Ich hatte das Gefühl, dass Nikoma unmittelbar in unserer Nähe war, sehen konnte ich ihn jedoch nicht. Über uns zog unser Dauerbegleiter, der Turmfalke, seine Kreise.
Abrupt änderte sich die Landschaft und wir kamen auf einem Hügel an. Vor uns erstreckte sich ein weites, grünes Tal, mit einem Meer aus Blumen, soweit das Auge reichte. Doch noch bevor sich Nikomas Stimme warnend meldete, trug der Wind die Geräusche von Waffenklirren und ängstlichen Schreien, sowie den altbekannten widerlichen Geruch der Moorguhls zu uns.
Zurück! Zurück! Noch haben sie euch nicht wahrgenommen!
Nikomas Stimme hallte in meinem Kopf, doch ich war wie erstarrt. Ian schien es nicht anders zu gehen.
Es war eine kleine Gruppe und sie waren von den Moorguhls umzingelt. Wer sie waren, war nicht auszumachen, jedoch war deutlich, zu sehen, dass sie in der Unterzahl waren.
Es sind Elfen und sie sind einem Spähtrupp der Moorguhls in die Arme gelaufen. Ihr könnt nicht helfen. Flieht! , beantwortete Nikoma meine unausgesprochene Frage.
Es war Ians Blick. Seine Augen waren gebannt auf das Geschehen gerichtet. Mir war, als könnte ich den Kampfgeist, wie wilde, lodernde Flammen, in seiner Iris leuchten sehen.
„Nein. Oh, nein. Tu das nicht, Ian! Bitte! Wenn dir ...“, versuchte ich, zu ihm durchzudringen. Doch er wusste, was ich sagen wollte und ließ mich nicht ausreden.
Ein Schlichtes „Ich muss! Sie sind auch unsere Feinde!“ und ein entschuldigendes Schulterzucken, war alles was er erwiderte, bevor er davon preschte.
„Du musst nicht immer den verdammten Helden raushängen!“, brüllte ich ihm zornig hinterher, doch es ging in seinem Schlachtruf unter.
„Hold fast. Hold fast“, hörte ich ihn brüllen und sein Claymore Schwert glitzerte todbringend in der Luft, als er es über seinem Kopf schwang.
Ich folgte ihm völlig unbewusst. Vielleicht aus einem Reflex heraus, vielleicht war auch mein Pferd daran schuld. Und doch folgte ich der Staubwolke, in der sich Ian und sein Pferd verbargen.
Narren! Narren!, tönte Nikomas Stimme.
Ian bemerkte mich nicht. Er war aufs Kämpfen konzentriert und schlug noch im Galopp zwei Moorguhls die Köpfe ab. Gelbes Blut spritzte in alle Himmelsrichtungen, die ekelhaften Zungen schossen nochmals schnalzend und sich windend hervor und ein markerschütterndes Gekreische erhob sich. Wie von selbst schloss sich meine Hand um den Griff meines Dolches. Ich visierte einen Moorguhl an, der mit einem schlanken Elfen kämpfte und warf. Woher meine plötzliche Zielgenauigkeit kam, wusste ich nicht. Dennoch traf ich auch hier, den Elfen um Haaresbreite verfehlend, mit Präzision das grüne Monster direkt zwischen die Augen. Allerdings nahm mir mein Pferd den Angriff sowie den Gestank so übel, dass es mich kurzerhand in hohem Bogen und mitten im Kampfgeschehen abwarf!
Der harte Aufprall nahm mir die Luft. Tränen schossen mir in die Augen. Ich schmeckte Blut, da ich mir auf die Zunge gebissen hatte. Geistesgegenwärtig rollte ich mich ab, um nicht unter die Hufe zu kommen. Stattdessen landete ich zu Füßen eines furchterregenden Moorguhls. Heilige Maria. Mist!
Hektisch griff ich auf der Suche nach einer Waffe um mich. Mein Dolch steckte dummerweise in einem anderen Ungetüm. Irgendwie kam ich auf die Füße und wich rückwärts aus. Die kalten Reptilienaugen folgten jeder meiner Bewegungen. Das Monster war blutbesudelt und dieses Blut war rot, realisierte ich. Seine Zunge schoss peitschenartig hervor und zeigte messerscharfe Zähne, die mich an einen Hai denken ließen. Voller Panik wich ich noch weiter zurück und das Mistvieh folgte mir. Fast wäre ich über den Leichnam eines Elfen gestolpert, konnte jedoch gerade noch das Gleichgewicht halten. Aus den Augenwinkeln sah ich das Schwert des Toten im Boden stecken. Ohne das Monster aus den Augen zu lassen, zog ich es aus der weichen Erde. Schwerer als gedacht musste ich es in beide Hände nehmen. Tja, Isa. Kein Degen, kein Duell nach festgelegten Regeln und vermutlich nicht den Hauch einer Chance, schoss es mir durch den Kopf.
„Oh verflucht, MacLeod. Wo bist du, wenn ich dich brauche?“, murmelte ich verzweifelt.
Der Moorguhl ging jäh zum Angriff über, breitbeinig stand ich da und parierte. Das Gute war, er schlug völlig planlos zu, das Schlechte, er hatte eine Wahnsinnskraft und ich nicht. Schritt für Schritt trieb er mich nach hinten und dort wartete schon der nächste Moorguhl auf mich. Sie würden mich in die Zange nehmen und dann wäre es aus mit mir.
Wie aus dem Nichts sprang ein riesiges, graues Fellbündel an mir vorbei und riss den Moorguhl hinter mir um. Gleichzeitig machte der Moorguhl vor mir einen Ausfallschritt auf mich zu. Ich wich zu ruckartig aus, stolperte und fiel rücklings in den Sand. Sand? Noch bevor das Monster mit seinem Krummschwert auf mich einstechen konnte, warf ich ihm Sand in die lidlosen Augen und rollte zur Seite. Hinter mir jaulte der Wolf und der andere Moorguhl kreischte.
Mein schuppiger Gegner hieb blindlings auf die Stelle ein, wo ich vor Sekunden noch gelegen hatte. Der Gestank ließ mich würgen und ich musste mit immenser Gewalt gegen den Drang ankämpfen, mich zu übergeben. Ich kam in einer Drehung zurück auf die Beine, schwang das Schwert und versuchte dem Moorguhl den Kopf abzuschlagen. Gelbes, gallertartiges Blut spritzte mir ins Gesicht. Mein Schwert steckte in dem fast zur Gänze abgetrennten Hals des Moorguhls. Ich würgte während meine vom Blut glitschigen Hände versuchten, das Schwert aus dem Monster zu ziehen. Es gelang mir nicht. Ich rutschte ständig ab.
„Nein, oh nein!“ Langsam wurde ich hysterisch.
Der Wolf hatte inzwischen den anderen Moorguhl an der Gurgel gepackt und riss ihn mit einem gewaltigen Ruck entzwei. Gelbes Blut ergoss sich über mich und ich konnte nichts mehr sehen. Schon kamen die nächsten beiden Moorguhls auf mich zu und das vermaledeite Schwert löste sich noch immer nicht.
Der Wolf stellte sich beschützend vor mich. Er blutete aus etlichen Wunden und sein Fell war getränkt mit gelbem Moorguhlblut. Er hatte die Lefzen hochgezogen und entblößte gefährliche Zähne. Mit dem Mut der Verzweiflung zog ich ein letztes Mal mit all meiner verbliebenen Kraft und bekam das Schwert frei.
Der Feind hatte mich erreicht. Dem Wolf gelang es einen der Moorguhls von mir wegzutreiben, während ich den anderen in einer Drehung mit dem Fuß mitten auf die Brust traf.
Leider fiel der Moorguhl nicht wie erwartet um. Stattdessen begann er zu Grunzen wie ein Schwein, was wohl seine Art zu lachen war. Es ging mir durch Mark und Bein, so widerwärtig war es.
Mit klackernden und geckernden Geräuschen, als rede er mit mir, kam er näher, während seine Zunge über sein Maul leckte.
„Oh nein. Böses Vieh! Ich schmecke nicht! Noch nicht einmal tot. Versuch es erst gar nicht!“, stieß ich hervor und fuchtelte mit dem Schwert herum.
Wieder wich ich aus, parierte, wich aus, was mit meinem langen Kleid denkbar schlecht ging. Von einer Sekunde zur anderen hatte er plötzlich zwei Schwerter und ich war erledigt, so was von erledigt! Ein siegessicheres, ekelhaftes Grinsen erschien im Antlitz des Moorguhls, fast als lache er von einem Ohr bis zum anderen nur, dass da keine Ohren waren. Den Wolf hatte ich aus den Augen verloren, ebenso den anderen Moorguhl. Plötzlich war Nikoma an meiner Seite, das Schwert in seiner Hand war längst über und über mit gelbem Blut besudelt.
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