Die Stellenbewerber sind nicht abgeneigt. Im Gegenteil, sie vermögen sich gut vorzustellen, die Erwartungen dieser Brötchengeber noch zu übertreffen. Es passt in ihre Gedankenwelt. Neureiche setzen sich keine Schranken und dürften sich Exzesse durchaus erlauben, meinen sie.
Der betuchte Hausherr und seine aufreizende Frau werden keineswegs Katzen im Sack zu kaufen. Das Einstellungsgespräch soll helfen, herauszufinden, wie diese Leute ticken. Man kann es sich leisten, Angestellte mit ausgefallenen Vorstellungen zu beschäftigen.
Ihren Nachwuchs haben die Villenbesitzer von klein an aufgeklärt erzogen. Im Kleinkindalter schon erlebten die Abkömmlinge ihre Eltern gelegentlich in pikanten Situationen. Alkoholgesättigte Partys wurden oft im Schlafzimmer fortgesetzt. Zuweilen waren die Sprösslinge unverhoffte Zaungäste. Papa und Mama und die Onkel und Tanten haben offenbar einen unguten Traum, meinten die Knirpse, wenn sie unerklärliche Geräusche vernahmen. » Wir haben gerade Spaß «, sagten die Großen dann.
Im fortgeschrittenen Alter hatten sie geschwisterliche vorpubertäre Erfahrungen gesammelt. Das ist durchaus üblich unter Heranwachsenden. Die Jungs gaben ihren Schwestern Anschauungsunterricht, wozu ihre Wunderhornetüten fähig sind. Die Mädchen staunten, wenn ihre Brüder Schüttelfrost bekamen. » Es ist doch Sommer, weshalb zittert ihr denn so? «
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Später Vormittag bei diesem Bewerbungsgespräch. Es läuft auf die Mittagszeit zu. Ein herrlicher, warmer Tag im Mai, die Gräser sprießen, statt verblühten Krokussen wagen sich Frühlingsblumen wie Tulpen, Ranunkeln, Primeln und Hyazinthen aus dem Boden. Der vorherige Gärtner hat vor seinem Ausscheiden viele Rabatten mit Stiefmütterchen besetzt. Man sitzt im Freien und plaudert auf der im italienischen Stil angelegten Terrasse über Details des Beschäftigungsverhältnisses.
Vor dem Freisitz ist ein großflächiger Pool in die Rasenfläche eingebettet. Der dürfte selbst einem 4-Sternehotel nachhaltig Ansehen verleihen. Auf Piktogrammen am Beckenrand wird darauf hingewiesen, dass die Benutzung mit Badekleidung nicht gestattet sei. Eine Badekappe wegen der Hygiene aber durchaus.
Über das Schwimmbecken hinaus genießt der Besucher einen weiten Blick auf das ausgedehnte Grundstücksareal. Am südlichen Ende ist es durch einen Bachlauf begrenzt und durch schnuckelige Buschhecken unterteilt. Komfortable Sitzgelegenheiten laden zum Verschnaufen ein. Vogelnistkästen deuten darauf hin, dass die Besitzer naturverbunden sind.
Geplant ist, den Komplex um eine 6-Loch Golfanlage zu erweitern. Dazu hat der Eigentümer bereits detailliert vorbereitetePläne.
Wenn das Wetter es zulässt, vergnügen Partygäste sich außerhalb der Villa; andernfalls finden feuchtfröhliche Gelage innerhalb der Immobilie statt. Zwei große Räume sind mit erotisierenden Gerätschaften ausgestattet. Die werden auf Partys von den Gästen gerne ausprobiert.
Missgünstige Leute könnten das Ganze jetzt für ein Eroscenter halten, das auf Gewinnstreben ausgerichtet ist. Das ist nicht so. Man lebt Wunschträume ausschließlich unter Freunden und Bekannten aus. Das Personal wird zum Servieren, aber ebenso für andersartige Gefälligkeiten einbezogen.
Der Gärtner
Um den zukünftigen Angestellten eine natürliche Anfangsscheu zu nehmen, schlendert der Hausherr bald mit dem Grünlandfachmann und den beiden zukünftigen Palastmamselln über das von frischem Gras bedeckte Gelände. Er instruiert den jungen Mann, wie er sich Pflege von Grund und Boden und die Betreuung der Familie und Gäste vorstellt. Dafür ist hier draußen und in der Villa mancherlei eigentümliches Zeug vorhanden, welches Mann (und Frau) nach Lust, Laune und Verlangen zur Hand nehmen kann. Die Instandhaltung und Pflege fällt in erster Linie in den Aufgabenbereich des Gärtners. Die Angestellten sind für die Häuslichkeit und das körperliche Wohlbefinden zuständig.
Die designierten Mitarbeiter bekommen glänzende Augen, als sie erfahren, was auf dem großflächigen Areal oft los ist. Nicht zu übersehen, dass es beim Gärtner sprießt, und den Mädels kommen ausschweifende Gedanken. Der junge Mann verfällt in einen watschelnden Gang, und die Schätzchen werfen sich verstohlene Blicke zu. Man versucht zwar, das diskret zu verbergen, doch der Hausherr hat ihre Gefühlsregung lange bemerkt. Es löst ein positives Empfinden für diese Leute aus.
Werden die künftigen Angestellten gewisse Erwartungen des Hausherrn erfüllen? Das möchte er begeistert austesten. Man scheint auf einem begehbaren Weg zu sein.
Hollywoodschaukeln laden zur Benutzung ein. Man aalt sich in der Sonne, schäkert ein wenig, macht Small Talk. Die Frühlingsluft regt an, und der Kehle dürstet nach Flüssigem. Der Herr des Hauses bequemt sich, um erfrischende Getränke zu holen, wie er beiläufig bemerkt.
Arnolds Gedanken kreisen.
Sofern die drei seinen Ansprüchen und Vorstellungen entsprechen, würden sie, so sein Kalkül, während seiner Abwesenheit mit Gott Amor in Verbindung treten. Arnold hat bemerkt, wie aufgewühlt sie sind. Nicht nur von der wohlmeinenden Sonne.
Die Vermutungen täuschen das Schlitzohr nicht. Als er mit einem Korb voller Durstlöscher und Judith, die sich bisher vornehm zurückgehalten hat, zurückkommt, schleichen sie sich hinter ein Gebüsch und beobachten, lüstern durch Zweige blickend, die motorische Unruhe der Arbeitssuchenden. Zwei Spanner beluchsen potenzielle Angestellte. Man hat sich doch eingehend zu informieren! Katzen im Sack kaufen werden sie nicht.
Der Gärtner sitzt zwischen den beiden Schätzchen in der Holly-Schaukel. Gedankenverloren -oder zielstrebig? - betasten sie seine Oberschenkel und lassen wie zufällig einen dreisten Wunderheiler sein schützendes Verlies verlassen. Es wäre unverantwortlich, diesem männlichen Attribut bei solch herrlichem Wetter weiterhin den Mief der Hose zuzumuten.
Sonja ist des Gartenpflegers Frau, sie kennt seinen Kameraden. Manche Jahre schon hat sie ihn regelmäßig gepflegt, daher weiß sie, dass er keineswegs altersschwach ist.
Katrin, beider Freundin, ziert sich ebenfalls nicht. Zielstrebig ertastet sie anhängige Kronjuwelen. Sie versucht abzuschätzen, wie viel Karat die wohl auf die Waage bringen könnten. Offenbar hat der rechtmäßige Eigentümer seit Tagen mit niemandem über den Besitz gefeilscht. Kostbarkeiten erweisen sich als wertbeständig.
Der Gärtner lässt es sich gefallen, dass er verwöhnt wird, und er ist nicht arbeitsscheu, denn im Frühling wird gesät und gepflanzt. Sonja bereitet die Mulde, und Katrin beizt das Saatgut, damit im Herbst geerntet werden kann. So wie sie das beim Fachmann gelernt haben.
Die Tätigkeit macht durstig, besonders an diesem herrlichen Frühlingstag. Sonja ist nicht eigennützig und teilt gerne; sie hat eine hohe Meinung dazu, wenn ihr Ehemann auch anderen Muttis Wohltaten zukommen lässt.
An sich ist heute keine Erntezeit, gleichwohl stechen arbeitsgewohnte Hände den ersten Spargel.
Freudig hätten die Freundinnen jetzt von einem Fachmann die Frühjahrsarbeit verrichten lassen. Doch ohne Auftrag in einem unbekannten Garten wildern? ist zu gewagt. Wie leicht könnte der Villenbesitzer sie dabei überraschen, und dann wäre es nichts mit der neuen Stelle. Sie ahnen ja nicht, dass Lustmolche jenseits des Gebüsches nur auf eine solche Bearbeitung warten.
Hinter den Büschen lauern zwei Augenpaare und finden unmäßiges Gefallen an ihren designierten Mitarbeitern. Da bleibt es nicht aus, dass auch sie mächtig in Aufruhr geraten. Aber sie halten sich zurück, denn der Fortgang der Ernte vor ihren Augen verspricht Genuss pur. Mann, was haben wir uns da eingefangen, ereifert sich Arnold zu Judith. Es hat den Anschein, als würde es zu einer flotten Ménage-à-trois kommen.
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