»Ich habe nichts gesehen«, lügt Susi, als sie befragt wird, »war da drinnen«, zeigt sie auf den Küchenvorhang. »Und da war kein Lärm, der Sie vielleicht neugierig gemacht haben könnte?« – »Was hier so alles passiert, interessiert mich schon lang nicht mehr.« Inspektor Wels nickt, und auch Susi nickt, und Willi sieht ihnen dabei zu. »Das bringt nichts!«, schnauft Inspektor Wels plötzlich und steckt seinen Notizblock in die Gürteltasche zurück und brüllt: »Ausschwärmen!« – »Wie jetzt?«, fragt Kollegin Fritz. »Na, ausschwärmen eben!« – »Wir beide?« – »Ja, sofort!«, befiehlt Inspektor Wels und schiebt Kollegin Fritz in Richtung Tür. »Sie da, ich da!« – »Alles klar!« Bevor sie loslaufen, fährt Inspektor Wels noch einmal herum und zeigt mit seinem Finger auf jeden einzelnen Bargast und auf Willi und auf Susi: »Wir haben hier eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun Verdächtige. Und wenn ich zurückkomme, sehe ich hier drinnen eure neun …« – »Visagen«, schlägt Kollegin Fritz vor. »Neun Visagen!«, schnauzt Inspektor Wels, und bevor er und Kollegin Fritz ausschwärmen , sagt er, mehr zu sich selbst als zu Kollegin Fritz, und so laut, dass alle es hören können: »Wir sollten so nicht mit den Leuten reden.« Sie nickt und rennt los, durch die Tür in die Eingangshalle, wo sie mit Werner und Marina Antl zusammenstößt. Er nimmt die andere Tür, und als Ersten nimmt er sich Fred vor, der nicht nur vorgibt, vom ganzen Chaos nichts mitbekommen zu haben, denn er hat es wirklich nicht mitbekommen. »Junger Mann«, sagt Inspektor Wels, und dann noch einmal lauter: »Junger Mann!«
Nachdem Marina Antl Inspektor Wels den Grund ihres späten Erscheinens in der Szene plausibel erklärt hat, unterstützt von Werners Kopfnicken – den Grund nämlich, dass Bellas Kantine eine Insel und Bella selbst die irre Königin derselben sei, und sie beide, die Antls, das eigentliche Königspaar des Hauses, aufgrund dieses ungeschriebenen und doch in Stein gemeißelten Gesetzes gar nichts bemerken hätten können von dem, was sich da so rund um die Schank zugetragen hat, geschweige denn etwas dagegen unternehmen. Außerdem seien sie, die Antls, heute Mittag besonders abgelenkt gewesen – ein Augenzwinkern hier, ein beschämtes Kopfnicken Werners da –, und über kurz oder lang gehe sie beide das, was Bella in ihrer Kantine so treibe und wer da mitmache und schlimmstenfalls zu Schaden komme, auch wenn diese Kantine Teil ihres Hallenbads sei, gehe sie das alles eigentlich überhaupt nichts an. »Verstehen Sie?!« Und der Inspektor nickt, und nachdem sie all das geklärt haben, geht Inspektor Wels leicht verwirrt weiter und taucht in die Gänge ein und verschwindet hinter der nächsten Ecke.
Zwei Glastüren weiter, auf der anderen Seite der Kantine, im Hallenbad, ist Kollegin Fritz drauf und dran, in Freds Erklärungen verloren zu gehen, wobei dieser nichts zu befürchten hat, weil er von den Ereignissen, vom Tumult, tatsächlich nichts mitbekommen hat, aber gerade deshalb umso motivierter und zugleich verdächtiger erscheint und sich und Kollegin Fritz einen Knoten ins Hirn macht, wonach er auch sie in die Gänge entlässt und selbst ratlos stehen bleibt, und nur das Wasser, das gegen den Rand schlägt und angesaugt wird, mit diesem beruhigenden Sauggeräusch, nur das Wasser hält ihn zurück, aber da ist Kollegin Fritz schon verschwunden. Also alles wieder von vorne, aber – verflixt, wenn man so sagen darf – da hört längst keiner mehr zu. Gut so .
»Und jetzt rennen hier auch noch zwei Polizisten durchs Haus«, sagt Werner zu Marina, weil er genau weiß, was Inspektor Wels und Kollegin Fritz gut eine Stunde lang machen werden: herumirren nämlich – ohne zu wissen, wonach sie eigentlich suchen.
Und da geht’s schon los: Um die Ecke, links, dann rechts, und der andere geradeaus, und die Hand immer an der Gürteltasche und um die nächste Ecke, und kaum einer trifft einmal auf Badegäste, nur das gut aussehende Pärchen, eingewickelt in Saunatücher, fällt auf; man nickt einander zu und sieht einander heimlich hinterher, und wenn einer fragen würde, könnte keiner den anderen ausreichend beschreiben, egal ob geschultes Auge oder nicht. In den Gängen des Hallenbads ist jeder immer nur allein.
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