1 ...8 9 10 12 13 14 ...20 Das „foregrounding“ des Themas, das sonst, d.h. im unmarkierten Fall den Hintergrund (background) bildet, findet seinen Niederschlag in einer spezifischen Informationsstruktur, und zwar insofern, als das markierte Thema für sich selbst eine durch Intonation indizierte „information unit“ bildet – im Gegensatz zu Sätzen mit unmarkiertem Thema wie etwa in (15), wo sich eine „information unit“ über den gesamten Satz erstreckt. Vgl. die Beispiele für „marked themes“ in Halliday (1967, 214):
(19) |
(a) // tomorrow / / John’s taking me to the theatre // |
|
(b) // that // I don’t know // |
Die intonatorische Hervorhebung indiziert das satzinitiale Adverbial tomorrow und das vorangestellten Objekt that als ‚new‘ im Sinne von ‚non-recoverable‘. Was aber macht diese Elemente thematisch? Die Funktion des „foregrounding“ ist offenbar die ‚Thematisierung‘ sonst, d.h. im unmarkierten Fall, nicht-thematischer Elemente: Sie werden durch die satzinitiale Stellung zum „point of departure“ des Sprechers, zum „starting-point of the message“, zu dem „what the clause is going to be about“.
Hinsichtlich der Frage, was es im Rahmen der textuellen Funktion theme denn heißen soll, dass bestimmte Elemente des Satzes den „point of departure“ oder das „Worüber“ des Satzes bilden, finden sich bei Halliday allerdings nur allgemeine Aussagen mit zum Teil metaphorischem Charakter. Das Thema wird begriffen als „that which is the concern of the message“ (1985, 33), als „peg on which the message is hung“, es gilt als „body of the message“ (1970, 161). Diese Formulierungen erinnern an die klassische Unterscheidung zwischen Satzgegenstand und Satzaussage, auch an Firbas’ Unterscheidung zwischen „foundation-laying“ und „core-constituting elements“. Weitere Andeutungen finden sich in Hallidays Bemerkungen zur textuellen Funktion des Themas: „The choice of Theme, clause by clause, is what carries forward the development of the text as a whole.“ (1985, 315). Halliday hat damit wohl eine wiederaufnehmende Funktion des Themas im Sinn: „In narrative and expository texts it is quite likely for the same participant […] to remain as topical Theme for a certain stretch of discourse“ (ebd.).12 Die textuelle Funktion des (unmarkierten) Informationsfokus ist es demgegenüber, dem Text neue Information hinzuzufügen: „The choice of information focus, by contrast, expresses the main point of the information unit, what it is that the speaker is presenting as news“ (ebd.). Hier werden Thema und Fokus praktisch in traditioneller Weise als Komplementärkategorien verstanden, ohne die an anderen Stellen als so zentral herausgestellte Unterscheidung von ‚Thema vs. Rhema‘ und ‚given vs. new‘ zu berücksichtigen, die ja ein Zusammenfallen von Thema und Fokus ausdrücklich zulässt.
Die genaue Funktion des „foregrounding“ von im unmarkierten Fall nicht-thematischen Fokus-Elementen bleibt demgegenüber im Dunkeln. Was genau rechtfertigt es, die nach Halliday fokussierten Elemente in (19) als thematisch aufzufassen, wenn es sich aufgrund des Zusammenfalls von Thema und (markiertem?) Fokus nicht um den Standardfall thematischer Wiederaufnahme handeln kann? Ebenso unklar bleibt der Unterschied zwischen Fällen markierter Thematizität wie in (19) und Fällen fokussierter unmarkierter Thematizität wie etwa in (17a): John painted the shed. Hier liegt ebenso ein Zusammenfall von Thema und Fokus vor, sodass sich Thematizität auch hier nicht im Sinne thematischer Wiederaufnahme deuten lässt. Thematizität bleibt in Hallidays Ansatz somit eine außerordentlich blasse Kategorie.13 Bolkestein (1993, 344) zieht in ihrer kritischen Bewertung des Ansatzes von Halliday darum den Schluss, dass Hallidays ‚Theme‘ letztlich eine rein formale Kategorie bleibt: Alleiniges Kriterium für die Thematizität einer Konstituente ist ihre Erstposition im Satz.
2.5 Molnár: Topik – Thema – Hintergrund
Auch Molnár (1993) plädiert für eine kategoriale Aufspaltung der klassischen Dichotomie. Sie geht über Hallidays Zwei-Ebenen-Modell (Theme/Rheme vs. Given/New) hinaus und schlägt ein Drei-Ebenen-Modell vor, mit eigenen kategorialen Bestimmungen und terminologischen Festlegungen. Zunächst zu ihrer Terminologie: Anders als Halliday nennt sie die ‚Worüber‘-Kategorie nicht Thema, sondern Topik. Auch bei Molnár ist ‚Fokus‘ kein Komplementärbegriff zur ‚Worüber‘-Kategorie, steht jedoch auch nicht der Givenness gegenüber, sondern bildet die Komplementärkategorie zum sogenannten Hintergrund. Hierdurch ergeben sich in Molnárs Modell drei Dichotomie-Ebenen – Topik/Kommentar, Thema/Rhema und Hintergrund/Fokus – für deren Unterscheidung funktionale und ausdrucksseitige Kriterien geltend gemacht werden. Für die funktionale Unterscheidung der drei Ebenen greift Molnár auf die Bühler’schen Sprachfunktionen ‚Ausdruck‘, ‚Appell‘ und ‚Darstellung‘ zurück (Molnár 1993, 164). Die „sachbezogene“ Ebene der ‚Darstellung‘ bezieht sich auf die Gliederung der Äußerung in Topik (im Sinne des ‚Worüber‘) und den darauf bezogenen Kommentar . Die „empfängerbezogene“ Ebene des ‚Appells‘ zielt auf den „Kenntnisgrad des Adressaten“ ab. Relevant hierfür ist das Kriterium ‚bekannt vs. neu‘, wofür in Molnárs Modell die Termini Thema und Rhema reserviert sind. Auf der „senderbezogenen“ Ebene des ‚Ausdrucks‘ unterscheidet Molnár zwischen Hintergrund und Fokus .1
Ausdrucksseitig korrelieren die drei Ebenen mit jeweils spezifischen „Formmitteln“. Für den Ausdruck der Kategorie des ‚Worüber‘ auf der Topik/Kommentar-Ebene ist ihrer Meinung nach das syntaktische Kriterium der Satzinitialität charakteristisch. Die Verwendung voller und komplexer oder pronominaler Ausdrücke kann auf die ‚bekannt/neu‘-Unterscheidung der Thema-Rhema-Ebene zurückgeführt werden. Und für die Fokus-Hintergrund-Gliederung macht Molnár – wohl in Anlehnung an Halliday – intonatorische Ausdrucksmittel geltend, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass hier auch „das komplizierte Verhältnis zwischen Prominenz und Fokusinterpretation“ zu beachten sei (1993, 164). Hier spielt sie wohl auf einen Sachverhalt an, den schon Halliday angesprochen hat: dass nämlich die Fokusdomäne oft über den Bereich der intonatorisch hervorgehobenen Elemente hinausgeht. In einer zusammenfassenden Übersicht ergibt sich so das folgende Schema:
Darstellung: |
Topik – Kommentar |
(Aboutness) |
Empfänger: |
Thema – Rhema |
(bekannt vs. neu) |
Sender: |
Hintergrund – Fokus |
(Relevanz) |
Bemerkenswert an Molnárs Drei-Ebenen-Modell ist zunächst, dass sie den Fokusbegriff nicht auf der Basis des Kriteriums der ‚Neuheit‘ bestimmt. Die Unterscheidung von Fokus und Hintergrund beruhe vielmehr auf einer „vom Sender entschiedenen ‚Relevanz‘ […], die vom Kenntnisgrad des Adressaten relativ unabhängig ist“ (1993, 164). Ein Hinweis darauf, was Molnár damit meint, findet sich ihrer Bemerkung, dass die kommunikative Strukturierung wesentlich auf einer „zweifachen Anforderung“ beruhe, nämlich „Kohärenz und Informativität“ in „bestmöglicher Weise“ zu erfüllen (ebd., 164f.). In einer Fußnote hierzu (vgl. ebd., 165) beruft sie sich auf zwei von Strawson formulierte Prinzipien der Kommunikation, nämlich (i) das „principle of the presumption of knowledge“ und (ii) das „principle of relevance“ (vgl. Strawson 1971a). Kohärenz und Informativität ist sichergestellt, wenn der Sprecher – wie in dem in der Literatur zur Informationsstruktur immer wieder bemühten prototypischen Fall – an etwas Bekanntes anknüpft, worüber er dann etwas Neues mitteilt.2 Dass Molnár ihren Fokusbegriff dennoch nicht über das ‚bekannt/neu‘-Kriterium bestimmt und zwischen Rhema und Fokus unterscheiden möchte, rechtfertigt sie mit der Beobachtung, dass offensichtlich auch vorerwähnte und damit bekannte (d.h. in Molnárs Terminologie thematische) Diskursreferenten fokussiert sein können. Molnár führt für einen solchen Fall u.a. das folgende Beispiel an (vgl. Molnar, 1993, 171):
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