Was bedeutet eine fünfprozentige Preisreduktion für den Gewinn? Ich finde dieses Beispiel eine schöne Präsentation zur Bedeutung und Wirkung von Rabatten. Wie schnell hat man fünf Prozent Rabatt gegeben? In der Hoffnung durch Preiszugeständnisse mehr Auslastung zu erzielen, werden schnell einmal Rabatte eingeräumt. Wie oft hat man es verabsäumt, die Preise jährlich entsprechend der Inflation anzuheben?
Abb. 12: Simulation Verschlechterung um fünf Prozent durch Preisreduktion
Wer eine durchschnittliche Gewinnperformance hat und auf dieser Basis seine Preise um fünf Prozent reduziert, vernichtet damit den kompletten Gewinn und rutscht sogar in die Verlustzone. Nun könnte man bei diesem Beispiel einwenden, dass eine Preisreduktion auf jeden Fall zu einer Auslastungssteigerung führen wird. Das kann durchaus passieren, doch genau wissen wir das für dieses Hotel nicht. Wie sich die Auslastung bei Preisänderungen entwickeln würde, kann mit Hilfe der Preiselastizität festgestellt werden. Damit werden wir uns in einem späteren Kapitel befassen.
Wir werden uns nun mit einer Sonderform der Simulation befassen. Bei Veränderung einer Stellschraube können wir mit Auswirkungen auf andere preisrelevante Faktoren rechnen. Ein leicht nachvollziehbares Phänomen ist die Preissenkung, mit der Hoffnung, dadurch die Auslastung zu erhöhen. Leider wird dieser Mechanismus in der Praxis viel zu häufig angewendet. Ist die Auslastung nicht so wie gewünscht, werden in manchen Häusern die Preise gesenkt. »Wir müssen etwas tun« ist in der Regel ein Unheil bringendes Statement und ein Beispiel für die Wirkung des Psychoeffektes Action Bias (
Kap. 7), über dessen Konsequenzen offenbar viele Verantwortliche nicht oder nur teilweise Bescheid wissen.
Abb. 13: Simulation Preissenkung um zehn Prozent und Auslastungssteigerung um zehn Prozent
Wann ist eine Preissenkung erfolgreich? Wie in der Abbildung 13 ersichtlich ist bei einer Preissenkung um zehn Prozent und einer dadurch erzielten Steigerung der Auslastung um zehn Prozent nichts gewonnen. Im Gegenteil, wird auch mit dieser Maßnahme der Gewinn vernichtet. Aus unserer Beratungspraxis müssen wir immer wieder auf diesen desaströsen Effekt auf den Gewinn hinweisen. Wir können mit einer solchen Maßnahme zwar das Ziel Auslastung erhöhen durchaus erreichen, doch dieser »Sieg« ist teuer erkauft. Nun kann man argumentieren, dass eine zehnprozentige Preissenkung zu einer noch höheren Auslastung führen wird. Schauen wir uns auch diesen Effekt an.
Abb. 14: Simulation einer Preissenkung um 10 Prozent und einer Auslastungssteigerung um 15 Prozent
Ich bin überzeugt, dass die meisten Hoteliers diesem Tausch in der ersten Reaktion positiv gegenüberstehen würden. Wir geben einen Rabatt von zehn Prozent und erhalten im Gegenzug eine Steigerung der Auslastung um 15 Prozent. Betriebswirtschaftlich rechnet sich nicht einmal diese erhebliche Erhöhung der Auslastung. Die Preisreduktion schneidet massiv in die Gewinnperformance. Das sollte jedem für Preise Verantwortlichen bewusst sein. Natürlich kommt bei starken Auslastungssteigerungen irgendwann der Break-Even-Point, bei dem der Gewinn wieder ansteigt. In unserer Simulation und auch in Praxisbeispielen liegt dieser Punkt bei 16,5 bis 20 Prozent. Das bedeutet, eine Preisreduktion von zehn Prozent sollte mindestens eine Erhöhung der Auslastung um 20 Prozent bringen, sonst sollte man lieber die Finger davonlassen.
Eine 20-prozentige Steigerung der Auslastung ist massiv. Falls jemand diese Option genauer analysieren möchte, muss berücksichtigt werden, dass solche Steigerungen mitunter zu sprungfixen Kosten führen können. Eventuell werden zusätzliche Mitarbeiter benötigt. Auch die Instandhaltungen werden durch mehr Übernachtungen steigen. Besonders problematisch wird eine solche Maßnahme dann, wenn durch Preissenkungen Gäste gewonnen werden, die preissensibler sind als die Stammgäste, und Gäste, die mehr auf die Qualität achten könnten, durch zu niedrige Preise von der Buchung abgehalten werden. Wie bereits erwähnt ist der Preis auch ein Qualitätsindikator und Preissenkungen könnten andeuten, dass die Qualität gesenkt worden ist.
Wir wollen nun ein weiteres spezielles Phänomen untersuchen, das sowohl in Simulationsrechnungen als auch in der Praxis zu Überraschungen führt. Was passiert, wenn die Preise nicht reduziert, sondern erhöht werden? In einer ganzen Reihe von Preis-Strategie-Projekten haben wir ein interessantes Phänomen beobachtet. Man kann die durchschnittlichen Preise erhöhen, ohne die Auslastung nennenswert zu senken. Auf dieses Thema werden wir später eingehen. In unserer nächsten Simulationsrechnung werden wir untersuchen was passiert, wenn wir die Preise um zehn Prozent anheben und dafür die Auslastung um zehn Prozent senken.
Abb. 15: Simulation einer Preiserhöhung um zehn Prozent und einer Auslastungssenkung um zehn Prozent
Das oben abgebildete Beispielhotel würde bei einer solchen Konstellation den Gewinn um 46 Prozent erhöhen. Wir verlieren zwar zehn Prozent an der Auslastung, gewinnen durch die höheren Preise jedoch eine höhere Marge, die zu einem deutlich höheren Gewinn führt. Diese Preis-Strategie implementieren wir in der Regel bei denjenigen Hotelbetrieben, die trotz einer hohen Auslastung eine bescheidene Gewinnperformance haben. Durch den Verzicht auf Übernachtungen steigern wir paradoxer Weise den Gewinn.
Ich möchte auf einen weiteren Aspekt dieser Beispiele hinweisen, der vor allem für diejenigen von Interesse sein sollte, die Yield Management betreiben. Yield Management bedeutet die praktische Umsetzung, Steuerung und Lenkung der Nachfrage. »Ziel ist die Erhöhung des RevPAR/Yield (= Netto-Logisumsatz : verfügbare Zimmer) durch tägliche Steuerung von Preisen und Kapazitäten, unter anderem durch Buchungsbedingungen und Preis-Strategien. Yielden (steuern, lenken) bezeichnet die tägliche Steuerung der Kapazitäten und Preise. 28 Wenn wir Systeme und Strategien einsetzen, die den Netto-Logisumsatz optimieren, können Konstellationen entstehen, die zwar zu einem höheren Netto-Logisumsatz führen, aber nicht den Gewinn optimieren. Höhere Umsätze bedeuten nicht zwangsweise höhere Gewinne, im Gegenteil, Umsatzmaximierungen können auch negative Effekte auf den Gewinn bewirken.
Generell sind hohe Umsätze niedrigen vorzuziehen, aber nur unter der Bedingung, dass auch die Gewinne steigen. Ein Tunnelblick auf Umsatz- oder Auslastungsmaximierung kann den Gewinn zerstören. Ein Yield Managementsystem wird aufgrund der Zielsetzung Umsatzmaximierung eher die Konstellation der Abbildung 14 anstreben (Umsatz 1.242.000 Euro; Gewinn 39.000 Euro), da der Umsatz um 54.000 Euro höher ist als der der Konstellation in Abbildung 15 (Umsatz 1.188.000 Euro; Gewinn 73.000 Euro). Paradoxerweise ist der Gewinn aufgrund der Hebelwirkung des Preises bei weniger Umsatz um 34.000 Euro höher.
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