233Wem die Verladung obliegt, richtet sich in erster Linie nach den für den Versandbahnhof geltenden Vorschriften. Hat der Absender verladen, so haftet er für Schäden aus fehlerhafter Verladung.
234Der Eisenbahn obliegt die Zollbehandlung des Guts. Der Empfänger kann, sobald das Gut auf dem Bestimmungsbahnhof angekommen ist, von der Eisenbahn Übergabe des Frachtbriefs und Ablieferung des Guts verlangen und die Rechte aus dem Frachtvertrag im eigenen Namen geltend machen. Die Annahme des Frachtbriefs verpflichtet den Empfänger, der Eisenbahn den Betrag der auf ihn überwiesenen Forderungen der Eisenbahn zu zahlen.
235 d) Haftung der Eisenbahn.Die Eisenbahn, die das Gut zur Beförderung angenommen hat, haftet für deren Ausführung auf der ganzen Strecke bis zur Ablieferung; jede folgende Eisenbahn tritt durch die Übernahme des Guts mit Frachtbrief in den Frachtvertrag ein. Die Eisenbahn haftet – auch bezüglich ihrer Bediensteten und sonstigen Personen, deren sie sich zur Ausführung der Beförderung bedient – für Schäden durch Verlust und Beschädigung in der Zeit von der Annahme zur Beförderung bis zur Ablieferung sowie durch Überschreitung der Lieferfrist. Art. 36 § 2 CIM enthält nicht bevorrechtigte Haftungsausschlussgründe (die also von der Eisenbahn nachzuweisen sind): Verschulden des Berechtigten, nicht von der Eisenbahn verschuldete Weisung, besondere Mängel des Guts und Umstände, die die Eisenbahn nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte. Sog. bevorrechtigte Haftungsausschlussgründe (Schadenskausalität wird vermutet) enthält Art. 36 § 3 CIM: z. B. bestimmungsgemäße oder vereinbarte Beförderung in offenen Wagen, Verpackungsmängel, natürliche Beschaffenheit des Guts.
236Bei Verlust und Beschädigung schuldet die Eisenbahn Wertersatz bis zu einer Höchsthaftungssumme von 17 Rechnungseinheiten (SZR des IWF, Art. 7 CIM) sowie Erstattung von Fracht, Zöllen und sonstige aus Anlass der Beförderung gezahlte Beträge; bei Schäden aus Anlass einer Lieferfristüberschreitung – auch Beschädigungen des Guts – so ist die von der Eisenbahn zu leistende Entschädigung auf das Dreifache (Vierfache gemäß Art. 43 i. d. F. des Protokolls 1990) der Fracht begrenzt, Art. 43 CIM.
237Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit schuldet die Eisenbahn vollen Schadensersatz, bei grober Fahrlässigkeit ist der Anspruch auf das Doppelte der sonst vorgesehenen Höchsthaftungsbeträge begrenzt.
Die Eisenbahn und ihre Leute können sich auch gegenüber außervertraglichen Ansprüchen auf die Haftungsausschlüsse und -beschränkungen der CIM berufen.
238Zur Geltendmachung und Verjährung der Ansprüche vgl. Art. 52 ff. CIM. Zum Verhältnis der Eisenbahnen untereinander vgl. Art. 59 ff. CIM.
239Für Deutschland gilt bei internationalen Lufttransporten das Montrealer Übereinkommen – MÜ 1999, welches teils die alten Vorschriften des Warschauer Abkommens von 1955 (WA) inkorporiert, aber in wesentlichen Punkten modernisiert und ergänzt worden ist. Es ist im Wesentlichen dann anwendbar, wenn eine internationale Beförderung (Abgangs- und Bestimmungsort liegen in den Gebieten zweier Vertragsstaaten) von Personen, Reisegepäck oder Gütern durch Luftfahrzeuge gegen Entgelt erfolgt. (Im Folgenden werden nur die Bestimmungen über die Güterbeförderung skizziert).
240 a) Vertragsschluss.Der Luftfrachtvertrag ist ein Konsensualvertrag und an keine Form gebunden, insbesondere nicht von der Ausstellung eines Luftfrachtbriefes abhängig.
241 b) Luftfrachtbrief.Der Luftfrachtführer kann von dem Absender die Ausstellung eines Luftfrachtbriefs oder einer anderen Aufzeichnung verlangen, welche die Angaben über die auszuführende Beförderung enthält. Auf Bestand und Wirksamkeit des Frachtvertrags ist der Luftfrachtbrief ohne Einfluss. Der Luftfrachtbrief wird in drei Ausfertigungen ausgestellt und muss als Angaben enthalten: Abgangs- und Bestimmungsort, unter Umständen Zwischenlandepunkte, die Angabe des Gewichts der Sendung. Der Absender hat für die Richtigkeit der Angaben und Erklärungen über das Gut im Frachtbrief einzustehen. Der Frachtbrief erbringt den widerleglichen Beweis für den Abschluss des Vertrags, den Empfang des Guts und die Beförderungsbedingungen sowie über Gewicht, Maße und Verpackung des Guts und die Anzahl der Frachtstücke.
242 c) Rechte und Pflichten der Beteiligten.Der Absender ist, wenn er seine Verpflichtungen aus dem Frachtvertrag erfüllt, berechtigt, Weisungen zu erteilen. Er hat die entstehenden Kosten zu tragen. Der Luftfrachtführer haftet dem rechtmäßigen Besitzer des Luftfrachtbriefs für Schäden, die daraus entstehen, dass er Weisungen ausführt, ohne sich den Frachtbrief vorlegen zu lassen. Das Verfügungsrecht des Absenders erlischt, sobald das Recht des Empfängers gemäß Art. 13 MÜ 1999 entsteht, und lebt wieder auf, wenn der Empfänger die Annahme des Guts oder des Luftfrachtbriefs verweigert oder er nicht erreicht werden kann. Der Absender hat dem Frachtführer die für die verwaltungsbehördliche Behandlung des Guts notwendigen Auskünfte zu erteilen und Begleitpapiere auszuhändigen; erfüllt er diese Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß, haftet er dem Frachtführer für alle daraus entstehenden Schäden.
Der Empfänger ist nach Ankunft des Guts am Bestimmungsort berechtigt, vom Luftfrachtführer die Aushändigung des Luftfrachtbriefs und die Ablieferung des Guts gegen Zahlung der geschuldeten Beträge und gegen Erfüllung der aus dem Frachtbrief hervorgehenden Beförderungsbedingungen zu verlangen.
243 d) Haftung des Luftfrachtführers.Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verlust, Zerstörung oder Beschädigung von Gütern entsteht, wenn das schadensursächliche Ereignis während der Luftbeförderung eingetreten ist. Der Frachtführer haftet auch für Verspätungsschäden. Die Haftung des Luftfrachtführers ist strikt, das heißt anders als noch im Warschauer Abkommen haftet er ohne Rücksicht auf Verschulden. Gegebenenfalls ist ein Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen. Zum Ausgleich für diese strikte Haftung bleibt die Haftungshöhe nach Art. 22 MÜ anderseits generell auf 17 SZR pro kg des Frachtguts beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung bleibt auch bestehen, wenn dem Luftfrachtführer oder seinen Leuten ein besonders gravierendes Verschulden vorzuwerfen ist.
244Der Unabdingbarkeit des Haftungslimits steht nach Art. 22 IV MÜ auf der anderen Seite eine prinzipiell zwingende Haftung des Luftfrachtführers ausgleichend gegenüber. Dessen Haftung hat, die Ausnahmetatbestände des Art. 18 MÜ ausgenommen, stets einen endgültigen Status. Der Absender hat jedoch die Möglichkeit mit Hilfe einer Wertdeklaration und eines Frachtzuschlags den realen Wert des Guts in den Frachtvertrag einzubringen, so dass er sich im Schadensfall nicht mit der Beschränkung auf 17 SZR pro kg zufriedengeben muss, sondern wertdeckenden Schadensersatz erhält.
5.Binnenschiffstransportrecht
245Im Bereich der internationalen Binnenschifffahrt gibt es kein Übereinkommen, das internationale Beförderungsverträge regelt; lediglich der Europäische Verein für Binnenschifffahrt und Wasserstraßen hat 1993 den Entwurf eines Übereinkommens über die Güterbeförderung auf Binnenwasserstraßen vorgelegt. Jüngst in Kraft getreten und in das deutsche Recht umgesetzt ist allerdings das Straßburger Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung in der Binnenschifffahrt (vom 4.11.1988), das Binnenschiffseignern gegenüber diversen Ansprüchen die Beschränkung ihrer Haftung auf bestimmte Höchstbeträge ermöglicht.
246Für multimodale Transporte auf internationaler Ebene liegt das UN-Übereinkommen über den internationalen multimodalen Durchfrachtverkehr vom 24.5.1980 (MT-Übereinkommen) vor, das jedoch bislang nicht in Kraft getreten und von Deutschland auch nicht ratifiziert worden ist. Es folgt hinsichtlich der Haftung dem sog. Network-System mit Einheitshaftung, d. h. bei bekanntem Schadensort wird nach dem einschlägigen Teilstreckenrecht gehaftet, bei unbekanntem Schadensort gilt eine im Übereinkommen festgelegte Einheitshaftung. Regelungen für Einzelbereiche finden sich noch in Art. 2 CMR, Art. 2 § 2, Art. 3 § 3 COTIF, Art. 48 CIM und Art. 38 MÜ.
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