King Necho
King Thutmosis
General Abdmalik
Wir setzten uns um einen ovalen Tisch auf bequeme lederne
Polstersessel mit hohen Lehnen; ich hatte auch solchen Sessel.
Aber auf der Tafel, die aus einer glatten, weißen Steinplatte
bestand und (wie schon gesagt) oval war, konnte ich keine Speisen
erblicken – auch kein Tischzeug – einfach gar nichts.
Ich wunderte mich und sagte, daß ich das täte.
Und darüber amüsierten sich die sieben Herren.
Mir wurde fast unbehaglich zu Mute.
»Bitte,« sagte King Thutmosis, »geben Sie mir ein paar
Manuskripte heraus.«
King Ramses rief heftig dazwischen:
»Nenne den Onkel doch Du, mach' doch nicht so viel
Umstände.«
Und nun nannten sie mich alle Du und wollten mich näher
kennen lernen.
Mir blieb demnach einfach nur übrig, dem Verlangen der
Herren zu willfahren.
Und ich legte auf den blanken weißen Tisch nachfolgende drei
Geschichten, die von meinen Nachbarn zur Rechten und Linken
mit Begierde ergriffen wurden.
Wir maken Allens dot!
Clownerie
Hopp!Hopp!Hopp!
Da is er – zieht Cylinder – verbeugt sich und sagt
ernst wie Staatsanwalt:
» Dramatûschek!«
Der Andre lächelt, klopft sich auf dickes Bauch, nickt
mit kahles Kopp und sagt schmunzelnd:
»Seer erfreut, mein Lieber! Ick bin der Kapitálski.«
Händegeschüttel – Schmunzelei – zwei Stühle –
Cylinder vergraben – Männer rauchen jleich Ziehgarn –
bald serr viel Dampf in Luft.
»Ick bin,« spricht Dramatûschek, »wie Sie woll wissen
– ein Schenie!«
»Weeß ick längst!« erwidert Kapitálski.
»Ick will,« fährt Dramatûschek fort, »bauen jroßes
Theater mit neistes Brimborium and allerscheenstes
Humbug (speak: Hömmböck!). Wir maken Allens dot.
Jiebst du Kapital? Speak, Kapitálski!«
Jast legt rechtes Bein auf linkes Bein, raucht wie
Schornstein und kickt jradaus wie Tatmensch.
Kapitálski steckt rechtes Hand in sei Rocktasch –
zieht aber jleich wieder Hand raus.
Dramatûschek kriegt Courage, redet feste:
»Mensch–jutes! Denk an! Ick hab jroßes Jedank mit
jroßes Mond – das schwebt auf Podium und quiekt: Au!«
»Jroßes Narr – kei Schenie!« murmelt Kapitálski – Jast
seiniges jleich serr hitzig.
Dramatûschek, das jroße Schenie, erhebt sich von
Stuhl und hält wildes Red:
»Du hast kei Ahnung, Kapitálski! Weißt Du, was ick
will maken? Ick will maken jroßes Theater – serr jroßes
und auch serr kleines. Da sollen Sterns vons Himmel
auftreten als Aktörs, sollen sein tiefsinnik wie altes
Sokrates – noch meer tiefsinnik. Jroßes Riesendams
sollen ooch kommen in schlackerndes Feuer und buntes
Pfaulicht. Tanzen sollen Panthers und Kameels, Oxen
und Schenies. Janzes Welt soll werden gekrempelt um.
Allens maken wir dot! Siehste, Kapitálski?«
»Nix seh ick!« schreit der Herr mits Portmonnee.
»O du stupides Eichkatz!« kreischt nu Dramatûschek,
»hast Du kei Fantasie? Mal Dir aus ein jroßes Kunst mit
Blitz und Donner – mit jroßes Krieg – mit
herzzerdrücktes Jejammer und bombastisches Seligkeit.
Wir maken Allens dot!«
»Kei Kunst!« replizieret Kapitálski, »dotmaken kann
jedes Mörder. Aechtes Kunst muß maken jutes Appetit –
aber nich dickes Kopp.«
Dramatûschek flennt wie trauriges Mutter und sagt
dazu:
»Materialiste biste – kei Schenie! Aber jieb Kapital –
dann biste Ober-Schenie – Erz-Schenie – Gold-Schenie –
General-Schenie! Jieb Kapital! Sei Freund.«
Jutes Mensch janz jerührt – umarmt Kapitálski – derr
steckt wieder Hand in Hosentasch – zieht raus blankes
Ding – ächtes deutsches Pfennig – jiebts an jutes
jerührtes Mensch.
Uih!
Bumm!
Dramatûschek springt hoch in die Höh, schreit wie
Schwein bei Schlächters – makt immerzu Saltomortals
und packt altes dummes Kapitálski an Gurgel – dreht –
dreht – dreht ab das Kopp.
Wie Kopp in Dramatûscheks langes schmales Hand,
steht Kapitálski ohne Blut und ohne Kopp janz ruhig auf
– und – redet Bauch – sagt dunkel:
»Kapitálski kann leben ohne Kopp – braucht kei
Kopp.«
Kopplos jeht das harte Mensch in sei Stall.
Dramatûschek heult wie Wolf, schmeißt
Kapitálski-Kopp mang Publikus, daß alle Mächen
quietschen – und fällt steif wie trocknes Brett auf sei
Nas'.
Publikums janz dumm.
Schenie Dramatûschek weint blutijes Trän – Sand
wird naß und rot – immer merr naß – wird rotes Strom –
und armes Kerl schwimmt fort – auch in sei Stall ...
Armes Dramatûschek!
Armes Kerl!
Rotes Strom wird rotes Meer!
Armes Publikus!
St. Georg
Laster-Scherzo
Der Rothaarige führte mich schweigend zur Stadt hinaus
– an der Windmühle vorbei – hintern Kirchhof – übers
freie Feld.
Der Vollmond beleuchtete uns und die Gegend.
Der Rothaarige klatschte in die Hände und versank
vor mir in die Erde.
Ein kalter Wind pfiff mir um die Ohren. Ich stopfte
mir eine Pfeife, steckte den Tabak an, klappte den
silbernen Deckel zu und rauchte.
Da mir die Gegend gefiel, setzte ich mich auf meinen
Feldstuhl und blickte rauchend gradaus – so wie mir's der
Rothaarige geraten hatte.
Und siehe – dort, wo mein edler Freund, der beste
Taschenspieler unsrer Zeit, in die Erde gesunken war, da
stieg jetzt langsam eine breite schwarze Tonne hervor.
Die Tonne war gute zwei Meter hoch und wohl
anderthalb Meter breit.
In der Tonne klirrte es und klapperte, und dann brach
oben der Deckel entzwei, und ein eiserner Ritter kletterte
wie ein Schornsteinfeger aus der Tonne raus, band sich
von der rechten Wade die Stahlschiene ab, flickte mit ihr
das Deckelloch und stellte sich aufrecht breitbeinig hin.
Der Vollmond stand rechts oben, und das Ganze gab ein
vortreffliches Bild; die Stahlrüstung glänzte mächtig und
das zweischneidige Riesenschwert noch mächtiger.
Ich steckte mir eine zweite Pfeife an, denn bei
Mondschein rauche ich immer sehr schnell.
Der Ritter packt sein Schwert mit beiden Händen
fester und fängt zu kämpfen an. Es ist aber weder ein
Drache noch sonst was zu sehen. Ich denke mir: es wird
wohl ein unsichtbarer Feind sein.
Und ich habe recht.
Der Ritter flucht und brüllt:
»Das ist wieder das verfluchte Weib. Das Biest sitzt
mir auf den Schultern und drückt – drückt immerzu. Die
Augen werden mir wieder rot. Ich sehe wieder ein
zerrissenes Laken und dicke wulstige Schweinsbeine.«
Der Ritter kämpft gegen Gebilde, die nur er sieht.
Und er wehrt sich, stochert wütend mit seinem
Schwert in die obere Luft – und dann gibt's einen
mächtigen Krach – der Ritter bricht durch und fällt in die
Tonne, aus der er kam.
Ich rauche ganz gemütlich weiter und sehe mir nun
die Tonne näher an, aber sie ist wie alle Tonnen.
Der Herr Ritter klettert wieder oben raus, macht das
Loch im Deckel mit einem andern Stück seiner Rüstung
nochmals ganz – und der Kampf geht von neuem los.
Es macht mir großen Spaß – zu sehen wie sich der
arme Kerl abquält.
Er schimpft wieder wie vorhin:
»Verfluchtes Weib! Saupack! Immer dasselbe unflätig
lachende Mopsgesicht! Drückt nicht so! Wo habt Ihr
bloß die Kraft her? Ich breche ja wieder durch!«
Bumm! Das geschieht auch.
Dieses nächtliche Kampfspiel im Mondenschein
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