Vor lauter Genussfreude haben Sonja und Katrin völlig vergessen, dass sie auf fremdem Grund und Boden ernten. Sie wähnten sich im eigenen Garten. Ein Gedanke an das angestrebte Arbeitsverhältnis stellt sich nicht ein, obwohl ihnen der zukünftige Chef so nah ist. In anderen Firmen ist Erotik während der Arbeitszeit ein Kündigungsgrund, hier das genaue Gegenteil.
Der Gärtner streckt alle viere von sich, aber gestorben ist er nicht. Er genießt nur den heutigen Tag in seiner Vielfalt.
Es weiß nicht nur ein Grüner, sondern es ist Allgemeinwissen, dass aus Eicheln Neues, Großes wachsen kann.
Aus der Hollywoodschaukel, wo sich das Trio in Stimmung brachte, bemühen die Arbeitsuchenden sich zu einer Gartenliege, die einladend auf dem Rasen wartet. Die ist nicht nur zum Sonnenbaden geeignet, nein, die drei haben anderes im Sinn.
Doch Alex hat was dagegen.
Urplötzlich kommt der Labrador schnüffelnd herbeigelaufen. Der Hund ist normalerweise ein liebes, freundliches Tier, dennoch, unbekannte Leute haben verbellt zu werden. Diesen Geruch kennt er nicht. Das wäre ja noch schöner, wenn sich hier jeder einschleichen und Liebe machen könnte. Er weiß, was seine Aufgabe ist.
aggressiv springt er am Gärtner hoch und versucht, ihm auf schmerzhafte Weise den Aufenthalt hier zu vermiesen. Das ist ja ebenfalls ein Rüde, von dem er Wind bekommen hat, wenn auch ein Menschlicher, der in sein Revier eingedrungen ist. Der hat hier nichts zu suchen. Sein Gebell wird angriffslustig. Wo ist denn das Herrchen, hört ihn eigentlich niemand?
Arnold, der Hundehalter, hat ihn durchaus gehört, und er ist ärgerlich. Kommt doch der Hund gerade im ungeeignetsten Augenblick. Ausgerechnet jetzt, wo Herrchen und Frauchen sich hinter dem Busch eingerichtet haben, die Neuen bei ihrem frühlingshaften Tun zu belauern. Alles lief so schön darauf hinaus, unbekannte Leute bei ihren romantischen Verrichtungen zu beobachten. Da vermasselt der blöde Köter doch dieses Erlebnis.
Aber er hat nur seine Pflicht erfüllt, stellt Arnold dann fest, und deshalb hat er ein Leckerli zu bekommen, trotz erlebtem Verdruss. Alex hat leider dafür gesorgt, dass die Aktivisten nicht rechtzeitig wieder in ihre Kledage gekommen sind. So stehen sie halb entblättert da, obwohl Frühling und nicht Herbst ist, als Arnold hinter dem Busch hervorkriecht, um den immerwährend kläffenden Wachhund zu beruhigen.
Doch die Neuen hat der Hausherr ebenso zu besänftigen. Er macht ihnen begreiflich, dass er selbst um das Lutschen eines Bonbons gekommen ist, da sich das Trio ja auf einem guten Kurs befunden hat, ihn aber nicht zu Ende bringen konnte. Er gibt sich und Judith somit als Voyeur zu erkennen und bezeichnet die eben erlebte Situation als erstklassigen Anschauungsunterricht.
»Da braucht hier bei uns niemand Hemmungen haben. Wenns euch weiterhin nach Poppen ist, dürft ihr gerne weitermachen.« Doch die Lust dazu war verflogen.
Judith war den Neuen bisher unbekannt. Beim ersten Gespräch auf der Terrasse war sie nicht dabei. Aber hinter dem Busch hat sie sich nunmehr ein deutliches Bild von diesen Leuten machen können. Des Gärtners Arbeitsgerätschaft würde sie gerne als Inventar betrachten, so wie Alex seine Duftmarken gegen Rivalen. Ob Hund und Landschaftspfleger Freunde werden könnten?
Arnold vermochte ja leider die Fähigkeiten des Landschaftsgärtners heute nicht zu beurteilen. Doch die Oberweiten der zukünftigen Hausdamen haben es ihm angetan. Mit diesem Knetmaterial ließe sich gut arbeiten.
Es haben sich ausgesprochene Kenner der Aufgabenstellung bei den Villenbesitzern vorgestellt. Man wird sie engagieren, denn sie passen haargenau in ihre abenteuerliche Gedankenwelt, sind die Neureichen überzeugt. Er sieht sich bereits als Genießer inmitten einer Freihandelszone.
Da ist ja in diesem Fall niemand zu einem befriedigenden Ergebnis gelangt, obwohl man sich auf einem guten Weg befand und die Sonne herrlich strahlt. Deshalb schlägt Anton vor, sich per FKK etwas näher zu kommen; wäre auf seinem Areal gang und gäbe.
Dieser paradiesische warme Frühlingstag ist wie geschaffen, um sich in der erblühenden Natur urwüchsig zu verhalten. Das Himmelsgestirn strahlt auf Genießer herab, die sich geben, wie die Evolution sie gestaltete. Und nebenbei vermag Arnold ganz unverhohlen zu begutachten, was er sich denn einzukaufen beschlossen hat.
Ob der Gartenfachmann außer in Einsaaten ebenso mit handelsüblichen Geräten wie Aufsitzrasenmäher und Heckenscheren firm ist? Und was kennt er von Kreuzbestäubungen? Das Wissen darüber ist unabdingbar bei der Heranzucht neuer Schösslinge. Es müssen nicht immer nur Blumen sein.
Werden die Haushaltshilfen neben der Bedienung von Gießkannen auch Bettenmachen, Staubsaugen und Essen kochen können? Die Villenbesitzer gehen mal davon aus. Sie sind mehr als froh, dass sie ausgerechnet diese Bewerber favorisiert haben, denn es hatten sich einige andere ebenso beworben. Offensichtlich haben sie einen Volltreffer gelandet.
Die nigelnagelneuen Mitarbeiter haben ein anständiges Bewerbungsangebot vorgelegt, wenn die Demo auch nicht so ausgefallen ist, wie man es sich ausgemalt hatte.
Der Hausherr gibt den zukünftigen Angestellten zu verstehen, sich keinerlei Zwang anzutun. Er vergnügt sich mit seiner Frau, aber nebenbei wirft er lüsterne Blicke auf Katrin und Sonja. Bisher hat er es nicht geschnallt, welche eigentlich des Gärtners Angetraute ist.
Ist auch letztlich egal, er erhebt den Anspruch, bei beiden im Sattel zu sitzen. Judith steht dem nicht entgegen, im Gegenteil: Sie ist klever und weiß, dass einseitige Liebe sich irgendwann abkühlt. Deshalb unterstützt sie Arnold und führt ihm immer wieder schmackhafte Leckerbissen zu. Am Ende profitiert sie ebenfalls davon.
Darauf ist ihr Genießerleben aufgebaut.
Nach alter Überlieferung hatte in vergangenen Jahrhunderten ein Großbauer das ungeschriebene Recht der ersten Nacht, wenn er einer seiner Mägde die Heiratserlaubnis erteilte. Und der Knecht, der eigentliche Ehemann, hat zu erdulden, dass der Patriarch Kurzweil mit seiner frisch Angetrauten Trine oder Lina hat. Das Fazit solchen Vergnügenswurde aber nicht zum Erben des Bauern, sondern ein neuer Knecht oder Soldat für den Landesherrn war die Nachwirkung.
Arnold nimmt sich dieses unverbriefte Recht eines Brötchengebers selbst in der heutigen Gegenwart heraus. Derartige Gepflogenheiten machen reiche Schickis zur Grundlage ihrer neuzeitlichen Lebensführung. Arnold würde bei Kathrin wie Sonja sicher nicht debütieren, denn die haben ihre Erfahrungen längst schon gesammelt.
An diesem Sonnentag haben die Beteiligten leider nur unvollständigen Spaß erlebt. Der Hund war Schuld daran, doch nachdem der sein Leckerli erhalten hatte, beruhigt er sich und akzeptiert sogar den neuen Rüden auf dem Grundstück. Die unbekannten weiblichen Menschen wird er regelmäßig in der Nase haben und auf Läufigkeit untersuchen. Damit hat er ein ganz neuartiges, zusätzliches Aufgabengebiet.
Ebenso wie Arnold auf die Feministinnen, blinzelt Judith lüstern zum Gärtner hinüber. Sie malt sich aus, wie er nach getaner Arbeit auf dem Villengrundstück gleichsam ihr Areal beackern würde. Ehemann- oder Gärtnersmann- ein interessantes Wortspiel, und nicht nur das.
Diese Sonnenanbeter genießen weiterhin die wärmende Sonne, die zukünftigen Angestellten haben sich schnell arrangiert. Die Saison ist voller Wonnen eröffnet.
Die Villenbesitzer sind keine Kinder von Traurigkeit, und die Neuen haben sich in die brandneue Umgebung rasch eingefügt. Jetzt möchten sie nur im Sonnenschein liegen und ihre Körper rundum bräunen. Es sei ihnen gegönnt.
Plötzlich kommt ein Ruf von der Terrasse: »Mama, Papa, wo seid ihr?«
Die Teens sind von der Privatschule nach Hause gekommen.
Ist es unversehens so spät geworden?, haben sie hier so lange rumgemacht? Stets, sobald sie im Liebreiz verstrickt sind, vergessen die Eltern Zeit und Raum. Doch der Nachwuchs kennt das. Oft, wenn die Oldies nicht auffindbar sind, vergnügen die sich mit irgendwelchen Freunden oder Geschäftspartnern. Das bahnt wieder brandneue Geschäftsbeziehungen an, und darauf beruht ihr erstaunlicher Reichtum.
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