„Soll das heißen, dass ich dich verführen soll?"
Sie findet einen kleinen Rest Stärke in sich und lächelt mich plötzlich mit übertriebener Selbstsicherheit an. „Du kannst mich gar nicht verführen, Rune."
Meinen Namen aus ihrem Mund kommen zu hören macht mich noch viel geiler, als ich ohnehin schon bin.
„Bist du dir da sicher?"
„Nein."
Sie blinzelt erschrocken und berichtigt sich hastig: „Also, ja meine ich. Ja. Ich bin mir sicher!"
Sie will schon wieder die Arme vor der Brust verschränken, aber ich trete so nahe an sie heran, dass wir uns beinahe berühren. Nach Luft schnappend stolpert sie so schnell zurück, wie sie kann, bis sie mit dem Rücken an die Küchenplatte wenige Zentimeter hinter sich stößt.
Hier bin ich also. Jetzt gilt es, sich zu entscheiden: Wenn ich jetzt den Angriff wage, wird sie nicht nein sagen können – um das zu sehen, braucht es keinen Experten. Aber wenn ich diese Option wähle, wird sie mich dann missverstehen und glauben, ich wolle mehr als nur eine kleine Einzeldarbietung? Nein, das kann sie unmöglich denken. Sie weiß, wie groß der Altersunterschied zwischen uns ist, und dass ich eine zehnjährige Tochter habe. Mit diesem Wissen ist sie sicher nicht an mehr interessiert.
Langsam lässt sie die Arme sinken. Seufzt. Es sieht so aus, als habe sie die ganze Sache mit sich selbst ausdiskutiert, Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen. Und es scheint, als habe sie just aufgegeben, verzweifelt nach Nachteilen zu suchen. Die Vorteile sind offensichtlich in der Überzahl.
Mein Blick gleitet über ihr hübsches Gesicht, über die Brüste und weiter abwärts, zwischen ihre Beine. Die braungebrannten Oberschenkel, die nur zur Hälfte von ihrem Rock verdeckt sind. Die nackten Füße. Ich kann sehen, dass sie Nagellack trägt, aber die Farbe erkenne ich im schwachen Schimmer der Handytaschenlampe nicht. Ich tippe auf rosa.
Kinder lieben rosa , erklingt eine besserwisserische Stimme in meinem Hinterkopf.
Verdammt noch mal, was mache ich hier?
Mit einem entschuldigend schiefen Lächeln trete ich ein paar Schritte zurück. „Ich verspreche dir, dass ich dich nicht weiter provozieren werde", sage ich mit ernster Stimme und will mich gerade wegdrehen, weil ich in dem Moment die Beule in meiner Hose bemerkt habe, die ein bisschen zu groß ist, um meinen Worten auch nur einen Hauch von Authenzität zu verleihen.
Aber noch ehe ich ihr den Rücken zuwenden kann, tritt sie auf mich zu und stellt sich auf die Zehenspitzen. Und ich bücke mich reflexartig ein wenig zu ihr herab ...
Ich halte den Atem an. Sie zögert. Der Kuss, den sie mir beinahe auf die Lippen gepflanzt hätte, lässt auf sich warten. Der Mut ist verschwunden, bevor sie ihrer spontanen Lust nachgehen kann.
Weil sie sich so schnell auf mich zubewegt und sich noch nicht zurückgezogen hat, umschwebt mich ihr süßer und verführerischer Duft. Hubba Bubba mit Erdbeergeschmack.
Mit staubtrockener Kehle versuche ich zu schlucken, aber es fällt mir verdammt schwer, während ihr blitzender Blick auf mich gerichtet ist. Meine Finger kribbeln danach, ihre samtweiche Haut zu spüren. Mein Herz schlägt ein wenig schneller. Mein Schwanz hat plötzlich seinen eigenen Willen, und weil ich sie nämlich nicht nur provozieren wollte, sondern mich auch selbst mit meinen lüsternen Gedanken ganz kirre im Kopf gemacht habe, kann ich mich einfach nicht mehr zurückhalten.
Zur Hölle mit dem Altersunterschied, und mit Prinzen und Prinzessinen.
Und gerade in dem Moment, als sie sich mit enttäuschtem Gesichtsausdruck wieder auf die Fußballen zurücksinken lässt, lege ich meine Arme um sie und ziehe ihren kleinen Körper eng an meinen. Mein Gesicht nähert sich ihrem, aber ehe sich unsere Lippen treffen, bin ich es, der zögert. Wenn wir das hier wirklich durchziehen, bekomme ich sowas von Ärger von ihrem Bruder. Wenn sie mich verrät.
Meine Finger verheddern sich im T-Shirt, als ich mit meiner Vernunft verhandele. Das hier ist wirklich die dümmste Idee aller Zeiten ...
Aber sie ist so verdammt heiß. So verlockend. So einladend. Faszinierend.
Okay, aber nur ein kleines Küsschen .
Nein, ein einziger Kuss, das reicht mir nicht. Ich weiß schon jetzt, dass diese Lippen nach mehr schmecken, auch ohne sie probiert zu haben.
„Wir sagen es keinem", flüstert sie atemlos.
Perfekt!
Es ist ja nun nicht so, als würde ich nicht mit mir ringen, und wie kann ich der Vernünftige sein, wenn sie sowas sagt?
Okay, ich probiere mal.
Und unendlich langsam überwinde ich auch den letzten Rest räumlicher Distanz zwischen uns. Der erste Kuss ist sanft, beinahe zärtlich, und dabei hätte ich es belassen sollen. Nur einen kleinen Kuss. Der Zweite ist ... hungrig. Es ist ein Hunger, von dem ich nicht wusste, dass er in mir schwelt. Sie schmeckt nicht süß. Sie schmeckt tausendmal besser als süß. Sie schmeckt nach ... dem ersten richtigen Sommertag, nach Sonnenschein und Strand und herrlichem, blauen Wasser. Sie schmeckt nach diesem Gefühl, nach dem man sich den ganzen langen Winter über verzehrt hat.
Klaras Hände wandern an meinem Rücken empor. Und ich bin ihren Berührungen verfallen, will mehr. Meine großen Hände liegen fest auf ihrer Hüfte, damit ich nichts allzu Sündiges tun kann. Beziehungsweise um ihre Taille, denn ich kann sie tatsächlich fast komplett umfassen.
Sie flicht ihre Finger in meine Haare, während unsere Zungen sich wie von allein darauf geeinigt haben, diesen Kuss unvergesslich und so heiß wie möglich zu gestalten. Ihr Duft, ihre Küsse, das Gefühl ihrer sanften Fingernägel auf meiner Kopfhaut. Ihr Geschmack. Die Hitze, die von ihrem Körper ausgeht. Das Stöhnen, das sie nicht loswird, weil ich es gierig verschlucke ... Alles wird plötzlich viel zu viel, viel zu heiß, und in wenigen Sekunden werde ich für nichts garantieren können. Also reiße ich mich mit letzter Kraft von ihr los, und es ist wirklich in allerletzter Sekunde. Gleich schaltet sich mein Hirn auf Autopilot.
Ich schüttele den Kopf und versuche meinen Kopf freizumachen von der Anziehungskraft dieser heißen Frau, aber sie hat andere Pläne. Sie wirft sich mir erneut um den Hals und sucht mit ihren Lippen meinen Mund. Noch schaffe ich es, mich ein wenig zurückzuhalten, also werfe ich den Kopf in den Nacken und starre unglücklich hilfesuchend zur Decke. Warum zur Hölle war ich nicht einfach ein kleines Schwein wie die anderen beiden und bin direkt ins Bett gegangen, statt unbedingt duschen zu wollen?
Auf diese Weise bin ich ja immer noch ein Schwein, nur eine andere Art von Schwein.
Klara gibt sich derweil mit meinem Hals zufrieden, den sie nur mit Müh und Not erreichen kann, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellt. Mit vorsichtigen Zähnen knabbert sie an meinem Adamsapfel und ich kann nicht anders: Stöhnend lege ich erneut meine Hände um ihre Taille. Dabei wollte ich doch Abstand schaffen zwischen uns! Aber verdammte Axt, wie kann ich da nein sagen? Sie ist viel zu heiß.
Und meine Widerstandskraft, wie alles in der Welt, hat ihre Grenzen. In diesem Moment lutscht sie an meinem Hals, als sei es mein Schwanz, und das lässt mich nicht unbeeindruckt.
Sie gewinnt.
„Okay, auf deine Verantwortung", knurre ich und beuge mich zu ihr hinab, zu ihrem wohlschmeckenden kleinen Mund. Auf ein Neues. Mit blinden Händen suche ich den Saum ihres kurzen Rocks. Finde den Weg hinein. Und während ich eine Hand um ihren festen Schenkel lege, suche ich mit der anderen nach dieser verführerischen Wärme, die mich vor Lust fast verrückt werden lässt.
Er ist zu alt für mich! Er ist zu alt ... er ist ... viel zu verführerisch .
Okay, versuchen wir es mit einer anderen Begründung. Er hat ein Kind. Er hat ein Kind ... Er ... Hat ... viel zu starke Hände, ich schmelze!
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