XVI. Durchführung des Auftrags
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Abs 4enthält umfangreiche Regelungen für den Fall, dass sich ein Auftrag vor der Vornahme der beantragten Amtshandlungen vorzeitig erledigt. Sprachlich gewöhnungsbedürftig ist, dass das Gesetz nicht den Begriff „Erledigung“, sondern den Begriff „Durchführung“ des Auftrags verwendet. Inhaltlich ist bei beiden Begriffen dasselbe gemeint.
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Wenn der Auftrag durchgeführt ist, werden die Gebühren fällig ( § 14). Die Regelungen des Abs 4sind somit bei der Ermittlung der Fälligkeit zu beachten. Die Regelungen sind weiterhin auch von Bedeutung bei der Berechnung der Nachforderungsfrist ( § 6) und der Verjährungsfrist ( § 8). Wenn der Auftraggeber nach dem Eintritt der Voraussetzungen des Abs 4bei dem GV erneut vorstellig wird, liegt kostenrechtlich in jedem Fall ein neuer Auftrag vor. Die Annahme der Fortsetzung des bisherigen Auftrags kommt dann nicht mehr in Betracht.
XVII. Rücknahme des Auftrags
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Der einfachste Fall der unterstellten Auftragsdurchführung ist die ausdrückliche Auftragsrücknahme. Aus welchem Grunde die Zurücknahme erfolgt, ist belanglos. Die Weisung des Gläubigers, von weiteren Zwangsmaßnahmen Abstand zu nehmen, kann uU nicht als Zurücknahme, sondern lediglich als Antrag auf Unterbrechung der Zwangsvollstreckung aufgefasst werden. Als Zurücknahme ist auch anzusehen, wenn der Vollstreckungsauftrag die Weisung an den GV enthält, den Auftrag unerledigt zurückzusenden, falls bei dem Schuldner innerhalb der letzten Monate fruchtlos gepfändet worden ist oder dieser die Vermögensauskunft nach §§ 802c ff ZPOabgegeben hat und wenn der GV dementsprechend den Auftrag unerledigt zurücksendet. Dasselbe gilt, wenn der GV entsprechend der Weisung des Gläubigers von Vollstreckungsmaßnahmen deshalb absieht, weil ihm bekannt ist, dass der Schuldner pfändbare Gegenstände nicht besitzt oder dass bei dem Schuldner innerhalb der letzten Monate nur solche Sachen gepfändet wurden, die von Dritten mit Erfolg für sich in Anspruch genommen worden sind. Auch die endgültige Abstandsnahme von der Vollstreckung unter anderen, vom Gläubiger bestimmten Voraussetzungen ist der Auftragsrücknahme gleichzusetzen.
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Der Zurücknahme steht es nach Abs 4 S 4ebenfalls gleich, wenn der GV begründeten Anhalt dafür hat, dass die Zwangsvollstreckung fruchtlosverlaufen werde, zB wenn Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner in den letzten drei Monaten fruchtlos verlaufen sind (vgl § 32 Abs 1 S 4 GVGA), und der GV deshalb dem Gläubiger unverzüglich den Schuldtitel mit einer entsprechenden Bescheinigung zurückschickt, wobei er dem Gläubiger mitteilt, dass er den Auftrag zur Vermeidung unnötiger Kosten als zurückgenommen betrachte (§ 32 Abs 1 S 2 GVGA). Von dieser Möglichkeit darf der GV keinen Gebrauch machen, wenn der Wunsch des Gläubigers auf Durchführung des Auftrags aus der Sachlage hervorgeht (§ 32 Abs 2 GVGA). Wird der Auftrag im Falle des § 32 Abs 1 GVGA bis zum Ablauf des auf die Absendung der Mitteilung folgenden Kalendermonats fortgesetzt, so liegt kostenrechtlich kein neuer Auftrag vor. Diese Frist ist in Abs 4 S 4ausdrücklich gesetzlich vorgegeben. Es handelt sich insoweit um eine Verschärfung gegenüber dem früheren Recht, dass keine festen Fristen vorsah und dem GV einen Ermessensspielraum einräumte. Der GV dürfte deshalb gehalten sein, den Auftraggeber auf die sich durch den Fristablauf ergebenden kostenrechtlichen Konsequenzen hinzuweisen.[34]
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Der Zurücknahme steht es nach Abs 4 S 5auch gleich, wenn ein geforderter Vorschuss nicht bis zum Ablauf des auf die Absendung der Vorschussanforderung folgenden Kalendermonats beim GV eingegangen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erl zu § 4verwiesen.
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Eine Zurücknahme im kostenrechtlichen Sinne liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber einen abgesandten Vollstreckungsauftrag vor dem Eingang beim GV (zB fernmündlich) zurücknimmt. In diesem Fall gilt der Auftrag nicht als erteilt (vgl Abs 3 S 1).
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Eine Teilrücknahmewirkt sich kostenrechtlich nur aus, wenn Amtshandlungen beantragt waren, die unterschiedliche Nummern des KV betreffen. Wenn zB eine Pfändung und Räumung beantragt war, fällt im Fall der Rücknahme des Räumungsauftrags eine Gebühr gem Nr 602 KVan, die allerdings erst fällig wird, wenn der Gesamtauftrag durchgeführt ist (vgl Erl zu § 14). Wenn hingegen zB ein Pfändungsauftrag über 2 000 € wegen zwischenzeitlich bezahlter 500 € auf 1 500 € reduziert wird, ergeben sich hieraus keine kostenrechtlichen Folgen, weil neben der Gebühr für die Pfändung nach Nr 205 KVkeine Gebühr nach Nr 604 KVfür die Zurücknahme zu erheben ist (§ 10 Abs 1 S 3, vgl auch Erl zu § 10 Rn 7).
XVIII. Hinderungsgründe bei der Durchführung
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Neben den Fällen der tatsächlichen oder fingierten Auftragsrücknahme gilt ein Auftrag auch dann als durchgeführt, wenn seiner Durchführung Hinderungsgründe entgegenstehen. Welche Hinderungsgründe dies sind, ist unerheblich. Die Formulierung ist weiter gefasst als in der Vorbemerkung zum 6. Abschnitt, wonach der Ansatz der dort aufgeführten Gebühren davon abhängt, dass die Hinderungsgründe weder in der Person des Gerichtsvollziehers liegen noch von seiner Entschließung abhängig sind. Die unterschiedliche Formulierung ist darauf zurückzuführen, dass Abs 4nicht für die Beurteilung des Anfalls einer Gebühr, sondern nur für die Ermittlung des Zeitpunkts der Beendigung des Auftrags von Bedeutung ist.
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Ein Hinderungsgrund iSv Abs 4 S 1ist auch gegeben, wenn der Schuldner unbekannt verzogenoder nicht auffindbarist (vgl Nr 2 Abs 1 S 3 DB-GvKostG), sofern der Gläubiger in seinem Auftrag nicht zugleich im Ersuchen um Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners gem § 755 ZPO gestellt hat. Wenn der GV die Vollstreckungsunterlagen mit dem Hinweis „unbekannt verzogen“ zurückschickt und der Gläubiger daraufhin eine neue Adresse ermittelt und mitteilt, liegen dementsprechend zwei Aufträge vor.[35] Die Angabe der zutreffenden Anschrift liegt im Verantwortungsbereich des Auftraggebers. Dabei ist es unerheblich, ob der GV den Auftrag sofort zurückgibt, weil ihm bereits aus anderen Vorgängen bekannt ist, dass der Schuldner unter der angegebenen Anschrift nicht auffindbar ist oder ob er erst an Ort und Stelle feststellt, dass der Schuldner nicht zu ermitteln ist. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Anschrift des Schuldners so genau anzugeben, dass der GV die Wohnung des Schuldners ohne besondere Schwierigkeiten findet. Der GV ist nicht gehalten, ohne besonderen Auftrag die Wohnung des Schuldners umständlich und zeitraubend zu ermitteln. Unschwierige Ermittlungen kann der GV aber nicht ablehnen, zB die Erkundigung beim Nachbarn oder Hausmeister einer Wohnanlage.
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Für die Behandlung von unvollständigen oder fehlerhaften Aufträgenenthält Nr 2 Abs 1 S 1 DB-GvKostG nähere Behandlungshinweise. Soweit der Mangel behebbar ist, kann nicht ohne weiteres von einem Durchführungshindernis ausgegangen werden. Der Auftrag ist vielmehr mit dem Hinweis an den Auftraggeber zurückzuschicken, dass der Auftrag als abgelehnt zu betrachten sei, wenn er nicht bis zum Ablauf des auf die Rücksendung folgenden Monats ergänzt oder berichtigt zurückgereicht werde. Wird ein derartiger Hinweis erteilt und der Mangel nicht fristgerecht behoben, so gilt der Auftrag als durchgeführt mit den sich daraus ergebenden kostenrechtlichen Konsequenzen.[36] Der GV wird allerdings auf Antrag nach pflichtgemäßen Ermessen auch Fristverlängerungen gewähren dürfen.
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Fraglich war zunächst, ob das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft (früher eV-Verfahren) iSv Abs 4 S 1als durchgeführt gilt, wenn der Schuldner die Vermögensauskunft nicht abgibt und deswegen Haftbefehlergeht. Die Landesjustizverwaltungen hatten diese Frage in Nr 2 Abs 6 S 1 DB-GvKostG dahingehend beantwortet, dass das Verfahren nicht als durchgeführt gilt und sich nach der Verhaftung fortsetzt. Die Umsetzung dieser Regelung in die Praxis war wegen der möglichen langen Fristen nicht unproblematisch. Der Gesetzgeber hat in dieser Frage einen sinnvollen Kompromiss gefunden. Nach dem mit Art 19 OLGVertrÄndG neu eingefügten Satz 3 in Abs 4ist von einem neuen Auftrag auszugehen, wenn der Gläubiger den Verhaftungsauftrag nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten vorlegt. Die Frist beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der auf den Tag folgt, an dem der GV dem Gläubiger mitgeteilt hat, dass ein Haftbefehl erforderlich ist. Wenn der Gläubiger mit dem Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft zugleich bereits einen Haftbefehlsantrag gestellt hat, ist der Tag maßgebend, an dem der GV den Antrag des Gläubigers an das Amtsgericht weiterleitet. Zur Kostenberechnung in den Fällen des Abs 4bei Nichterscheinen des Schuldners im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft vgl im Einzelnen Nr IX ( Rn 35 ff) der Erl zu Nr 260 KV.
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