Darüber hinaus lieferte diese Studie auch Hinweise auf die Vorbildfunktion von Eltern. Kinder von rauchenden Eltern haben eine höhere Wahrscheinlichkeit später selbst zu Raucher_innen zu werden. Entsprechend des Modelllernens stellt sich dies jetzt nicht als Überraschung dar. Und trotzdem gibt es Studien, die zeigen, wie es rauchenden Eltern gelingen kann, ihre Kinder zu unterstützen nicht mit dem Rauchen zu starten. Es ist nachgewiesen, dass die elterliche Ablehnung des Rauchens stärkeren Einfluss auf das Nichtrauchen ihrer Kinder hat als das elterliche Rauchen selbst. Entscheidend hierfür ist das normative Signal der Eltern, dass den Kindern eine starke ablehnende Haltung gegenüber dem Rauchen vermittelt (Raschke et al., 2009, S. 34).

Gelingt es rauchenden Eltern, selbstkritisch ihren Kindern zu vermitteln, dass sie das Rauchen an sich ablehnen, sie es aber auch nicht geschafft haben, mit dem Rauchen aufzuhören, weil sie süchtig nach Zigaretten sind, hat dieses normative Signal eine größere Wirkung auf die Kinder als die Vorbildfunktion. Das erfordert selbstverständlich Einsicht, Ehrlichkeit und das Eingeständnis, eine Schwäche zu haben. Für einige Eltern sicher eine große Herausforderung, aber gleichzeitig erhöht es die Glaubwürdigkeit beim Aussprechen eines Rauchverbotes dem Kind gegenüber und damit die Chance auf Erfolg.
Gleichzeitig könnte es auch ein Schritt sein, selbst daran zu arbeiten, eventuell doch Strategien in Richtung Rauchstopp zu entwickeln. Viele Eltern haben schon von der treibenden Kraft ihrer Kinder berichtet, die Anstoß gaben mit dem Rauchen aufzuhören. Gelingt rauchenden Eltern das beschriebene normative Signal der Ablehnung des Rauchens ihrer Kinder nicht, greift die negative Vorbildfunktion. Das bedeutet, Kinder von rauchenden Eltern sehen eher eine Verbindung von Rauchen und Erwachsensein als Kinder von Nichtraucher_innen. Da Kinder das Ziel haben, möglichst schnell den Erwachsenenstatus zu erlangen – um dann vermeintlich frei über sich entscheiden zu können – kann dies dazu führen, dass sie entsprechend der Beobachtung des elterlichen rauchenden Modells, in gedanklicher Vorwegnahme der erwünschten Wirkung, annehmen, durch das eigene Rauchverhalten als erwachsen eingestuft zu werden. Im Vergleich zu Kindern nicht rauchender Eltern werden die Kinder, deren Elternteile beide rauchen, fast dreimal so häufig selbst zu Rauchern. Darüber hinaus zeigt sich die negative Vorbildfunktion von Eltern geschlechterabhängig: Während eine rauchende Mutter auf Töchter und Söhne gleichermaßen negativ wirkt, ist der Einfluss von rauchenden Vätern auf die Töchter nicht gegeben, aber Söhne werden 2,4-mal häufiger zu Rauchern, verglichen mit Söhnen nicht rauchender Väter (Ärztezeitung, 2009).
3.3 Familienregeln aufstellen
Seit der Einführung der Nichtraucherschutzgesetze hat sich das Bewusstsein in der Bevölkerung für die negativen Auswirkungen des Rauchens und auch die gesundheitlichen Schäden des Passivrauchens erhöht. Die Konsumverbote in öffentlichen Räumen haben auch im beruflichen wie im privaten Kontext zu Veränderungen geführt. In vielen Familien ist es zu einer Selbstverständlichkeit geworden, nur außerhalb der Wohnräume zu rauchen.
Studien belegen, dass häufig Regeln im Umgang mit dem Rauchen im familiären Kontext aufgestellt werden: Absolutes Rauchverbot im Wohnraum gibt es bei 31 % der befragten Eltern, bei ca. 43 % darf nur auf dem Balkon oder im Garten geraucht werden, während nur bei ca. 11 % das Rauchen überall im Haus erlaubt ist (Raschke et al., 2009, S. 23).
Entsprechend dieser Studie lassen sich Einflussfaktoren auf das Rauchverhalten der Kinder festhalten: das zunehmende Alter der Kinder, ein geringes Schulniveau, das normative Signal der Eltern, die Vorbildfunktion nichtrauchender Eltern, alltägliche Stressfaktoren, zunehmende Gelegenheiten zum Rauchen und das Rauchverhalten der Gleichaltrigen (ebd., S. 33). Nachweislich ist dabei der wichtigste Einfluss die konsequente Ablehnung des Rauchens der Kinder aufseiten der Eltern. Aber wie lässt sich die elterliche Ablehnung des Rauchens glaubwürdig vermitteln? Es handelt sich dabei um eine Vermittlungsaufgabe, in die viele Faktoren einfließen, die mit Regeln, Überzeugen-Wollen und Verbote-Aussprechen verbunden sind sowie einer grundsätzlich vertrauensvollen Kommunikation zwischen Eltern und Kind.

Hier zeigt sich einmal mehr, dass vorbeugende Ansätze in frühester Kindheit ihre Wurzeln haben. Klare Signale an die Kinder, gemeinsam besprochene Regeln und deren Einhaltung bei einer positiven familiären Grundstimmung sind erfolgreicher als strikte Verbote, die von den heranwachsenden Kindern als willkürlich und wenig nachvollziehbar empfunden werden. Folgende Empfehlungen für Familienregeln lassen sich aus der Studie ableiten:
1. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über das Rauchen.
2. Hören Sie Ihrem Kind zu, um zu erfahren, welche Einstellung es zum Rauchen hat.
3. Reden Sie mit Ihrem Kind über die Probleme des Rauchens.
4. Vertreten Sie Ihre ablehnende Haltung zum Rauchen.
5. Setzen Sie Grenzen. Dulden Sie das Rauchen Ihres Kindes nicht in Ihrem Umfeld.
6. Seien Sie konsequent. Dulden Sie auch nicht, dass Freund_innen Ihres Kindes in Ihrem Umfeld rauchen.
7. Reagieren Sie klar und konsequent bei Regelverletzung.
8. Gehen Sie in Diskussionen mit Ihrem Kind, wenn es rauchen will oder woanders raucht.
9. Unterstützen Sie Ihr Kind, wenn es aufhören will zu rauchen.
10. Holen Sie sich professionelle Hilfe bei Problemen (ebd., S. 72).
Durch die Umsetzung dieser Regeln wird dem Kind die Wichtigkeit des Themas Nichtrauchen bewusst. Eltern können so aktiv das Nichtrauchverhalten ihres Kindes beeinflussen, auch wenn sie selbst rauchen.

Rauchende Eltern können darüber hinaus noch folgende Punkte beachten:
1. Seien Sie ehrlich, und erklären Ihrem Kind die Gründe fürs Rauchen.
2. Rauchen Sie nicht in der Gegenwart Ihres Kindes.
3. Rauchen Sie grundsätzlich außerhalb der Wohnung.
4. Halten Sie Ihre Wohnung rauchfrei, auch bei Gästen.
5. Rauchen Sie nicht im Auto (ebd., S. 71).
Durch diese zusätzlichen Regeln wird die ablehnende Haltung von rauchenden Eltern verstärkt und authentischer. Im Weiteren kann durch das konsequente Umsetzen dieser Regeln das gesundheitsschädigende Passivrauchen vermieden werden. Studien belegen, dass Kinder aus Raucher_innenhaushalten häufiger an Mittelohrentzündungen, Erkrankungen der Atemwege, Lungenentzündungen und Asthma leiden als andere Kinder. Darüber hinaus steigt das Krebsrisiko für Kinder durch das elterliche Rauchen (nach dem DKFZ, Deutsches Krebsforschungszentrum) ebenso wie die Gefahr für den plötzlichen Kindstod bei Säuglingen (Radon, 2017, S. 5). Diese Zahlen können nicht nur für rauchende Eltern erschreckend sein, sondern können auch gegenüber heranwachsenden Kindern als Argument dienen, nicht mit dem Rauchen zu beginnen. Allerdings hat man festgestellt, dass das Wissen allein über bestimmte Fakten zum Rauchen noch nicht zu einem gesundheitsbewussten Verhalten führt. Es stellt sich dann die Frage, wie Eltern diese Gespräche mit ihren Kindern richtig führen können.
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