»Eine statistische Erfassung der Anhänger der einzelnen Religionen in der Welt (Religions-Statistik) ist aufgrund vielfältiger Unsicherheiten nur als grobe Schätzung möglich. Zu den Faktoren, die präzisen Angaben entgegenstehen, gehören die allgemeine Unsicherheit von Bevölkerungszählungen überhaupt, die Abweichungen zwischen offizieller Religions-Zugehörigkeit und individuellem Bekenntnis, die synkretistische Vermischung von Religionen und die oft selbstverständliche mehrfache Religions-Zugehörigkeit (z. B. in Japan)«, entnehme ich dem Brockhaus unter dem Stichwort »Religion«. Gewissermaßen fallen derartige Zählungen also in den Bereich der Hasenstatistik, oder wie Rudolf Taschner, Professor an der TU Wien, in Bezug auf das Durchschnittseinkommen, dem arithmetischen Mittel als eine Frage der Betrachtung schreibt: »In Wahrheit kommt es allein auf die politische Intention an, die man verfolgt«, und zwar gilt dieses »für alle politisch relevanten statistischen Daten.«
Religion kann also auch Politik sein oder politisch werden, immerhin bekommt ein Hirte um so mehr Geld, Einfluss und Ansehen, je größer seine Herde ist.
In der Schlussbetrachtung aller Kriterien und fernab von Zahlen, bleibt über alle Konfessionen hinweg nur der Bezug zum Religionsbegründer als ein einheitliches Kriterium: »Jesus came down, from heaven to earth« (Barclay James Harvest, Hymn). Und die Quelle der ganzen Geschichte, die Bibel, die seit dem 16. Jahrhundert jedermann zugänglich ist, wollen wir uns jetzt noch einmal zu Gemüte führen:
Die Bibel ist das Buch der Bücher, und das letzte Buch ist die Offenbarung des Johannes, auch Apokalypse genannt. Letzterer Begriff klingt natürlich dramatischer und wird oftmals mit dem Weltuntergang verbunden. Nun, zunächst wäre einmal ganz undramatisch festzuhalten, dass der Begriff apokálypsis aus dem Griechischen stammt und »Enthüllung« bedeutet.
Die Sache mit dem Weltuntergang hat sich über die Jahrhunderte allerdings hartnäckig gehalten. Das liegt auch daran, dass in diesem Werk vom Kampf des Satan gegen das Volk Gottes die Rede ist, und vom Sturz des Drachen mit seinen Engeln. Und schließlich ist von einem Tier die Rede, das zusammen mit einem anderen Tier, welches wiederum mit dem Drachen in Verbindung steht, sich anschickt, die Weltherrschaft zu übernehmen und diejenigen, die es nicht anbeten, tötete. Und damit sind wir wieder bei dem Thema: 666. »Denn es ist die Zahl eines Menschennamens; seine Zahl ist sechshundertsechsundsechzig.« (Offenbarung 13, 19). Danach geht es jedoch weiter, es gibt den Sieg über das Tier und seinen Propheten, und es folgt die »Tausendjährige Herrschaft« (Kapitel 20) von Christus sowie der »endgültige Sieg über den Satan«: »Wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis freigelassen werden.« (Offenbarung 20, 7) Danach schlägt er noch einmal los, sammelt seine Getreuen um sich, doch es bringt alles nichts. »Und der Teufel, ihr Verführer, wurde in den See von brennendem Schwefel geworfen, wo auch das Tier und der falsche Prophet sind.« (Offenbarung 20, 10)
Warum lässt man ihn denn wieder frei, wenn er so gefährlich ist? Bewährung nach 1.000 Jahren? Und muss man alles symbolisch auslegen, oder ist nur ein Teil der ganzen Geschichte nicht wörtlich zu nehmen? Ich muss gestehen, so ganz steige ich da nicht durch, da ist die Rede vom Satan, vom Teufel, von Tieren und falschen Propheten, und am Ende wird alles gut, denn die »Neue Welt Gottes« wird im Kapitel 21 beschrieben: »Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.« (Offenbarung 21, 1-2)
Also, eine Hochzeit gibt's am Ende auch noch! Na, dann kann es ja so schlimm nicht werden. Doch das ist sicherlich auch nur bildlich gemeint, welche Stadt kann schon vor den Traualtar treten? Aber im Grunde tritt das Problem, dem wir bereits im Alten Testament begegnet sind, auch hier wieder in Erscheinung: Es ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Aber wir haben noch andere Bücher zur Auswahl, die Offenbarung steht nicht nur am Ende der Bibel, sondern auch am Ende des Neuen Testaments. Und dieses wollen wir uns jetzt einmal näher anschauen:
Vom Neuen Testament sind weder die Originale noch die ersten Abschriften erhalten geblieben. Nach allgemein herrschender Ansicht wurden diese und danach folgende jedenfalls in griechischer Sprache verfasst. Die Bücher des Neuen Testaments gliedern sich in drei Bereiche: in die Geschichtsbücher, in die Lehrbücher und in das prophetische Buch. Letzteres enthält die schon erwähnte Offenbarung des Johannes, doch noch bekannter sind die Geschichtsbücher. Hier finden wir die vier Evangelien, von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.
Und schon treffen wir auf die nächste Schöpfungsgeschichte: »Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.« (Johannes 1, 1-5)
Damit haben wir nun drei Schöpfungsgeschichten in der Bibel kennen gelernt, zwei im Alten und eine im Neuen Testament. Im Alten Testament haben wir im ersten Kapitel der Genesis die Variante, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen wurde. Im zweiten Kapitel, der zweiten Variante, wurde ein Mensch geschaffen, der sich als Mann entpuppte, und dann wurde die Frau geschaffen. Im Neuen Testament wird die Schöpfung oder Schaffung des Menschen nicht in derartiger Form dargestellt, vielleicht dient es gewissermaßen nur der Ergänzung? Wie auch immer, die Evangelien haben noch einiges andere zu bieten, zum Beispiel den bekanntesten Verräter der Geschichte: Judas Iskariot.
Für dreißig Silberlinge verriet er Jesus an die Römer.
Es begann mit einem Beschluss des Hohen Rates: »Das Fest der Ungesäuerten Brote, das Pascha genannt wird, war nahe. Und die Hohenpriester und die Schriftgelehrten suchten nach einer Möglichkeit, Jesus (unauffällig) zu beseitigen; denn sie fürchteten sich vor dem Volk.« (Lukas 22, 1-2)
Es folgte der Verrat durch Judas: »Der Satan aber ergriff Besitz von Judas, genant Iskariot, der zu den Zwölf gehörte. Judas ging zu den Hohenpriestern und den Hauptleuten und beriet mit ihnen, wie er Jesus an sie ausliefern könnte. Da freuten sie sich und kamen mit ihm überein, ihm Geld dafür zu geben. Er sagte zu und suchte von da an nach einer Gelegenheit, ihn an sie auszuliefern, ohne dass das Volk es merkte.« (Lukas 22, 3-6)
Über diesen Vorgang berichtet auch Matthäus: »Darauf ging einer der Zwölf namens Judas Iskariot zu den Hohenpriestern und sagte: Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere? Und sie zahlten ihm dreißig Silberstücke. Von da an suchte er nach einer Gelegenheit, ihn auszuliefern.« (Matthäus 26, 14-16)
Und wie spielte sich der Verrat dann schließlich ab?
Es kam zur Gefangennahme: »Während er noch redete, kam Judas, einer der Zwölf, mit einer großen Schar von Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren; sie waren von den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes geschickt worden. Der Verräter hatte mit ihnen ein Zeichen verabredet und gesagt: Der, den ich küssen werde, der ist es; nehmt ihn fest. Sogleich ging er auf Jesus zu und sagte: Sei gegrüßt, Rabbi! Und er küsste ihn.« (Matthäus 26, 47-49)
So weit, so gut, möchte man meinen. Im Grunde kennen wir die Geschichte ja seit Kindertagen. Aber mit einem Verständnis aus Erwachsenensicht könnte man fragen: Warum musste er ihn überhaupt verraten?
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