Regula Michel - Die Villa Bühler und das Münzkabinett in Winterthur

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Die 1866–1869 nach Plänen des in Mülhausen tätigen Architekten Friedrich Ludwig von Rütte für den Textilfabrikanten Eduard Bühler-Egg erstellte Villa gehörte in ihrer Zeit zu den prunkvollsten und modernsten Wohnbauten im Kanton Zürich. Anhand reich vorhandener bauzeitlicher Quellen und amüsanter Lebenserinnerungen von Tochter Fanny entsteht ein buntes Bild des damaligen Zürcher Bauwesens und der Lebensweise der Hausbesitzer. Der gut erhaltene, von Kunstgärtner Conrad Löwe entworfene und angelegte Park sowie ein paar Innenräume mit der numismatisch bedeutenden Sammlung Münzkabinett sind öffentlich zugänglich.

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Regula Michel · Benedikt Zäch

Die Villa Bühler und das Münzkabinett in Winterthur

Kanton Zürich

Einleitung Einleitung Die Villa Bühler-Egg an der Lindstrasse gehört zu den schönsten Villen Winterthurs und steht in einem stimmungsvollen, mit dem Haus in Einklang stehenden Park. In den beiden am besten erhaltenen Innenräumen sind die Wechselausstellungen des Münzkabinetts, einer der bedeutendsten Sammlungen von Münzen, Medaillen und Geldscheinen der Schweiz, zu besichtigen. Im Obergeschoss der Villa sind das Statthalteramt und der Bezirksrat, die Vertretung des Regierungsrats im Bezirk Winterthur, untergebracht. Diese Räume sind nicht öffentlich zugänglich. Gebäude und Park entstanden 1867–1869, in einer Zeit des enormen Um- und Aufbruchs, als wichtige Weichen für die Umwandlung der verträumten Provinzstadt zum bedeutenden Industrieort gestellt wurden. Bewohnt wurde das Ensemble durch die Familie Bühler-Egg, bestehend aus Vater Eduard, Mutter Fanny, den beiden Kindern Edy und Fanny und dem Hauspersonal. Die Eltern wuchsen beide in Fabrikantenfamilien auf, die Mutter in Winterthur, der Vater in Kollbrunn im Tösstal ZH. Entwerfender Architekt der Villa war der damals in Mulhouse tätige Berner Friedrich Ludwig von Rütte. Die Bauleitung hatte der noch junge Ernst Georg Jung inne, der für diese Arbeit nach Winterthur kam und in der Folge als erster akademisch gebildeter Architekt das bauliche Gesicht der Stadt wesentlich mitprägte. Für die Parkgestaltung engagierte Bühler-Egg den bedeutenden Landschaftsarchitekten Conrad Löwe. Während das Äussere der Villa und der Park samt Ökonomiegebäude und Orangerie gut erhalten sind, wurden die einst z. T. sehr prunkvollen Innenräume leider grösstenteils verändert und purifiziert. Doch die erhaltenen schriftlichen und bildlichen Quellen – z. B. ausführliche Bauabrechnungen und die Lebenserinnerungen von Tochter Fanny – lassen ein lebendiges Bild des Winterthurer Bauwesens jener Zeit und des Familienlebens in der Villa entstehen.

Winterthur in den 1860er Jahren

Die Familie Bühler-Egg

Vater Eduard Bühler-Egg

Mutter Fanny Bühler-Egg

Sohn Edy Bühler-Koller und Söhne

Tochter Fanny Sulzer-Bühler

Bau- und Besitzergeschichte

Der Kauf des Baulandes

Die Wahl des Architekten

In welchem Style sollen wir bauen?

Bauzeit und Umgestaltungen

Leben in Villa und Park

Das Äussere der Villa

Das Innere der Villa

Park und Nebengebäude

Würdigung

Neue Eleganz – das Zürcher Bauwesen im Umbruch

Conrad Löwe und die Gartenkunst in Winterthur

Münzkabinett und Antikensammlung der Stadt Winterthur

Von der Bürgerbibliothek zum Münzkabinett

Friedrich Imhoof-Blumer und das Städtische Münzkabinett

Betreuung im Nebenamt

Sammlungsarbeit

Neuausrichtung in der Villa Bühler

Das Münzkabinett heute

Anhang

An der Kreuzung von Lind und StGeorgenStrasse öffnet sich flankiert von - фото 1

An der Kreuzung von Lind- und St.-Georgen-Strasse öffnet sich, flankiert von hochaufragenden Pappeln, das barockisierende dreiteilige Haupttor. Dahinter führte eine Buchenallee zur etwas erhöht stehenden Villa empor. Foto um 1875. Die meisten der Fotografien aus der Zeit wurden von Johann Linck (1831–1900) oder seinem Sohn Hermann (1866–1938) gemacht. Die Lincks waren während dreier Generationen die Salonfotografen des Winterthurer und Zürcher Bürgertums.

Einleitung

Die Villa Bühler-Egg an der Lindstrasse gehört zu den schönsten Villen Winterthurs und steht in einem stimmungsvollen, mit dem Haus in Einklang stehenden Park. In den beiden am besten erhaltenen Innenräumen sind die Wechselausstellungen des Münzkabinetts, einer der bedeutendsten Sammlungen von Münzen, Medaillen und Geldscheinen der Schweiz, zu besichtigen. Im Obergeschoss der Villa sind das Statthalteramt und der Bezirksrat, die Vertretung des Regierungsrats im Bezirk Winterthur, untergebracht. Diese Räume sind nicht öffentlich zugänglich.

Gebäude und Park entstanden 1867–1869, in einer Zeit des enormen Um- und Aufbruchs, als wichtige Weichen für die Umwandlung der verträumten Provinzstadt zum bedeutenden Industrieort gestellt wurden. Bewohnt wurde das Ensemble durch die Familie Bühler-Egg, bestehend aus Vater Eduard, Mutter Fanny, den beiden Kindern Edy und Fanny und dem Hauspersonal. Die Eltern wuchsen beide in Fabrikantenfamilien auf, die Mutter in Winterthur, der Vater in Kollbrunn im Tösstal ZH. Entwerfender Architekt der Villa war der damals in Mulhouse tätige Berner Friedrich Ludwig von Rütte. Die Bauleitung hatte der noch junge Ernst Georg Jung inne, der für diese Arbeit nach Winterthur kam und in der Folge als erster akademisch gebildeter Architekt das bauliche Gesicht der Stadt wesentlich mitprägte. Für die Parkgestaltung engagierte Bühler-Egg den bedeutenden Landschaftsarchitekten Conrad Löwe.

Während das Äussere der Villa und der Park samt Ökonomiegebäude und Orangerie gut erhalten sind, wurden die einst z. T. sehr prunkvollen Innenräume leider grösstenteils verändert und purifiziert. Doch die erhaltenen schriftlichen und bildlichen Quellen – z. B. ausführliche Bauabrechnungen und die Lebenserinnerungen von Tochter Fanny – lassen ein lebendiges Bild des Winterthurer Bauwesens jener Zeit und des Familienlebens in der Villa entstehen.

Winterthur in den 1860er Jahren

Winterthur war, wie viele andere Schweizer Städte, bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein stark mittelalterlich geprägt. Die mit einem Befestigungsring umgürtete Stadt mit 2000–3000 Einwohnern lag in einer grünen, nur spärlich bebauten Umgebung, und noch bis um 1830 wurden die vier Stadttore jede Nacht verriegelt. Kleine Gärten dienten der Selbstversorgung, Trinkwasser lieferten die öffentlichen Brunnen, Brauchwasser der durch die Gassen plätschernde Stadtbach, und die Toten wurden noch bis 1826 mitten im Stadtzentrum bestattet. Jahrhunderte lang hatte der Rat der Stadt Zürich Winterthur mit Verboten und Gesetzen kleingehalten, so dass sich keine florierende Wirtschaft entwickeln konnte und nur ein paar initiative Familien im Fernhandel, in der Herstellung neuer Produkte wie z. B. von Watte und chemischen Substanzen oder in ausländischen Beteiligungen eine Entwicklungsmöglichkeit gefunden hatten. Erst der Einmarsch der napoleonischen Truppen 1798 beendete die Stadtzürcher Herrschaft. Erstes sichtbares Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit war die Auffüllung des Stadtgrabens auf der Nordseite der Altstadt im Jahr 1800 mit Anlage einer baumbestandenen Promenade; die eigentliche Öffnung zum Umland hin erfolgte in den 1830er Jahren, als alle Befestigungsanlagen fielen. Ungefähr gleichzeitig, zwischen 1800 und 1860, wurden die ersten, später weltbekannten Industrie- und Handelshäuser gegründet, deren Namen wie Rieter, Sulzer und Volkart noch heute ein Begriff sind. Einen weiteren industriellen und merkantilen Aufschwung verursachte der Bau der ersten Bahnlinien (1855–1857), die Winterthur mit dem Bodensee, St. Gallen, Zürich und Schaffhausen verbanden. Von 1800 bis 1850 verdoppelte sich die Einwohnerzahl der baulich immer noch vorwiegend mittelalterlich geprägten Stadt.

Blick vom Brüelberg auf die noch geschlossene Stadtanlage inmitten von Wiesen - фото 2

Blick vom Brüelberg auf die noch geschlossene Stadtanlage inmitten von Wiesen und Feldern. Darstellung von Georg Adam (1784–1823), um 1820.

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