsame kognitive Problemlösungsfähigkeiten, affektive Einstellungen, grundlegende Annahmen, Werte und Normen in einer Unternehmenskultur verdichten. Strategisches Human Resource Management hat so „die nicht einfache und kurzfristig kaum lösbare Aufgabe einer Harmonisation von strategischem Wollen und kulturellem Werden“ 71. In der Unternehmenskultur sollen Unternehmenskonzept und Leitbild umgesetzt werden. Eine konsequente „Kulturpolitik“ kann hierbei prägend wirken. Von besonderer Bedeutung ist zudem die symbolische Vertretung der im Leitbild verfassten Grundlagen der Unternehmenskultur durch Vorbild und Vorleben seitens des Managements.
• EntlastungsfunktionStrategisches Human Resource Management trägt schließlich im strategischen Sinne zu einer Schwerpunktbildung im Unternehmen bei. Durch gemeinsam akzeptierte strategische Vorgaben und eine (unternehmens-)kulturelle Orientierung wird die Verhaltensvarietät im System Unternehmung reduziert. Es kommt zu einer subjektiven Komplexitätsreduktion, die für alle Beteiligten entlastende Funktion haben kann: Kooperation, Konsensfindung und gemeinsame Zielausrichtung werden gefördert. Zudem kann sich eine Entlastung der Führung einstellen, wenn innerhalb einer strategie- und strukturharmonisierten Unternehmenskultur ziel- und strategiebezogene Rahmenbedingungen gestaltet und im Gegenzug bürokratische Führungsstrukturen abgebaut werden.
In diesen beschriebenen Aufgaben und Funktionen zeigen sich verschiedene strategierelevante Aspekte eines modernen Personalmanagements. Der anschließende Blick auf einen konkreten SHRM-Ansatz soll die bisherigen Gesichtspunkte weiter erläutern und vertiefen.
1.3 Der Ansatz des SHRM nach Walter A. OECHSLER
Nachdem im vorangegangen Kapitel Aspekte zum geschichtlichen Hintergrund und zur strategischen Ausrichtung des Strategischen Human Resource Managements thematisiert wurden, soll nun ein konkreter SHRM-Ansatz vorgestellt werden. Es handelt sich hierbei um das bei Prof. Walter A. OECHSLER zu findende Konzept eines Strategischen Personalmanagements, das zunächst im Überblick dargestellt werden soll. Der Ansatz des SHRM beinhaltet zum einen die integrative Abstimmung der Kernelemente Strategie, Struktur und HRM (vgl. Abb. 1, S. 54), zum anderen den damit aufs engste zu verknüpfende Human-Resource-Kreislauf (vgl. Abb. 2, S. 55).
1.3.1 Integrative Abstimmung der Elemente Strategie, Struktur, HRM
Der Ansatz des Strategischen Human Resource Managements 72von OECHSLER geht zurück auf verschiedene US-amerikanische personalstrategische Konzepte. Zentral sind hierbei vor allem der an der University of Michigan in den 1980er Jahren entwickelte Michigan-Ansatz 73und das an der Harvard Business School entstandene Harvard-Konzept 74. Der Michigan-Ansatz liefert das Grundmodell des hier zu behandelnden SHRM-Ansatzes und wird durch die noch stärker integrative Sichtweise des Harvard-Konzeptes sinnvoll ergänzt. Im Strategischen Human Resource Management wird (in Anknüpfung an den Michigan-Ansatz) eine integrative Verknüpfung von Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Personal-/HRM-Maßnahmen vertreten. Strategie , Struktur und Human Resource Management bilden als drei Kernelemente das System der Unternehmung (vgl. Abb. 1, S. 54).
Hinter dem Begriff der Strategie steht hierbei die Frage nach der „Existenzberechtigung“ des Unternehmens: Ein Unternehmen hat zu klären, welchen strategischen Auftrag es verfolgt und zur langfristigen Deckung welcher Bedürfnisse es am Markt antritt. Die Strategie eines Unternehmens konkretisiert sich in seinem Produkt-Markt-Konzept, d.h. in der Beantwortung der Frage, welche Produkte auf welchen Märkten abgesetzt werden sollen. Die Organisationsstruktur umfasst die Prozesse der Leistungserstellung und -verwertung im Unternehmen. Konkret zeigt sich die Struktur in bestimmten Formen der Produktions- und Vertriebsorganisation. Das Human Ressource Management umfasst die personalwirtschaftliche Umsetzung der Strategie in der unternehmenseigenen Struktur. Es gilt, das „quantitativ und qualitativ erforderliche Personal zu gewinnen, zu erhalten, weiterzuentwickeln und wirtschaftlich einzusetzen“ 75. Zwischen diesen drei Kernelementen soll unter Berücksichtigung der externen Einflüsse aus den Bereichen Wirtschaft , Politik und Kultur eine integrative Abstimmung angestrebt werden (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: SHRM-Ansatz: Integration von Strategie, Struktur und Human Resource Management
Entscheidungen über Strategie, Struktur und Personal werden nicht mehr sukzessive, sondern im Sinne einer interaktiven Strategieentwicklung simultan getroffen. Erfolgspotentiale der Mitarbeiter sollen simultan mit Strategie- und Strukturentscheidungen verknüpft werden. So beeinflusst z.B. die in Abstimmung mit den Umwelteinflüssen gewählte Unternehmensstrategie sowohl die Gestaltung der organisatorischen Struktur als auch personalpolitische Entscheidungen, die der Implementierung der Strategie dienen. Umgekehrt können aber auch personelle Gegebenheiten und Fragestellungen zum Ausgangspunkt für strategische und strukturelle Entscheidungen werden.
1.3.2 Der Human-Resource-Kreislauf
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