Die Behandlung
Die Behandlung ist im Ursinn des Wortes ein Tätigsein der Hand und durch die Berührung des Körpers gleichsam der Ausdruck für ein Überfließen des Emotionalen. Das Unbewusste, das Vegetative der Behandelnden und der von ihr Behandelten sind gleichsam in Kommunikation. Die Fühlung von Hand zum Körper des anderen Menschen ist vom gegenseitigen Wesen und Wollen getragen und ist unausgesprochen im Stillen spürbar. Denn wenn Sie anderen Menschen helfen, sie unbewusst geleiten und führen wollen, dann müssen Sie mit ihnen Fühlung haben, körperlich und seelisch. Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass die Frau, vor allem als Mutter, heilende Hände hat, die geradezu eine Suggestivwirkung auszuüben vermögen, entweder beruhigend, ausgleichend, heilend oder aber anregend, belebend, Stärke, Kraft und Mut spendend. Das Mysterium heilender Hände spielt schon in den ursprünglichsten Heilverfahren eine grundlegende und bedeutende Rolle zu Zeiten, als Arzttum und Priesterschaft noch in einer Person vereint waren.
Hand-Massage
Was die ruhige und entspannte Art der Behandlung und das bewusst und gezielt geführte Gespräch somit vorbereiten, das kann Ihre Massage unmittelbar psychosomatisch vollenden. Die rein somatische Einflussnahme ist bei der Massage von Hand durch den Druck, den Arbeitsfluss, durch die Zügigkeit und den systematischen Aufbau der Griff- und Partiefolge gegeben. Bei der Berührung eines anderen Körpers mit der Hand fließt ein galvanischer Strom, der messbar und daher physikalisch nachweisbar ist. Außerdem kommt es zu einer Intensivierung des Lymph- und Blutstromes. Es tritt eine Temperaturerhöhung vor allem in verkrampften Muskel- und Gewebepartien ein, eine Rötung, eine erhöhte Perspiration.
Pulsfrequenz
Der gleich bleibende Rhythmus und das schnellere oder langsamere Tempo der Massage beeinflussen physiologisch die Frequenz des Pulsschlages. Sie wissen sicher, dass Sie durch die Massage die Pulsfrequenz messbar verlangsamen oder beschleunigen können. Dabei bewirkt eine Erhöhung der Pulsfrequenz meist einen erhöhten Erregungszustand, eine Stimulation, während eine Verminderung des Pulsschlages ein Gefühl der Müdigkeit und des Schlafbedürfnisses hervorruft.
Der Suggestivgriff
Andererseits können Sie entspannend und lösend im neurovegetativen Sinne auf Ihre Klientin einwirken, indem Sie den so genannten Suggestivgriff anwenden: Sie beginnen mit beiden Händen an der Nasenwurzel, streichen über die Stirn zu den Schläfen, wo sie beherzt nach abwärts-auswärts drücken, um anschließend unterhalb der Augen über das Jochbein zur Nasenwurzel zurückführen. Diesen Griff machen Sie gegen Ende der Massage jeweils dreimal hintereinander, lediglich unterbrochen durch allgemeine streichende oder knetende Massagegriffe der Stirne, der Schläfen oder Augenpartien. Sie rufen damit ein ausgesprochen angenehmes Gefühl, ein Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf hervor. Ihre Klientin ist in diesem Zustand eines entspannten Wachens oder Halbschlafs im Unbewussten besonders aufnahmefähig und ansprechbar. Wenn Sie ihr nun ganz ruhig sagen, dass sie sich eine Viertelstunde vollkommen entspannt ausruhen oder sogar schlafen kann, dann folgt Ihre Klientin meist von sich aus, dem eigenen Wunsch entsprechend Ihrem Hinweis, der in Wirklichkeit eine leichte Suggestion darstellt.
Schönheitsschlaf
Nach diesem suggerierten Kurzschlaf, einem äußerst wertvollen und unersetzbaren psychischen Behandlungsmoment, zeigen Sie Ihrer Klientin im Spiegel, wie gut erholt und schön entspannt sie nunmehr aussieht. Dieses kleine Selbsterlebnis wird wohl bewusst, aber noch viel stärker im Unterbewusstsein intensiv aufgenommen und es wirkt sich auf den Gesamterfolg Ihrer Behandlung – physisch für das Erscheinungsbild und psychisch für das Selbstwertgefühl – besonders vorteilhaft und vor allem nachhaltig aus.
Psycho-Synthese
Die komplexe Einflussnahme der verschiedenen Behandlungsstadien und Möglichkeiten in der Kosmetik möchte ich im Gegensatz zur Psychoanalyse Psychosynthese nennen: Denn, wenn wir abschließend kurz wiederholen, so bleiben die Prozesse der ersten Begegnung zunächst noch vollkommen im Unbewussten, im Emotionalen verborgen. Es bahnt sich eine dialogische Partnerschaft zwischen Ihnen als Behandelnder und Ihrer Klientin als der für Ihre Behandlung Aufgeschlossenen an. Das Gespräch führt in ein gegenseitiges Erkennen und Bewusstmachen im geformten Wort und Satz. Die Tat der Behandlung im eigentlichen Sinn des Wortes – der tätigen Hand – vereint das unbewusste und bewusste Sichbegegnen im gemeinsamen Werk als einen umfassenden Komplex. Ihr Endziel ist ein Wirken am Menschen, am ganzen Menschen, um ihm auf dem Wege über die äußere, leibhafte Harmonie der Erscheinung den inneren seelischen Weg zu sich selbst und damit wiederum ins Leben zu erleichtern. Denn der Leib ist die organische Erscheinung des Lebens, auf deren Basis sich das Seelische und Geistige in ihren Vollzügen, Handlungen und Taten des menschlichen Daseins aufbauen. Wenn Portmann daher in seinem Buch „Biologie und Geist“ schreibt, dass der Mensch in seiner ganzen Entwicklung und Formung auf sein Menschsein hin angelegt ist, dann ist das so zu verstehen, dass die Erscheinung des Menschen, die gestalthaften Ausprägungen ihn bestimmen und beeinflussen. In diesem gegenseitigen Sichdurchdringen und Ineinander-Verwobensein des Leiblichen und des Seelischen liegt die Möglichkeit für uns in der BioKosmetik, seelisch das schöne, harmonische Aussehen von Menschen zu formen und zu gestalten, sowie umgekehrt durch die ästhetisch ansprechende Erscheinung den Menschen das Gefühl der Zufriedenheit mit sich selbst und mit dem Leben zu schenken.
Kosmetische Behandlung und Selbstwertgefühl
Im Mittelpunkt all unserer Bemühungen steht der Mensch als Person, als ein körperliches, seelisches und geistiges Wesen. Die psychischen Momente während der kosmetischen Behandlung enthalten das von uns berücksichtigte seelische Motiv für die Möglichkeit einer psychischen Behandlung in der Kosmetik: das Selbstwertgefühl.
Selbstwertgefühl
Zur Erklärung des Selbstwertgefühls gehen wir davon aus, dass wir Menschen uns in der Bewusstheit unseres eigenen Ichs erleben. Als Individuum, als Person heben wir uns von der Umwelt und Mitwelt als ein eigenständiges Selbst ab. Andererseits treten wir mit anderen Personen in Wechselwirkung, wir müssen uns mit ihnen auseinandersetzen und uns selbst ihnen gegenüber durchsetzen. Dieses Selbstgefühl erleben wir im ersten Fall als Selbstvertrauen, im zweiten Fall jedoch als das eigentliche Selbstwertgefühl. Der Grad des jeweiligen Selbstgefühles ist dabei innerlich abhängig von der Intensität eines individuellen Biotonus, eines vitalen Turgors, einer so genannten Vitalkraft in Form einer unbewussten psychosomatischen Grundkonstitution. Aus diesem Grund sind Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl nicht ein für allemal unveränderlich gegeben. Sie wandeln sich von Mensch zu Mensch, wie auch innerhalb des Lebens eines jeden Einzelnen. Gute oder schlechte Erfahrungen und Erlebnisse, Erfolge oder Misserfolge, Zuspruch oder Widerspruch anderer Menschen erhöhen oder vermindern sie.
Wir Menschen treten nicht nur als Lebewesen auf, denen es um Selbsterhaltung und Selbstdurchsetzung im Lebenskampf geht, sondern wir sind als Persönlichkeit Träger eines Wertes und einer menschlichen Würde. Dieses Erleben von Wert und Würde der Person empfinden wir in Bewusstheit vor uns selbst als Eigenwertgefühl. Wir erleben dieses Gefühl aber auch in Bezug auf unsere Mitmenschen als Geltungsbewusstsein.
Eigenwertgefühl und Geltungsbewusstsein
Das Selbstwertgefühl hat somit zwei Seiten: Nach innen gerichtet als Eigenwertgefühl und nach außen gerichtet als Geltungsbewusstsein. Beide Momente sind an sich voneinander unabhängig. Was jedoch den Grad angeht, so unterscheiden wir zwischen einem positiven oder gehobenen und einem negativen oder gedrückten Selbstwertgefühl.
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