Anschaulich betrachtet man dabei das Grenzverhältnis in der Änderung des Funktionswerts
im Vergleich zur Änderung des Arguments
.
Prinzipiell wird die (totale) Ableitung auch für Abbildungen
zwischen mehrdimensionalen Räumen so definiert, allerdings müssen Sie dabei beachten, dass die Änderung
im Argument im allgemeinen Fall vektorwertig ist, da die Variablen
und
aus mehrdimensionalen Räumen stammen. Die Division durch einen Vektor ist nicht definiert, daher können Sie das Verhältnis nicht genau so als Differenzenquotienten schreiben. Mit einem kleinen technischen Trick können Sie das aber doch analog zur Situation für »eindimensionale« Funktionen definieren. Dazu stellen Sie zuerst die obige Definitionsgleichung um:
Für einen inneren Punkt
einer offenen Teilmenge
des
-dimensionalen Raumes
heißt eine Funktion
in
total differenzierbar , wenn es eine reelle
–Matrix
mit der Eigenschaft
gibt. Oft sagt man statt »total differenzierbar« kurz »differenzierbar«.
Die Matrix
heißt 1. Ableitung oder Jacobi-Matrix der Funktion
an der Stelle
. Man bezeichnet die Matrix
auch mit
.
Zunächst scheint diese Definition der totalen Ableitung einer Funktion sehr formal und technisch zu sein, sie hat aber eine sehr anschauliche geometrische Bedeutung: Der Grenzwert aus der Definition der totalen Ableitung besagt nichts anderes, als dass sich die Funktionswerte
immer besser durch die Werte der affin linearen Abbildung
darstellen lassen, je näher
an die Stelle
herankommt. Was das genau bedeutet und welche anderen Eigenschaften die totale Ableitung einer Funktion
besitzt, wird im folgenden Abschnitt erläutert.
Was heißt das denn? Charakterisierungen der Differenzierbarkeit
Die meisten grundlegenden Begriffe der Analysis werden über geeignete Grenzwerte definiert. Beispiele dafür sind Stetigkeit, Ableitung und Integral einer Funktion. Solche Definitionen sind zwar aus formaler mathematischer Sicht präzise und klar, aber oft für die praktische Anwendung ziemlich unhandlich. Damit Sie Ableitungen oder Integrale tatsächlich berechnen können, braucht es zusätzliche Rechenregeln und Eigenschaften.
Im Falle der totalen Ableitung können Sie direkt aus der Grenzwertdefinition einige grundlegende Eigenschaften erkennen, die etwas mehr Licht auf die Sache werfen.
Für eine Funktion
und einen inneren Punkt
sind die folgende Aussagen äquivalent:
Die Funktion ist (total) differenzierbar in .
Es gilt mit .
Es gilt mit .
Die dritte Aussage ist sehr technisch und wahrscheinlich für Sie selten von Nutzen. Dagegen liefert die zweite der drei äquivalenten Aussagen die schon im vorigen Abschnitt erwähnte anschauliche geometrische Beschreibung der totalen Differenzierbarkeit und der Jacobi-Matrix von
als Matrix der sich
an der Stelle
annähernden affin linearen Abbildung.
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