Françoise Dolto
Eine einfühlsame Mutter sorgt für eine sichere Bindung
Mary Ainsworth
Wer lehrt ein Kind, ein Mitglied einer anderen Rasse zu hassen und zu fürchten?
Kenneth Clark
Mädchen bekommen bessere Noten als Jungen
Eleanor E. Maccoby
Die meisten menschlichen Verhaltensweisen werden über Modelle erlernt
Albert Bandura
Moral entwickelt sich in sechs Stufen
Lawrence Kohlberg
Das Sprachorgan wächst wie jedes andere Körperorgan
Noam Chomsky
Autismus ist eine extreme Variante des »männlichen« Gehirns
Simon Baron-Cohen
DIFFERENZIELLE PSYCHOLOGIE
PERSÖNLICHKEIT UND INTELLIGENZ
Nennen Sie möglichst viele Verwendungsmöglichkeiten für einen Zahnstocher
Joy Paul Guilford
Hatte Robinson Crusoe vor Freitags Auftauchen Persönlichkeitsmerkmale?
Gordon Allport
Die allgemeine Intelligenz besteht aus fluider und aus kristalliner Intelligenz
Raymond Cattell
Es gibt eine Verbindung zwischen Genie und Wahnsinn
Hans J. Eysenck
Leistung lässt sich auf drei Hauptbedürfnisse zurückführen
David C. McClelland
Emotion ist ein im Wesentlichen unbewusster Prozess
Nico Frijda
Ohne Hinweise aus der Umwelt wäre unser Verhalten absurd und chaotisch
Walter Mischel
In psychiatrischen Kliniken lassen sich Gesunde nicht von Kranken unterscheiden
David Rosenhan
Die drei Gesichter Evas
Corbett H. Thigpen, Hervey M. Cleckley
ANHANG
GLOSSAR
DANK
Von allen Wissenschaften ist die Psychologie vielleicht die geheimnisvollste und am häufigsten missverstandene. Obwohl psychologisches Gedankengut in die Alltagskultur eingegangen ist, haben die meisten Menschen nur eine verschwommene Vorstellung davon, worum es in der Psychologie geht und was Psychologen eigentlich tun. Manche sehen Männer in weißen Kitteln vor sich, die eine Station für psychisch Kranke leiten oder Laborversuche an Ratten durchführen. Andere stellen sich vielleicht einen älteren Herrn vor, der seine Patienten, die vor ihm auf einer Couch liegen, psychoanalytisch durchleuchtet. Oder, wenn man einschlägigen Drehbüchern Glauben schenken darf, versucht, Macht über deren Gedanken zu erlangen.
Obwohl diese klischeehaften Bilder übertrieben sind, enthalten sie ein Körnchen Wahrheit. Vielleicht ist das riesige Spektrum an Themen, die der Psychologie zugeordnet werden (wie auch die verwirrende Bandbreite von Begriffen, die mit der Vorsilbe »psycho-« beginnen) verantwortlich dafür, dass im Hinblick auf Inhalt und Bedeutung dieser Disziplin Konfusion herrscht. Selbst Psychologen können sich nicht auf eine einheitliche Definition einigen. Das Wort »Psychologie« ist vom altgriechischen psyche – »Seele«, »Hauch«, »Atem« – und von logos – »Lehre«, »Wissenschaft« – abgeleitet. In der modernen Wissenschaftssprache trifft die Formulierung »Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen« den Inhalt vielleicht am besten.
Eine neue Wissenschaft
Die Psychologie kann ebenso als eine Brücke zwischen Philosophie und Physiologie gesehen werden. Während die Physiologie die physikalischen und biochemischen Vorgänge im Körper, also auch im Gehirn und in den Nervenzellen, erforscht, widmet sich die Psychologie den mentalen Prozessen sowie ihrer Manifestation in Gedanken, Sprache und Verhalten. Wo die Philosophie sich mit Gedanken und Ideen beschäftigt, fragt die Psychologie, wie diese Gedanken entstehen und was sie über die Arbeitsweise des Geistes aussagen.
»Die Psychologie hat eine lange Vergangenheit, doch nur eine kurze Geschichte. «
Hermann Ebbinghaus
Alle Wissenschaften sind aus der Philosophie entstanden, und auch philosophische Fragestellungen wurden mit wissenschaftlichen Methoden untersucht. Doch da Untersuchungsgegenstände wie Bewusstsein, Wahrnehmung oder Erinnerung immateriell sind, dauerte es lange, bis die Psychologie den Schritt von der philosophischen Spekulation zur wissenschaftlichen Praxis gemacht hatte. An einigen Universitäten, insbesondere in den USA, wurden die psychologischen Institute in die philosophische Fakultät eingegliedert, an anderen, vor allem in Deutschland, ordnete man sie den Naturwissenschaften zu. Als eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin etablierte sich die Psychologie erst am Ende des 19. Jahrhunderts.
1879 gründete Wilhelm Wundt an der Leipziger Universität das weltweit erste Institut für experimentelle Psychologie. Damit war die Psychologie zur »echten« Wissenschaft geworden. Während des 20. Jahrhunderts entwickelte sie sich weiter. Dennoch sind viele der älteren Theorien auch für die moderne Psychologie von Bedeutung. Manche Themen waren und sind wissenschaftliche »Dauerbrenner«, während andere mal mehr, mal weniger im Fokus standen. Nichtsdestotrotz hatten sie einen bedeutenden Einfluss auf nachfolgende Generationen und ebneten so manches Mal den Weg für neue Forschungsfelder.
Um sich mit der ganzen Bandbreite der Psychologie vertraut zu machen, empfiehlt es sich, ihre Hauptströmungen in grob chronologischer Reihenfolge zu betrachten, so wie dieses Buch es vorschlägt: von den philosophischen Wurzeln über den Behaviorismus, die Psychotherapie, die kognitive Psychologie, die Sozial- und Entwicklungspsychologie bis hin zur differenziellen Psychologie.
Zwei Ansätze
In den USA wurzelt die Psychologie in der Philosophie, was zu einem spekulativen, theoretischen Ansatz führte. Dabei standen Begriffe wie »Bewusstsein« und »Selbst« im Mittelpunkt. In Europa hingegen fußt sie auf den Naturwissenschaften. Ihre Vertreter konzentrierten sich darauf, mentale Prozesse wie Sinneswahrnehmungen und Erinnerungen unter kontrollierten Laborbedingungen zu untersuchen. Pioniere wie Hermann Ebbinghaus bedienten sich dazu der Introspektion und machten sich selbst zu Forschungsobjekten. Viele Psychologen der nachfolgenden Generation fanden dieses Verfahren zu subjektiv und suchten nach objektiveren Untersuchungsmethoden.
In den 1890er-Jahren führte der russische Physiologe Iwan Pawlow Experimente durch, die die Entwicklung der Psychologie sowohl in Europa als auch in den USA entscheidend beeinflussten. Er bewies, dass Tiere so konditioniert werden können, dass sie auf einen willkürlich gesetzten Reiz reflexhaft reagieren. Das war der Beginn des Behaviorismus. Die Behavioristen sahen keine Möglichkeit, mentale Prozesse objektiv zu erforschen. Sie fanden es aber relativ einfach, deren äußere Manifestation, sprich die Verhaltensweisen, zu messen. Sie entwickelten Versuche, die unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden konnten, zunächst an Tieren, später an Menschen. Dabei konzentrierten sie sich fast nur auf die Frage, wie sich Verhalten durch Interaktion mit der Umgebung formt. John B. Watson machte diese Reiz-Reaktions-Theorie weltweit bekannt.
Praktisch zeitgleich zur Entstehung des Behaviorismus in den USA begann ein junger Neurologe in Wien eine psychologische Theorie zu entwickeln, die sich als revolutionär erweisen sollte. Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse, setzte statt auf Laborexperimente auf die Beobachtung von Patienten und Fallstudien. Damit sprach er sich dafür aus, zum Studium subjektiver Erfahrung zurückzukehren. Er interessierte sich für die Erinnerungen, die Kindheit und die zwischenmenschlichen Beziehungen seiner Patienten und hob den Einfluss des Unbewussten auf das Verhalten hervor. Obwohl Freuds Fokussierung auf das Triebleben seine Zeitgenossen schockierte, stießen seine Ideen schnell auf Resonanz – der Begriff »Redekur« hat sich in der Psychotherapie bis heute gehalten.
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