Nach § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB in der ab dem 13.12.2014 geltenden Fassung wird bestraft, wer als Lebensmittelunternehmer im Sinne von Art. 8 VO (EU) Nr. 1169/2011 oder Importeur § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verletzt, indem er Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die spezifischen Anforderungen der VO (EU) Nr. 1169/2011 zum Schutz vor Irreführung und Täuschung nicht entsprechen, in den Verkehr bringt oder allgemein oder im Einzelfall dafür wirbt.
313
§ 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGBverbietet den Verkehr von Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1, auch i.V.m. Abs. 4 VO (EU) Nr. 1169/2011, nicht entsprechen, weil sie irreführend sind. Diese Irreführung kann nach Art. 7 Abs. 1 lit. a VO (EU) Nr. 1169/2011 die Eigenschaften des Lebensmittelsbetreffen, insbesondere seine auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, sein Ursprungsland oder seinen Herkunftsort sowie die Methode der Herstellung oder Erzeugung. Sind diese Angaben geeignet, beim Verbraucher einen Irrtum herbeizuführen, so sind sie irreführend. Ferner dürfen Lebensmittel nach Art. 7 Abs. 1 lit. b VO (EU) Nr. 1169/2011 keine Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, die sie nicht besitzen; es darf nach Art. 7 Abs. 1 lit. c VO (EU) Nr. 1169/2011 nicht zu verstehen gegeben werden, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen, insbesondere durch besondere Hervorhebung des Vorhandenseins oder Nicht-Vorhandenseins bestimmter Zutaten und/oder Nährstoffe. Schließlich darf nicht durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellung das Vorhandensein eines bestimmten Lebensmittels oder einer Zutat suggeriert werden, obwohl tatsächlich in dem Lebensmittel ein von Natur aus vorhandener Bestandteil oder eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch einen anderen Bestandteil oder eine andere Zutat ersetzt wurde.
Das Verbot und damit auch die Strafbarkeit bei seiner Verletzung gilt auch dann, wenn die Irreführung nicht durch die Angaben zum Lebensmittel selbst, sondern allein durch die Werbung(Art. 7 Abs. 4 lit. a VO (EU) Nr. 1169/2011) oder durch die Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere durch ihre Form, ihr Aussehen oder ihre Verpackung, die verwendeten Verpackungsmaterialien, die Art ihrer Anordnung oder den Rahmen ihrer Darbietung erfolgt (Art. 7 Abs. 4 lit. b VO (EU) Nr. 1169/2011).
314
§ 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGBverbietet es, ein Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, das insofern täuschungsgeeignetist, als die Informationen auf dem Lebensmittel oder auch seine Aufmachung (Art. 7 Abs. 4 lit. b VO (EU) Nr. 1169/2011) dem Lebensmittel die Eigenschaft zuschreiben oder den Eindruck entstehen lassen, das Lebensmittel könne der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung menschlicher Krankheiten dienen (Art. 7 Abs. 3 VO (EU) Nr. 1169/2011). Ausnahmen von diesem Verbot können nach den Unionsvorschriften über natürliche Mineralwässer und über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, gelten.
315
§ 11 Abs. 1 Nr. 3 LFGBweitet dieses Verbot auch auf freiwillige Angabenauf Lebensmitteln aus, so dass § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB damit Art. 36 Abs. 2 lit. a VO (EU) Nr. 1169/2011 mit Strafe bewehrt.
316
§ 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGBerfasst Fälle, in denen das Lebensmittel nicht im Sinne von Art. 14 Abs. 1, 2 lit. b BasisVO als unsicher anzusehen, aber doch für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist (sog. Ekelfälle).[105] Hierbei muss es sich um Lebensmittel handeln, die äußerlich unverändert sind, aber aufgrund ihrer Herstellungs-, Behandlungs- oder Lagerungsumstände (typischerweise wegen hygienischer Mängel)[106] nach der Verkehrsauffassung und aufgrund objektiver Anhaltspunkte beim Verbraucher, an den sich das Angebot im Allgemeinen richtet, Ekel oder Widerwillen auslösen würde, wenn er um diese Umstände wüsste.[107] Häufiger Anwendungsfall ist die Lagerung von Backwaren in der Nähe von Mäusekot.[108] Auf diese Weise unterscheidet sich die Verbotsmaterie von der des Art. 14 Abs. 1, 2 lit. b BasisVO, der die fehlende Eignung aufgrund einer schädigenden Einwirkung auf die Substanz (Fäulnis, Kontamination, Zersetzung etc.) erfordert und ein entsprechendes Verkehrsverbot normiert.[109] Die Verzehrungeeignetheit kann aufgrund dieser Begriffsbestimmung nicht durch entsprechende Hinweise beseitigt werden.[110]
317
Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB und im Sinne des Täuschungsschutzes muss das Verbot des Inverkehrbringens auch dann gelten, wenn andere als hygienische Mängel auftreten, die dazu führen, dass ein Verbraucher das Erzeugnis nicht kaufen würde, wenn er um die Bedingungen wüsste, unter denen die Waren hergestellt oder gelagert worden sind. Gorny [111] umschreibt den hier zugrundliegenden Gedanken der Vorschrift mit den Worten „Wenn das der Verbraucher wüsste …“ .[112] Danach führen etwa erhebliche Verstöße gegen Tierschutzvorschriften bei der Tierhaltung in einem Schlachthof oder bei dem Transport von Tieren dazu, dass die Fleischerzeugnisse nicht mehr verkehrsfähig sind und der Verkauf mit Strafe bedroht ist.[113]
318
§ 11 Abs. 2 Nr. 2 LFGBbasiert im Wesentlichen auf den Täuschungsverboten des Art. 16 BasisVO und integriert diese in das nationale Recht. Die Regelung betrifft bestimmte irreführende, nämlich nachgemachte, wertgeminderte und geschönte Lebensmittel:
319
Nachmacheneines Lebensmittels (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 lit. a LFGB) ist das Nachbilden eines handelsüblichen, also echten Lebensmittels. Das nachgemachte Lebensmittel weist nur den äußeren Eindruck, nicht aber das Wesen und den inneren Gehalt des echten Lebensmittels auf, weil es ganz oder zum Teil aus anderen Stoffen besteht,[114] wobei die Eignung zur Täuschung ausreicht, um den Tatbestand zu erfüllen. Das nachgemachte Lebensmittel muss keinen wirtschaftlichen Minderwert aufweisen.[115] Das Nachmachen, das den Täuschungscharakter schon bei der Herstellung in sich trägt, ist vom schlicht unrichtigen Bezeichnenzu unterscheiden.[116]
320
Durch seine Beschaffenheit weichtein Lebensmittel von der Verkehrsauffassung ab(§ 11 Abs. 2 Nr. 2 lit. b LFGB), wenn nach der Ansicht des relevanten Verkehrskreises eine Differenz zwischen Soll- und Ist-Beschaffenheit besteht.[117] Diese Abweichung muss zu einer nicht unerheblichen Wertminderung, insbesondere durch geringeren Nährwert, Genusswert oder eine eingeschränkte Brauchbarkeit, führen.[118] Das minderwertigeLebensmittel ist anders als das nachgemachte Lebensmittel kein aliud, sondern grundsätzlich artgleich, aber minderwertig.[119]
321
Ein Lebensmittel ist geeignet, den Anscheineiner besseren als der tatsächlichen Beschaffenheitzu erwecken (§ 11 Abs. 2 Nr. 2c LFGB), es ist also geschönt, wenn es zwar qualitativ grundsätzlich einwandfrei ist, jedoch mit dem Schein des optisch, olfaktorisch oder gustatorisch Höherwertigen versehen wurde.[120] Die Wertigkeit eines Lebensmittels ist grundsätzlich nach der Verkehrsauffassung zu bestimmen; oftmals wird hier eine wirtschaftliche Minderwertigkeit bestehen.[121]
322
Nach § 59 Abs. 1 Nr. 8 LFGB wird bestraft, wer ein Lebensmittel in den Verkehr bringt, das zwar nicht gesundheitsschädlich, jedoch für den Verzehr durch Menschen ungeeignet ist und nicht dem Verbot von Art. 14 Abs. 1, 2 lit. b BasisVO unterliegt.
323
Читать дальше