b) Regulierung von Eigentums- und Nutzungsrechten
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Weitere Compliance-Aspekte unabhängig von Statusfragen ergeben sich darüber hinaus bei nahezu allen Einsätzen von Fremdpersonal, in deren Rahmen Selbstständige hochspezialisierte Tätigkeiten erbringen und in diesem Rahmen an Entwicklungen beteiligt sind, die im weitesten Sinne intellektuellen Schutzrechtenwie etwa Urheber- oder Patentrechten unterliegen können. Ein Beispiel hierfür bildet etwa die Softwareentwicklung oder die Beteiligung an sonstigen Entwicklungsprozessen beispielsweise im Rahmen der Fertigung hochspezialisierter Bau- und Einzelteile. In derartigen Fällen kommt es unter Compliance-Gesichtspunkten oftmals nicht nur auf Statusfragen an, dagegen spielt die vertragliche Regulierungder Eigentums- und Nutzungsrechte an den jeweiligen Werkleistungen oftmals sogar eine entscheidende Rolle.
c) Keine Beschränkung auf Statusfragen
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Bei allem berechtigten Fokus der (Schein-)Selbstständigen-Compliance auf Statusfragensollten derartige weitere compliance-relevante Bereiche in der Praxis jedenfalls nicht ausgeblendet werden. Wenn dies – ganz pauschal – vor allem in den Fällen gilt, in denen Selbstständige hochspezialisierte Tätigkeiten verrichten, hat die Übersicht gerade über die Tätigkeiten von Solo-Selbstständigen und ihre regelmäßigen Einsatzgebiete gezeigt, dass dies sogar die Mehrzahl der Selbstständigen-Einsätze betrifft (vgl. Rn. 11 ff.).
[1]
Für den Bereich des Interim-Management vgl. Buschbaum/Klösel NJW 2012, 1482, 1484 f.
1. Teil Problemaufriss: Contractor Compliance› III. Eckpfeiler einer Contractor Compliance
III. Eckpfeiler einer Contractor Compliance
50
Insgesamt ist die Einführung einer effektiven Contractor Compliance mit zahlreichen rechtlichen, aber auch praktischen und organisatorischen Herausforderungen verbunden. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen lassen sich die notwendigen Eckpunkte einer derartigen Contractor Compliance ganz grob wie folgt umreißen:
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Risikoanalyse , d.h. Evaluierung der Haftungs- sowie weiterer Compliance-Risiken in Anbetracht des Umfangs des geplanten oder vollzogenen Outsourcings etc. |
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Fallanalyse , d.h. Feststellung der praktischen Umsetzbarkeit eines geplanten Fremdpersonaleinsatzes auf Basis von Dienst- oder Werkverträgen in Anbetracht der konkreten Tätigkeiten etc. |
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Vertragsmanagement , d.h. Entwurf von Musterverträgen einschließlich etwaiger spezifischer Regelungen zur Regulierung von Statusfragen und weiterer compliance-relevanter Aspekte etwa aus den Bereichen Haftung oder IP etc. |
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Fallmanagement , d.h. Implementierung von Überwachungs- und Kontrollsystemen zur Umsetzung der Verträge in der betrieblichen Praxis sowie ggf. weiterer Mechanismen etwa zur Koordinierung des Fremdpersonaleinsatzes an Schnittstellen zu eigenen Arbeitnehmern und/oder Betriebsmitteln (z.B. Ticketsysteme oder sonstige Repräsentantenmodelle, Mietmodelle) etc. |
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Rechtsmanagement , d.h. Evaluierung des rechtlichen Rahmens anhand neuerer Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung etc. |
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Trotz dieser zahlreichen Herausforderungen für eine effektive Contractor Compliance lassen nicht zuletzt die aktuelle rechtspolitische Debatte zu Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung sowie die letzten Entwicklungen in der Gesetzgebung den Schluss zu, dass die genannten Compliance-Risiken im Zusammenhang mit einem „Missbrauch von Werkverträgen“ in Zukunft weiter steigen werden. Deshalb haben zahlreiche Unternehmen auch bereits erkannt, dass der Aufbau einer effektiven Contractor Compliance bzw. die Integration dieser Aspekte in bestehende Compliance-Organisationen unerlässlich ist. Davon ausgehend sollen die folgenden Kapitel aus arbeits-, sozialversicherungs-, straf-, steuer- und zivilrechtlicher Perspektive einen interdisziplinären Überblick über das Thema Contractor Compliance und die damit verbundenen Einzelaspekte geben und hiermit einen möglichst umfassenden Leitfaden zur Entwicklung und Implementierung einer derartigen Contractor Compliance in der Praxis liefern.
2. Teil Der Arbeitgeberbegriff in der deutschen Rechtsordnung
2. Teil Der Arbeitgeberbegriff in der deutschen Rechtsordnung› 1. Kapitel Definition des arbeitsrechtlichen Arbeitgeberbegriffs
1. Kapitel Definition des arbeitsrechtlichen Arbeitgeberbegriffs
Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
II. Abgrenzungskriterien
III. Tatsächliche Durchführung
IV. Wertende Gesamtbetrachtung
V. Umgehungsmodelle: „Ein-Mann-GmbH“ und Vorratserlaubnis
VI. Fazit
Literatur:
Baeck/Winzer Drittpersonaleinsatz: Risiko der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Auftraggeber, NZA 2015, 269; Brors/Schüren Neue gesetzliche Rahmenbedingungen für den Fremdpersonaleinsatz, NZA 2014, 569; Forst Arbeitnehmer – Beschäftigte – Mitarbeiter, RdA 2014, 157; Gaul/Hahne Der Versuch des Gesetzgebers zur Kennzeichnung von Arbeitnehmern, Leiharbeitnehmern und sonstigem Fremdpersonal durch § 611a BGB, BB 2016, 58; Greiner Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung – Abgrenzungsfragen und aktuelle Rechtspolitik, NZA 2013, 697; ders. „Personalhoheit“ als Schlüsselbegriff zur Abgrenzung von echtem Fremdpersonaleinsatz und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung, RdA 2014, 262; Lembke Der Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen freier Mitarbeit, Werkverträgen und Leiharbeit, NZA 2013, 1312; Maschmann Fremdpersonaleinsatz im Unternehmen und die Flucht in den Werkvertrag, NZA 2013, 1305; Rieble Industrienahe Dienstleistungen zwischen freiem Werkvertrag und regulierter Arbeitnehmerüberlassung, ZfA 2013, 137; Richardi „Scheinselbstständigkeit“ und arbeitsrechtlicher Arbeitnehmerbegrifff, DB 1999, 958; van Vernrooy Missbrauch des Dienstverschaffungsvertrags – Selbstständigen „Contracting“ – ein Irrweg, NZA 2011, 670; Willemsen/Mehrens Beabsichtigte Neuregelung des Fremdpersonaleinsatzes – Mehr Bürokratie wagen?, NZA 2015, 897.
2. Teil Der Arbeitgeberbegriff in der deutschen Rechtsordnung› 1. Kapitel Definition des arbeitsrechtlichen Arbeitgeberbegriffs› I. Einführung
1
In der deutschen Arbeitsrechtsordnung sind mit der Stellung als Arbeitgeber zahlreiche arbeitsrechtliche Pflichten verbunden, die in den meisten Fällen eines Einsatzes von Fremdpersonal gerade vermieden werden sollen.[1] Dennoch wird der Begriff des Arbeitgebers durch das Gesetz an keiner Stelle definiert, sondern lediglich stillschweigend vorausgesetzt. Mit Blick auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung bestehen allerdings allgemein anerkannte Begriffsdefinitionen, wonach derjenige Arbeitgeber ist, der „mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt“[2] bzw. „die Leistung von Arbeit von einem Arbeitnehmer kraft Arbeitsvertrag verlangen kann und zugleich Schuldner des Vergütungsanspruchs ist“.[3] Der Begriff des Arbeitgebers wird demnach mittelbar über den Arbeitnehmerbegriff definiert; weitere materielle Erfordernisse wie in etwa Eigentum an Betriebsmitteln oder das Vorhandensein einer Betriebsstätte bestehen nicht.[4]
2
Für den Einsatz von Fremdpersonal bedeutet dies, dass eine Arbeitgeberstellung des Einsatzunternehmens nur dann vermieden werden kann, wenn das eingesetzte Fremdpersonal in rechtlicher Hinsicht nicht als Arbeitnehmer des Einsatzunternehmens zu qualifizieren ist. Eine derart unfreiwillige Arbeitgeberstellung kann aus zwei verschiedenen Konstellationen resultieren:
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