Wir sahen uns beide an und lachten schallend los. Zwei Seelenverwandte. Die Fahrt war sehr unterhaltend. Wir unterhielten uns über dies und das und ich begann mich zu amüsieren, obwohl ich es nicht vorhatte. Sarah nahm mir den Wind aus den Segeln, ich freute mich direkt auf diesen Abend.
Viel zu schnell kam Dunvegan Castle in Sicht. Imposant lag die graue, steinerne Trutzburg vor uns. Eigentlich hatte ich noch vor, sie über diesen MacLeod auszufragen, nur, daraus wurde erst einmal nichts. Außer dass MacLeod der jüngere Bruder des Chiefs Lord William James Torquil MacLeod und der mittleren Schwester Maria Joan MacLeod war und das es noch einen Bruder namens Georgie gegeben hatte, hatte ich nichts weiter erfahren.
Man hatte trotz der frühen Abendstunden schon Fackeln angezündet und der große Holzhaufen wartete auch schon auf seinen großen Moment. Wenn es erst richtig dunkel wäre, würde Dunvegan sicher gigantisch wirken. Menschen in mittelalterlichen Gewandungen kamen uns zuhauf entgegen. So langsam wurde mir klar, dass es von besagtem Mr. MacLeod letztendlich doch eine gute Idee gewesen war, mir ein Kleid zu beschaffen. Mehr als einmal drehte ich mich bewundernd nach Kilt tragenden Männern um.
„Sieht stark aus, so ein Kilt. Vor allem die traditionelle alte Art“, raunte mir Sarah zu, der meine Blicke nicht entgangen waren. „Man nennt sie: Belted Plaid oder auf Gälisch `feileadh mor´, es werden sechs bis sieben Meter Stoff verbraucht für diese Variante. Wobei, unter uns, bei Ian sind es noch zwei Meter mehr.“
„Wow. Echt?“, staunte ich bewundernd. Ein strahlendes Leuchten ging über ihr Gesicht und ich drehte mich nach dem Grund um. Es bot sich mir ein atemberaubendes Bild – zwei Schotten in jenem altertümlichen Highland Kilt näherten sich uns. In dem einen erkannte ich MacLeod wieder, der andere musste demnach MacCrimmon sein. So war es auch, denn Sarah sprang mit einem fröhlichen Jauchzen in seine Arme.
„Mein Schatz, darf ich dir Isa vorstellen? Oh, Mac! Sie ist wunderbar. Du glaubst ja gar nicht, wie sehr wir uns schon amüsiert haben!“
Abwechselnd blickte sie von mir zu Ian, welcher mit genauso amüsantem Lächeln Sarahs Wortschwall über sich ergehen ließ.„Tatsächlich?“
„Stell dir vor und Mrs. Pomfrie ...“ Ian hörte immer noch Sarah zu, seine Augen jedoch verweilten bei mir.
„Na, da bin ich aber froh, dass die Ladys ihren Spaß hatten!“, antwortete er trocken und zu mir gewandt: „Schön, dass Sie gekommen sind! Wie ich sehe, steht Ihnen das Kleid ausgezeichnet.“
Colin trat vor und küsste galant meine Hand. „Enchanté, Mylady!“ Ian schlug er im Vorbeigehen kameradschaftlich auf die Schulter. „Mo charaid, du hattest recht! Nicht so steif, Mann!“
Sein spitzbübisches Grinsen steckte selbst mich an.
„Mhm, darf ich bitten?“ Ian reichte mir seinen Arm und ich ergriff selbigen schnell, bevor mich meine eigene Courage erschreckte. Vor uns sprangen Sarah und Colin Hand in Hand, wie junge, frisch verliebte Teens, den Weg entlang. Mit raschem Seitenblick ließ ich meine Augen unbemerkt über die atemberaubende Gestalt des Highlanders an meinem Arm gleiten. Alles an ihm passte zusammen: die zum Zopf gebundenen, dunkelbraunen Haare, die braunen Augen mit den langen, schwarzen Wimpern (von deren Länge und Dichte eine Frau nur träumen konnte!), der gut gebaute Körper ... und zur Krönung des Ganzen trug er einen Kilt, im blau- grünen Karomuster des Clan MacLeod of Skye.
Perfekt! Verflixt noch mal, Isa du gerätst ins Schwärmen und das ist gar nicht gut!
Was sollte ich sagen. Mein Geist war willig, mein Körper, nun ja, nicht so unbedingt!
Er führte mich durch ganz Dunvegan Castle, vom Keller mit der privaten Weinkellertour, der üppigen Ahnengalerie, bis hin zur sagenumwobenen Fairy Flag. Selbst der Wahnsinnsausblick von den Zinnen der Burg, aufs Meer hinaus oder auf den zauberhaft üppigen Garten, blieb mir nicht verwehrt. Mal ganz zu schweigen davon, dass so eine Privatführung etwas ganz Besonderes ist.
Es waren nämlich nicht die ganzen Jahreszahlen oder welcher Ahne von wem abstammt, was interessant war, sondern vielmehr die kleinen, netten Anekdoten und die beherrschte Ian MacLeod aus dem FF. Ich klebte förmlich an seinen Lippen, verflixt noch eins.
Dunvegan Castle war seit über 700 Jahren im Besitz des Clans MacLeod. Von Flora MacDonald über Bonnie Prince Charly gab es etliche Berühmtheiten, die schon auf der Burg verweilt hatten. Ferner war Dunvegan Castle auch die beinahe einzige, dauerhaft bewohnte Burg Schottlands. Allerdings traute ich mich nicht zu fragen, wo denn Ian MacLeod in dieser großen Burg nächtigte.
„Also ich kenne Ihren Namen nur von ...“
„Oh, ja. Vom Highlander. Tja, leider bin ich nicht unsterblich!“, unterbrach er mich lachend. „Oh, bitte nicht rot werden. Ich bin dererlei Fragen gewohnt!“
Ich schämte mich, blickte verlegen zu Boden. Wir hatten unseren Rundgang beendet und fanden uns wieder bei Sarah und Colin ein.
Aufmerksam begrüßte Ian hin und wieder Gäste. In einer unbewussten Geste legte er dann und wann seine freie Hand über die meine, als wolle er sichergehen, dass ich noch da war. Meine Hand fühlte sich an dem starken Arm, mit dem silbernen Armreif und den silbernen Ringen an Zeigefinger und Daumen, mehr als wohl.
„Ha, kaum zu glauben, dass die zwei Kindsköpfe verheiratet sind!“, bemerkte Ian mit einem Nicken zu Sarah und Colin, die nun eng umschlungen vor uns gingen.
„Ja, seit dem College, nicht?“
„Aha, Sarah hat aus dem Nähkästchen geplaudert, oder?“
„So könnte man es nennen. Es war übrigens sehr aufschlussreich.“
„Oh, oh! Gut oder schlecht für mich?“ Täuschte ich mich oder war er tatsächlich rot geworden?
„Wie man‘s nimmt, es geht so.“
„Ach, es geht so? Na warte, Verräterin!“, brummte er mit einem auf Sarahs Rücken gerichtetem Blick.
Mir entfuhr ein schadenfrohes Glucksen, was mir einen strafenden Blick einbrachte..
„Wer den Schaden hat ...“
„... braucht für den Spott nicht zu sorgen!“, fiel ich ihm ins Wort, wandte mein Gesicht aber schnell ab, um nicht zu zeigen, dass ich mir vor Lachen auf die Lippen biss.
„Mm, wenn du lachst, gefällst du mir noch besser!“, flüsterte er mir gebückt in mein Ohr, woraufhin ich fast stolperte und rot anlief.
Es folgte Ians Gesangsauftritt, welcher nicht nur mich bannte. Seine tiefe, raue Stimme sorgte für eine Ganzkörper-Gänsehaut meinerseits. Das Publikum johlte, tanzte und grölte mit. Ian hielt fast die ganze Zeit mit mir Blickkontakt und ich schlug beschämt die Augen nieder. Himmel, er flirtete mit mir. Dummerweise beherrschte er dies so gut, dass bereits mein ganzer Körper auf ihn reagierte. Sarahs Augen waren voller Stolz auf Colin gerichtet, der neben Ian an der Fiedel ebenfalls auf der Bühne stand. Zu guter Letzt spielten beide Dudelsack.
Ich fing langsam an, mir Gedanken zu machen, wie ich es anstellen sollte, zu gehen, ohne Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Dabei plagte mich ein tierisch schlechtes Gewissen. Verflucht noch mal!
Es wurde Tanzmusik gespielt und Ian und Colin stießen wieder zu uns. Was die ganze Sache nicht leichter machte. Ganz zu schweigen von der zunehmenden Dämmerung. Ich hatte mir immer einen tanzbegeisterten Mann gewünscht. Nun, Ian MacLeod war einer. Verflixt! Es fühlte sich so gut an, in seinen starken Armen zu schweben. Nur einmal schwach sein, einfach fallen lassen, diese einladenden Lippen küssen ...
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