[82]
Stöhr in: FS Müller, S. 180; Molitoris NJW 2009, 1049 (1051); Lenz Produkthaftung § 4 Rn. 44. Das gilt auch dann, wenn man – entgegen Molitoris ebd. – davon ausgeht, dass die Rechtsprechung vor der Pflegebetten-Entscheidung deliktsrechtliche Rückrufpflichten von Herstellern gefährlicher Produkte annahm.
[83]
Sie sind also darauf gerichtet, dass die vom Produkt ausgehenden Gefahren für die in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter ( BGH NJW 2009, 1080 Rn. 19), d.h. im Pflegebettenfall die Gefahren für die Gesundheit der Betroffenen, „möglichst effektiv beseitigt werden“ ( BGH NJW 2009, 1080 Rn. 17).
[84]
So dass für den „b2b“-Bereich ( Klindt BB 2009, 792, 794) eine (für den Abnehmer) kostenfreie Rückrufaktion in der Regel zum Rechtsgüterschutz nicht erforderlich sein wird.
[85]
Stöhr in: FS Müller, S. 180, unter Hinweis darauf, dass es derartige Fälle waren, in denen Zivilgerichte eine Verpflichtung des Herstellers zur Durchführung einer Rückruf- und Austauschaktion bejahten.
[86]
Also für den „b2c“-Bereich ( Klindt BB 2009, 792, 794). Zur Abgrenzung von Verbraucherprodukten („b2c“-Produkten), die nach § 2 Nr. 26 ProdSG verschärften Sicherheitsanforderungen unterliegen, und „b2b“-Produkten siehe Gauger/Hartmannsberger NJW 2014, 1137 f. mit Hinweis auf das Phänomen der „Produktimmigration“, d.h. den Umstand, „dass zunehmend orginär für den gewerblichen Bereich vorgesehene Produkte im Privatbereich benutzt werden“.
[87]
Näher dazu Hager in: Staudinger, § 823 BGB F25. Entsprechend wird praxisbezogen für die „Produkt-Compliance“ eine „Installation von Handlungsroutinen für den Krisenfall, namentlich Rückrufaktionen und Gefahreninformationen an Verwender des Produktes“ empfohlen (so Wessing/Dann Compliance Rn. 125).
[88]
BGH NJW 2009, 1080 (1081 Rn. 13). Näher dazu Kuhlen in: FS Eser, S. 364 ff. Die Interessenabwägung , um die es dabei geht, wird zwar von Schünemann in: FS Amelung, S. 318 als „ökonomische Analyse des Rechts“, die „im Strafrecht am nullum-crimen-Satz scheitert“, eingestuft, ist aber tatsächlich für die Bestimmung zivil- wie strafrechtlicher Pflichten unabdingbar. Vgl. dazu nur Kuhlen Produkthaftung, S. 93 ff.; Mayer PharmaR 2008, 236 (252) jeweils m.w.N. Zur Frage der objektiven Zurechenbarkeit trotz Warnungen vor der Produktgefährlichkeit siehe unten Rn. 62 ff.
[89]
Näher dazu BGHSt 37, 106 (121 ff.) Weitere Entscheidungen zur Rückrufpflicht des Herstellers bei Tamme Rückrufkosten, S. 61 ff.
[90]
Bodewig Rückruf, S. 214; Kuhlen in: FS Eser, S. 367 f.
[91]
LG Frankfurt/M. Urteil vom 25.5.1993 – U5/26 Kls 65 Js 8793/84, S. 344.
[92]
BGHSt 37, 106 (114).
[93]
Vgl. Kuhlen WiVerw 1991, 181 (244 ff.).
[94]
BGHSt 37, 106 (120). Dazu Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rn. 941.
[95]
BGHSt 37, 106 (123). Diese Ressortverteilung ist auch für die Pflichtenbestimmung relevant; vgl. dazu Hellmann/Beckemper Wirtschaftsstrafrecht Rn. 928 f. m.w.H.
[96]
BGHSt 37, 106 (124); näher – und kritisch – dazu Dreher ZGR 1992, 22 (43 ff.); vgl. auch Bode in: FS BGH, S. 525 ff.; Große Vorholt Wirtschaftsstrafrecht Rn. 41 ff., 54 ff.; Wessing II Produkthaftung, Rn. 144 ff.
[97]
BGHSt 37, 106 (125).
[98]
BGHSt 37, 106 (126).
[99]
Schmid Produkthaftung, Rn. 87; Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, § 15 Rn. 218; BGH Urteil vom 21.12.2005 NJW 2006, 522 (527) (Mannesmann) nimmt, allerdings in einem besonders gelagerten Fall, Mittäterschaft des sich Enthaltenden an. Dagegen Ransiek NJW 2006, 814 (816); Knauer/Kämpfer Unternehmen Rn. 73 ff.; van Weezel Beteiligung S. 279 f. Vgl. auch LG Berlin Urteil vom 8.10.2003 ZIP 2004, 73 (76); Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Rn. 348; Momsen Haftungsstrukturen Rn. 21.
[100]
Winkelbauer Handbuch, § 82 Rn. 30 m.w.H. Gegen Mittäterschaft in diesem Fall van Weezel Beteiligung, S. 279 f.
[101]
Winkelbauer Handbuch, § 82 Rn. 29; Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, § 15 Rn. 218; Krekeler/Werner Unternehmer Rn. 62, jeweils m.w.H. Zur Problematik geheimer Abstimmungen s. Mansdörfer in: FS Frisch, S. 317 ff., zur parallelen Frage bei der Rechtsbeugung (durch Mitwirkung an Entscheidungen von Kollegialgerichten) s. Kuhlen in: NK-StGB, § 339 Rn. 83 ff., jeweils m.w.H.
[102]
Dazu Winkelbauer Handbuch, § 82 Rn. 30; Schmid Produkthaftung, Rn. 88; Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, § 15 Rn. 218; A lexander Verantwortlichkeit, S. 163 ff.; Greeve/Leipold Baustrafrecht § 5 Rn. 27 f.; Böse wistra 2005, 41 (42 ff.); Knauer/Kämpfer Unternehmen Rn. 71 f.; Krekeler/Werner Unternehmer Rn. 67 ff.; Große Vorholt Wirtschaftsstrafrecht Rn. 86 ff.; Raum Grundsätze Rn. 31 f.; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Rn. 358; Voigtel Produkthaftung, Rn. 64.
[103]
So zu Recht Ransiek ZGR 1999, 613 (648). BGH NStE Nr. 5 zu § 223 StGB – Mandelbienenstich – hat dementsprechend klargestellt, dass zwei Angeklagte, die pflichtgemäß für eine umfassende Warnaktion votiert hatten, aber überstimmt worden waren, nicht verpflichtet waren, „die von ihnen befürwortete Maßnahme gegen den erklärten Willen der Geschäftsführung selbst durchzusetzen“.
[104]
So etwa Winkelbauer Handbuch, § 82 Rn. 30; Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, § 15 Rn. 218; Knauer/Kämpfer Unternehmen Rn. 72.
[105]
Denn auch wenn die Entscheidung der Geschäftsleitung zu einem aktiven Tun führt (Fortsetzung des Inverkehrbringens gefährlicher Produkte), so ist der Dissentierende an ihr doch nicht beteiligt.
[106]
Vgl. Fleischer BB 2004, 2645 (2646 ff.).
[107]
Freilich führt auch deren Verletzung keineswegs automatisch zu einer Strafbarkeit aus dem jeweiligen unechten Unterlassungsdelikt. Vielmehr wird zum einen der Nachweis der Quasikausalität oft nicht zu führen sein (hätte sich beispielsweise der im Vorstand Überstimmte gegenüber dem Aufsichtsrat mit seiner Auffassung durchsetzen können?), so dass allenfalls Versuch in Frage kommt. Zum anderen wird i.d.R. gegenüber der das Geschehen prägenden Mehrheitsentscheidung nur eine durch Unterlassen begangene Beihilfe in Betracht kommen.
[108]
Die unternehmensbezogene Betrachtung darf also nicht nur zur Begründung, sie muss vielmehr auch zur Begrenzung der den einzelnen treffenden Pflichten herangezogen werden. Ebenso Dannecker/Dannecker JZ 2010, 981 (992).
[109]
Zutreffend Böse wistra 2005, 41 (42 ff.); Otto in: FS Schroeder, S. 348 f.; Raum Grundsätze Rn. 32. Diese Auffassung entspricht BGHSt 37, 106 und dürfte herrschend sein. Keine Beschränkung auf echte Unterlassungsdelikte findet sich etwa bei Schmid Produkthaftung, Rn. 88 f.; Winkelbauer Handbuch, § 82 Rn. 30; Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, § 15 Rn. 218.
[110]
BGHSt 57, 42 (Mobbing) mit Anm. Bülte NZWiSt 2012, 176; Kuhn wistra 2012, 297; Kudlich HRRS 2012, 177; Mansdörfer/Trüg StV 2012, 432; Roxin JR 2012, 305; Schlösser NZWiSt 2012, 281; Schramm JZ 2012, 969.
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