23
Ist eine Gebühr nicht vorgesehen, werden nur die entstandenen Auslagenerhoben. Dies war früher auch in den Verwaltungsbestimmungen ausdrücklich klargestellt (Nr 1 Abs 4 GVKostGr aF). In der Neufassung der DB-GvKostG haben die Länder auf einen entsprechenden Hinweis zwar verzichtet, die Rechtslage ändert sich hierdurch jedoch nicht. In der Rechtsprechung wird neuerdings teilweise die Auffassung vertreten, dass Auslagen nur abgerechnet werden dürften, wenn ein Gebührentatbestand ausgelöst sei.[7] Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Das GvKostG kennt einen derartigen Grundsatz nicht. Auslagen sind anzusetzen, wenn der Auslagentatbestand nach Nrn 700 bis 716 KV GvKostG erfüllt und ein Kostenschuldner vorhanden ist.
24
Die eine spätere gebührenerzeugende Amtshandlung vorbereitende Tätigkeitdes GV ist noch keine Amtshandlung.
25
Zu den Tätigkeiten des GV des GvKostG gehören aber auch die mit den ausdrücklich übertragenen Geschäften verbundenen Nebengeschäfte. Hierzu gehören zB
1. |
die Einholung einer Auskunft zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners (§ 755 ZPO),[8] |
2. |
das Ersuchen an die Polizei um Unterstützung bei Widerstand (§ 758 Abs 3 ZPO), |
3. |
das Zuziehen von Zeuginnen oder Zeugen und Sachverständigen (§ 759, § 813 ZPO), |
4. |
die zu den Amtshandlungen gehörenden Mitteilungen, Aufforderungen, Zustellungen und Postsendungen (vgl zB Nr 11 Abs 1 S 2 DB-GvKostG), |
5. |
die Umschreibung eines auf den Namen lautenden Wertpapiers auf den Namen des Käufers und die Wiederinkurssetzung eines gepfändeten Inhaberpapiers (§ 822, § 823 ZPO), |
6. |
die Rückgabe gepfändeter Wertgegenstände, |
7. |
die Annahme, das Quittieren, Abliefern oder Hinterlegen gepfändeten oder erlösten Geldes. |
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Die Nebengeschäfte werden grds, dh soweit nicht dafür eine besondere Gebühr vorgesehen ist (zB in Nr 430oder Nrn 440, 441, 442 KV), durch die für das Hauptgeschäft vorgesehenen Gebühren abgegolten. Das schließt aber nicht aus, dass die für die Nebengeschäfte verwandte Zeit bei der Berechnung der Gebühr für das Hauptgeschäft berücksichtigt wird; vgl Nr 15 DB-GvKostG.
XI. Landesrechtliche Zuständigkeiten
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Das GvKostG enthält außer den Kostenbestimmungen für die Geschäfte, die dem GV durch Bundesrecht und damit bundeseinheitlich übertragen sind, Gebührenbestimmungen für eine ganze Reihe von Geschäften, für die der GV nur in einzelnen Bundesländernkraft Landesrechts sachlich zuständig ist. Solche Geschäfte sind zB:
1. |
öffentliche Verpachtung an den Meistbietenden ( Nr 301 KV), |
2. |
tatsächliches Angebot einer Leistung ( Nr 410 KV), |
3. |
Beurkundung des Leistungsangebots (Nr 411 KV), |
4. |
Siegelungen und Entsiegelungen (§ 12 Abs 1), |
5. |
Aufnahme von Vermögensverzeichnissen (§ 12 Abs 1), |
6. |
Mitwirkung als Urkundsperson bei der Aufnahme von Vermögensverzeichnissen (§ 12 Abs 1), |
7. |
Empfangnahme der Wechsel- oder Schecksumme. |
XII. Verfahren des GV bei fehlender sachlicher Zuständigkeit
28
Aus § 1iVm den einzelnen Gebührenbestimmungen darf nicht der Schluss gezogen werden, dass Kosten in jedem Falle und ohne Rücksicht auf die sachliche Zuständigkeit des GV entstehen, wenn dieser nur ein Geschäft wahrgenommen hat, für das im GvKostG eine Gebühr bestimmt ist. War der GV für ein von ihm vorgenommenes Geschäft weder nach Bundes- noch nach Landesrecht sachlich zuständig, so werden Kosten nicht erhoben (dh weder Gebühren noch Auslagen). Es entsteht also von vornherein überhaupt kein Kostenanspruch der Staatskasse – anders als bei sonstigen Fällen unrichtiger Sachbehandlung ( § 7). Dies war früher in § 2 aF ausdrücklich gesetzlich klargestellt. Die gesetzliche Klarstellung ist vom Gesetzgeber mit der Begründung gestrichen wurden, dass es einer ausdrücklichen Bestimmung hierfür nicht bedürfe. Der Auftrag ist ohne Kostenberechnung an die zuständige Stelle weiterzuleiten, soweit dies ohne Schwierigkeiten geschehen kann. In den übrigen Fällen sendet der GV den Auftrag dem Auftraggeber mit einer entsprechenden Mitteilung zurück.
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Auslagen, die dem GV bei der Ausführung eines Auftrags entstehen, für den er sachlich nicht zuständig war, können aus der Staatskasse nicht ersetzt werden.
XIII. Nicht erfasste Nebentätigkeiten des GV
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Nicht unter das GvKostG fallen solche Tätigkeiten, die der GV nicht in seiner amtlichen Eigenschaft, sondern als Nebentätigkeit ausübt, auch wenn ihm die Nebentätigkeit durch ein Gericht übertragen worden ist. Hierher gehört zB das Amt des Sequesters.[9] Der Sequester ist kein Vollstreckungsorgan im Sinne der ZPO. Er hat keine Zwangsbefugnisse gegenüber dem Schuldner. Wegen der Abgrenzung der Obliegenheiten, die dem GV bei einer Sequestration als Vollstreckungsorgan, also in amtlicher Eigenschaft, zufallen, vgl § 125, § 154 Abs 2, 3 GVGA.
XIV. Tätigkeit als Sequester
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Die Wegnahme des Sequestrationsobjektes fällt in den hoheitlichen Bereich der Vollstreckung und obliegt dem GV kraft seines Amtes. Mit der Übergabe an den Sequester ist die Vollziehung beendet (§ 154 Abs 2 GVGA); zugleich beginnt die Sequestration. Sie umfasst die Sicherstellung, Verwahrung und Verwaltung der Sache und ist keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, sondern beruht auf einem privatrechtlichen Sequestrationsvertrag.[10] Soweit der GV danach bei der Sequestration als amtliches Vollstreckungsorgan tätig wird, gelten uneingeschränkt die Vorschriften des GvKostG. Es darf zB von der Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt ist, kein Vorschuss nach § 4verlangt werden.
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Handelt es sich jedoch um eine über den Rahmen der amtlichen Vollstreckungstätigkeit hinausgehende Nebentätigkeit, so richtet sich die Vergütung, die dem GV in diesem Fall in vollem Umfange selbst zufließt, nicht nach den Kostenvorschriften. Sie unterliegt vielmehr der freien Vereinbarung.Durch die Bestellung des GV zum Sequester werden Rechtsbeziehungen zwischen dem Gericht und dem Sequester nicht begründet. Das Rechtsverhältnis des Sequesters zu den Parteien hat rein privatrechtlichen Charakter. Der GV muss sich daher wie jeder andere Sequester in solchem Falle wegen der Kosten (Vergütung und Auslagen) allein an den Gläubiger halten. Die Landeskasse oder der Antragsgegner haften hierfür nicht.[11] Der GV ist als Sequester zu entschädigen, wenn eine Sache gemäß der Anordnung des Prozessgerichts an den GV als Sequester herauszugeben ist. Die Entschädigung erfolgt in der Regel in Anlehnung an die Vergütung eines Zwangsverwalters[12] (vgl §§ 17 ff der Zwangsverwalterverordnung vom 19.12.2003 – BGBl I, S 2804). Sie richtet sich nach dem Wert der Sache und dem durch die Sequestration erforderten Zeitaufwand.[13] War im Einzelfall nur eine Verwahrung und keine Verwaltung der Sache notwendig, so wird dadurch nur die Höhe der Vergütung, nicht die Sequestration als solche beeinflusst.[14] Für die Festsetzung ist der Richter des in der Hauptsache zuständigen Prozessgerichts zuständig.[15]
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Die Unterscheidung zwischen (hoheitlicher) GV-Tätigkeit und (privatrechtlicher) Sequestration ist auch für die Haftung des GV gegenüber dem Auftraggeber von Bedeutung. Bei pflichtwidrigem Handeln des GV als Vollstreckungsorgan tritt die Amtshaftung des Staates ein, bei pflichtwidrigem Handeln des Sequesters hingegen haftet der GV persönlich auf Grund des privatrechtlichen Vertrages.
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