Und weiter ging es von Aden nach Ceylon, das heutige Sri Lanka. Der Zielhafen hieß Colombo.
Die Fahrt durch das „Rote Meer“ und den Indischen Ozean war herrlich, denn wir hatten sehr ruhige See und ein äußerst warmes Klima. So machte das Arbeiten an Deck Spaß und ich hatte bei ruhigen „Pinseljobs“ auch manchmal mein Radio dabei.
In Europa war ja gerade Winterzeit, und sicherlich war es nass und kalt. Ich nahm mir vor, immer in der Winterzeit in die Tropen zu fahren. Dann benötige ich auch nicht so viele Winterklamotten, die ich ja immer mitschleppen musste. Ich hatte ja in Hamburg keine Wohnung oder sonstige Bleibe, wo ich meine persönlichen Sachen hätte lagern können. Ich war in Berlin gemeldet, hatte aber eigentlich keinen festen Wohnsitz. Hein Seemann musste eben alles mitschleppen, Tropenklamotten, Winterklamotten, also Arbeitszeug und Landgangszeug. Da reichte ein Seesack nicht. Wir hatten immer noch einen großen Koffer zu schleppen, wenn wir ab- oder anmusterten.
Manchmal schliefen wir auch wegen der Hitze achtern an Deck. Das war sehr angenehm, und man konnte den schönen südlichen Sternenhimmel beobachten. Die Hitze konnte ich eigentlich gut vertragen und wurde auch sehr schnell braun. Nie hatte ich einen Sonnenbrand, wie manch blonder Seemann, der in der Mittagspause an Deck einschlief und dann krebsrot aufwachte.
Durch den Fahrtwind merkte man die Hitze nicht, und das war gefährlich für die blassen Typen. Trotzdem trugen wir alle etwas auf dem Kopf. Ich trug immer meinen Cowboyhut, aus Texas.
Eigentlich sah ich mit dem Decksmesser an meinem Gürtel und dem Cowboyhut eher wie ein Cowboy und nicht wie ein Seemann aus.
Aber es war eben praktisch, und ich fand mich auch toll mit dem Outfit.
Die Arbeit an Deck, in dieser irren Hitze, war allerdings manchmal auch die reinste Schinderei. Wir mussten auch dafür sorgen, dass ständig Flüssigkeit aufgenommen wurde. Dafür stand in der Messe immer ein großer Pott „Kujambelwasser“ bereit. Das war Wasser mit Lemonenextrakt und viel Eis.
Zur Schinderei gehörte auch das verhasste Fahren der „Rostmaschine“ und das Ganze sah so aus:
Die Rostmaschine bestand aus einem Motor, ähnlich wie ein Staubsauger, an dem eine flexible Welle angebracht war, an deren Ende mehrere Metallscheiben, die wie Sterne aussahen, angebracht waren. Diese Scheiben rotierten mit hoher Geschwindigkeit. Man saß also auf einer Kiste oder einem Fender (aus Tauwerk geflochtener, meist runder Körper, der außenbords gehängt wird, um Beschädigungen am Schiff beim Anlegen zu verhindern), drückte mit dem Fuß das Ende der Welle mit diesen Metallscheiben auf das Deck oder ein Schott und die Rost- und Farbteilchen wurden so vom Metall entfernt. Das machte einen höllischen Lärm, und es flogen uns die Rost- und Metallspäne um die Ohren. Aus diesem Grunde waren wir dick vermummt, mit Tüchern um Kopf und Körper, sowie Sicherheitsbrillen vor den Augen. In die Ohren hatten wir uns Papier oder Ähnliches gestopft. In der Bullenhitze so den ganzen Tag an Deck zu sitzen und die Rostmaschine zu fahren, war kein Zuckerschlecken. Die Hitze machte uns zu schaffen, der Lärm war trotz Ohrstöpsel unerträglich und der Rücken schmerzte durch die unbequeme, zusammengekauerte Haltung. Über Kopf „Rost zu fahren“ war das Härteste, das ging in Schultern und Arme.
Manchmal hieß es „wir arbeiten Pensum“, d. h., wenn die vorgegebene Fläche vom Rost und der alten Farbe befreit war, konnten wir Feierabend machen, egal, ob in drei Stunden oder acht Stunden. Das war natürlich in einem Hafen sehr interessant für uns, denn so kamen wir früher an Land.
Also knüppelten wir wie die Verrückten, um schnell Feierabend zu haben. Es wurde dann ein regelrechtes Wettfahren veranstaltet. Die Temperaturen waren in der Gegend dort oben im Roten Meer und später in Indonesien immer im Bereich von weit über 40 Grad im Schatten. Man musste aufpassen, dass man keinen „an der Waffel“ bekam.
Trotz der totalen Vermummung, war der Körper total verdreckt und die Nase voll mit Roststaub. Heute wird so etwas nicht mehr gemacht. Da wird das in der Werft erledigt. Ich wundere mich heute noch, dass mein junger Körper das aushielt, ohne größere Schäden zu hinterlassen.
Colombo – Sri Lanka
Als wir in Colombo ankamen und ich erstmalig an Land ging, war ich über die dort überall sichtbare Armut entsetzt.
Was ich da zu sehen bekam, war noch schlimmer als in Haiti in der Karibik.
Wir lagen dort einige Tage und hatten somit genug Zeit, etwas von Ceylon kennen zu lernen.
So machten wir mit Unterstützung der deutschen Seemannsbetreuung einen Ausflug nach Kandy, einer Tempelstadt im zentralen Hochland der Insel und Zentrum des Teeanbaues von Ceylon.
Im dortigen Tempel soll angeblich ein Zahn von Buddha aufbewahrt sein.
Die Fahrt war für uns schon ein großes kulturelles Ereignis.
Wir fuhren in alten, klapprigen Pkw`s, mit durchgesessenen, zerschlissenen Sitzen, und unser Fahrer fuhr barfuß. Der fuhr wie ein „Henker“, und wir hofften nur, heil am Ziel anzukommen. Wenn die Bremsen auch so verschlissen waren wie seine Kleidung, konnte man nur beten.
Aber die Fahrt ins Landesinnere war sehr interessant.
Wir sahen auf den Straßen viele Elefanten bei der Arbeit und auch über zwei Meter lange Warane, die seelenruhig die Straße kreuzten, aber auch viel Armut, viele Bettler, zerzauste Kinder, die uns immer wieder um eine Gabe anbettelten.
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