Daniel Allertseder - Das Herz in der Hand

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Der Tod ihres geliebten Bruders erschütterte sie. Fortan lebt sie zurückgezogen und hat das Leben und das Lachen verlernt. Geblendet von Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit vertraut sie einem Mann, der ihr die große Liebe verspricht. Doch relativ schnell stellt sich heraus, dass genau dieser Mann nur ihr Geld und das Anwesen ihres Bruders will. Doch sie kann die Falle, in die sie sobald laufen wird, nicht umgehen, da er alle Mittel und Wege kennt, um ihre Skepsis zu unterbinden.
Inspiriert von einer wahren Geschichte.

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Daniel D. Allertseder

Das Herz in der Hand

///

Überarbeitete, neu korrigierte Ausgabe

In Gedenken an die Schwester des Bruders

Und in Gedenken an den Bruder der Schwester

Und in Gedenken an den Bruder der Schwester

Ich danke meiner Familie und meinen Freunden, die mich ermutigt haben, diese Geschichte zu schreiben.

Vor allem aber danke ich Eva Hörhammer, die mich, besonders bei diesem Werk, unglaublich unterstützt hat.

Impressum

2. Auflage Juni 2019

Texte: © Copyright by Daniel D. Allertseder

Cover: © Copyright by Daniel D. Allertseder

Verlag: epubli GmbH, Berlin

Autor Daniel Allertseder, daniel@danielallertseder.de

Deutsche Erstveröffentlichung

ISBN: 9783746797557

Made in Germany

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:/ /dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Teil

Ich

1.

Er lag da.

Reglos.

Mit dem Gesicht auf dem Boden, die Arme und Füße von sich gestreckt. Eine Blutlache neben dem reglosen Körper.

Ich ging auf ihn zu; das Verschließen der Tür war nun nebensächlich, und die Tatsache, dass es draußen stürmte und massenweise Blätter in den Flur geweht wurden, war mir auch egal.

Denn er lag da.

Mein Bruder.

Benedikt.

Ich lief schneller auf ihn zu, meine Schuhe quietschten auf den Fliesen. Ich bemerkte, wie sich automatisch vor Schreck und Trauer mein Gesicht verzog, wie sich meine Sicht verkleinerte, meine Lippen sich kräuselten, mir Tränen in die Augen stiegen und meine Wahrnehmung immer mehr verschwamm.

Ich ließ mich neben ihn fallen, krachte an die Wand, mein Hintern knallte auf den harten und kalten Boden. Ich konnte nicht schreien, nicht um Hilfe rufen, nicht mal mein Mobiltelefon zur Hand nehmen und den Notarzt rufen – es war sowieso schon zu spät.

Er lag mit dem Gesicht auf dem Boden, ich sah seinen Hinterkopf, seine mit Blut verklebten, grauen Haare. Die Blutlache breitete sich in einem Radius von mindestens eineinhalb Meter aus, sein Hemd, selbst seine Hose nahm die dunkelrote Farbe an. Auch ich bemerkte, dass ich in etwas Flüssigem saß, doch das war mir egal.

Immer näher rückte ich zu ihm, immer näher kamen wir uns. Meine Tränen fielen zu Boden und in die Blutlache. Diese beiden unterschiedlichen Flüssigkeiten vereinigten sich und verbanden uns buchstäblich zum allerletzten Mal.

Getrieben von Kummer und unerträglichem, inneren Schmerz, begann ich zu schreien.

Ich schrie, so laut ich konnte, und weinte.

Speichel flog bei jedem weiteren Aufschrei aus meinem Mund, und Tränen rannen über meine Backen hinunter, fanden den Weg nach unten und bedeckten den Boden.

Draußen stürmte es, der Wind blies mir im Haus um die Ohren, denn das Fenster am Ende des Flurs war offen, und ein kräftiger Durchzug herrschte im Erdgeschoss.

Immer wieder schrie ich auf, denn mein Bruder war tot. Und bevor es mir das Herz zerriss, fiel ich in Ohnmacht.

2.

Vier Wochen später

Meine Kollegen schärften mir jeden Tag ein, mehr zu essen. Zu Mittag brachten sie mir immer etwas vom Bäcker oder vom nahegelegenen Imbissladen mit.

Doch ich verweigerte das Essen. Hin und wieder aß ich eine Brezel. Oder ein unbelegtes Brötchen.

Sogar mein Chef rief mich des Öfteren zu sich ins Büro und hielt mir minutenlange Vorträge, dass Ernährung und zwischenmenschliche Beziehungen die besten Voraussetzungen für ein glückliches Leben nach einem Todesfall waren.

Ich hörte nie zu. Innerlich weinte ich, und ich versuchte, so gut es mir nur möglich war, meine Gefühle zu verbergen. Na und, dann redete ich eben mit niemandem, das konnte doch ihm egal sein? Jeder ging mit der Trauer und mit dem Verkraften eines Todesfalls so um, wie er es für richtig hielt. Ich hatte eben keinen Hunger und verspürte auch nicht das Bedürfnis, mich mit jemanden zu unterhalten. Und das Streben nach einem glücklichen Leben war für mich Geschichte. Ich konnte nicht mehr glücklich sein, konnte nicht mehr lachen, abends nicht mehr weggehen oder mich freuen, wenn etwas Schönes passierte, denn das Schönste, was mir in meinem Leben blieb, war mein Bruder, und dieser verstarb vor vier Wochen und hinterließ seine Schwester, die nun erfolglos versuchte, weiterzuleben.

Innerlich war ich einfach zerrissen, völlig kaputt. Mein Herz verlor an Energie, und mein Wille, noch irgendetwas zu machen, verschwand von der Bildfläche. Ich schlief nur noch, ging zur Arbeit – und das im täglichen Rhythmus. Am Wochenende stand ich sehr spät auf, aß einen Joghurt, dann sah ich mir Fotoalben an, heulte, bis es Abend wurde und ging wieder ins Bett.

Das war mein Leben. Seit Kurzem. Und anders konnte ich nicht. Ich hatte nicht den Wunsch, auszugehen, ins Kino oder zum Frühstücken, ich wollte nur noch warten, bis es mich selbst traf, denn ich hatte die Hoffnung, im Jenseits wieder auf meinen Bruder zu stoßen.

»Und wenn Sie nicht wieder die ursprüngliche Person in Sich finden, dann kann ich Sie leider nicht länger beschäftigen!«, sagte er in einem ruhigen und sachlichen Ton zu mir.

Ich nickte nur. Es war mir scheißegal.

Mein Chef deutete mir, das Büro zu verlassen, und ich tat es. Vorne im Verkaufsraum beäugten mich meine Kollegen. Ich ignorierte es und ging zurück zu meinem Regal, das ich vor der täglichen Predigt meines Chefs versucht hatte, neu einzuordnen.

Und das mit einer ungeheuren Faulheit.

»Was hat er gesagt?«, flüsterte Karen mir zu.

Sie war schon immer komisch, ein wenig zickig, aber sehr gut in ihrem Beruf. Mit ihren haselnussbraunen Augen starrte sie mich an, ihr obligatorisches Nasenspray in der Hand, denn sie war immer krank. Montags bis freitags, von acht bis einschließlich neunzehn Uhr schniefte sie im Weltrekordmodus und verabreichte sich stündlich dieses Zeug in ihrer Hand. Sie war nicht krank, doch so konnte sie früher Schluss machen und auch mehrere Tage am Stück zuhause bleiben. Ich vermutete schon des Öfteren, sie habe etwas mit dem Chef, denn wie sonst konnte sie die Beste von uns sein, wenn sie nie da war.

»Nichts«, sagte ich gefühllos und wandte mich wieder meiner aktuellen Beschäftigung zu.

Ich hörte, wie sie schnellen Schrittes von dannen zog und sich nun bestimmt beim Chef über meine rüpelhafte Art beschwerte.

Es war mir – bei aller Liebe – sowas von egal.

3.

Eine Woche später hielt ich die Kündigung in der Hand.

Aufgrund mangelndem Interesse bei der Arbeit und dem kläglichen Umgang mit den Kollegen , stand da als Begründung. Ich wusste nicht, ob diese Begründung rechtens war, doch es war mir egal. Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt zu kündigen. Nicht mehr lange, und ich durfte in den Ruhestand. Etwa fünfzehn Jahre noch. Auch wenn ich die langjährigste Mitarbeiterin im Laden war und die Kunden mich auf Grund meines Know-Hows und meiner Erfahrung gern mochten, schätzten mich die Kollegen keineswegs. Lediglich der Chef war froh um mich, denn ich konnte beraten und gut verkaufen. Doch was konnte er mit einem Wrack wie mir anstellen?

Nichts!

Alles war mir egal, nur die Schadenfreude meiner ehemaligen Kollegen ärgerte mich.

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