Besonders in der Hauptstadt Colombo war es ganz schlimm. Dort lagen dann am Abend dicht an dicht viele Obdachlose mit ihren Bastmatten auf den Gehwegen.
Ein großer Teil der Bettler waren stark behindert. Es fehlten Gliedmaßen, viele waren blind oder stark verkrüppelt. Das war für uns schon sehr bedrückend, und wir fühlten uns dort nicht sehr wohl. Während diese armen Menschen im stinkenden Müll ihre Nahrung suchten, spazierten wir mit einer Menge Rupias in den Taschen durch die Straßen. Die meisten Menschen, besonders die Hafenarbeiter, kauten diese stimulierende Betelnuss, eine Art Droge, die die Arbeiter zu mehr Leistung verhalf. Den roten Saft spukten die Arbeiter an Bord überall hin, und wir hatten Mühe, das rote Zeugs von der weißen Verschanzung zu bekommen. Die beklemmende, sichtbare Armut, hielt uns davon ab, weitere Stadtbesichtigungen zu machen.
Wir nutzen dann eher die Möglichkeit, uns zu entspannen, ohne dass man von dem Elend etwas mitbekam.
Das konnte man in dem berühmten Luxushotel „Mount Lavinia” in der Nähe von Colombo.
Es lag direkt an einem herrlichen weißen Strand, mit Palmen und kleinen Fischerhütten, vor denen die bunten Auslegerboote lagen, die zum Fischfang genutzt wurden.
Das Baden war dort im türkisblauen Meer ein Genuss und die kühlen Getränke danach auf der Terrasse des Hotels waren dann die Krönung.
Das Hotel stammte aus der britischen Kolonialzeit und wurde auch noch so geführt. Die Kellner hatten noch Traditionskleidung an, also weiße Galauniformen und Turbane. Alles war sehr vornehm dort.
Tja, so machte Seefahrt auch Spaß, und wir genossen die herrliche Zeit dort, denn wir fuhren jeden Tag dorthin und machten so ein bisschen Urlaub.
Der Zufall wollte es, dass meine Eltern viele Jahre später dort in Sri Lanka Urlaub machten und auch im „Mount Lavinia“ übernachteten.
Singapur
Von Colombo ging es dann weiter nach Singapur.
Das war nun wieder ein großer Unterschied zu Colombo.
Die sehr saubere Stadt war im Begriff, eine der wichtigsten Handelszonen Ostasiens zu werden.
In den Straßen tummelten sich eine Menge verschiedener Rassen, wie Chinesen, Inder, Japaner und Europäer, meist Engländer.
Staunend ging ich durch die Straßen und genoss das bunte Treiben, die vielen kleinen Märkte, große Autos neben kleinen Rikschas, die vielen Fahrradfahrer oder Chinesen auf den knatternden Mopeds.
Das war wieder eine ganz andere Welt.
Wir von der Mannschaft hatten die Möglichkeit, in einem internationalen Seemannsclub, solche Clubs gab es in vielen großen Häfen, etwas zu trinken, Neuigkeiten aus der Heimat zu erfahren und den Swimmingpool zu benutzen.
Die erfahrenen Indonesienfahrer gaben uns auch den Tipp, in Singapur Zigaretten zu verkaufen und dann dieses „Singapurgeld“ in Indonesien gegen indonesische Rupiah einzutauschen. Das sollte sich lohnen.
Dazu aber später mehr. Nun, wir verkauften also, soweit unser Budget das zuließ, stangenweise Zigaretten und ich wunderte mich, wie viel manche Matrosen da verkauften. Und verkauft wurde nicht an Hafenarbeiter, die hatten ja kein Geld, sondern an irgendwelche Hafenbeamte vom Zoll, Immigration und der Polizei. Auch die Wachmänner, die zur Polizei gehörten, kauften von uns. Die großen Geschäfte machte immer der Funker, der auch der Zahlmeister (Purser) an Bord war und die Zigaretten, den Alkohol usw. verwaltete.
Für mich unverständlich war auch der Umstand, dass man mehr Geld bekam, wenn auf den Zigarettenschachteln die richtigen laufenden Nummern waren. Worum das da ging, habe ich nie begriffen, vermutlich ging es da um das Alter der Ware.
Die Leute von der Immigration, die das Schiff nach dem Einlaufen passrechtlich abfertigten, gingen immer mit vollen Taschen von Bord. In diesen Ländern war Korruption an der Tagesordnung, und das half manchmal auch zu einer schnelleren Be- oder Entladung des Schiffes. Denn jeder Tag mehr im Hafen kostete dem Reeder viel Geld. Und so wurde der Hafenmeister bestochen, damit das Schiff schnell an die Pier kam und die Hafengang sofort anfing zu arbeiten.
In Indonesien
Von Singapur ging es dann mal eben rüber nach Djakarta auf Java, früher Batavia.
Das war das eigentliche Ziel der Reise: Indonesien.
Dort in Djakarta, sollten wir eine Liegezeit von mindestens acht Tagen haben.
Das war natürlich toll, denn es erwarteten uns an Land paradiesische Verhältnisse.
Aber der Reihe nach:
Die Sache mit dem Geldschmuggel
Die Sache mit dem Geldschmuggel
(oder: Geld im Arsch)
In diesem sogenannten Paradies gab es natürlich auch nichts umsonst. Um an Land gut essen und sonstige Vergnügungen haben zu wollen, brauchte man natürlich auch Geld.
Aber in dieser Zeit herrschten in Indonesien unstabile, politische Verhältnisse.
Die Kommunisten und das Militär versuchten die Regierung zu stürzen. So war auch in Indonesien überall auf den Straßen Militär und Polizei präsent. Uns störte das weniger, solange wir uns frei bewegen durften. Allerdings gab es ein Problem. Das war das Geld. Wir durften nur 300 Rupiah mit an Land nehmen, und das wurde vom Zoll am Hafenausgang auch streng kontrolliert. Das heißt wir wurden richtig gefilzt. Bis auf die Unterhosen mussten wir uns manchmal ausziehen.
Читать дальше