Angela Hünnemeyer
Flo... Momente des Lebens
Schwedenroman Band 1
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Angela Hünnemeyer Flo... Momente des Lebens Schwedenroman Band 1 Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
Angela Hünnemeyer
Romane und ihre Fortsetzungen
Impressum neobooks
Angela Hünnemeyer
Flo …
Momente des Lebens
Dieses Buch widme ich Britt und Karsten
Liebe fragt nicht nach einem Zeitpunkt
Liebe fragt nicht nach einem Ort
Liebe fragt nicht nach einem Warum
Die Motoren dröhnten, als die Maschine Fahrt aufnahm. Der Druck presste mich in den Sitz.
Was machte ich hier? Wieso saß ich völlig abgehetzt in einem Flugzeug nach Schweden? Wieso lief mir der Schweiß in den Mantelkragen, während meine Finger die hastig gepackte kleine Reisetasche umklammerten?
Wenn ich darüber nachdachte, wie viel das Ticket gekostet hatte, dann wurde mir schlecht. Aber Britt brauchte mich, und zwar dringend, und ich hatte keine Zeit zu verlieren, nicht eine Sekunde.
Das hatte ich davon, dass ich so gutmütig war. Dass ich nicht Nein gesagt hatte, als mich meine alte und beste Freundin vor ein paar Wochen angefleht hatte, ihr einen Gefallen zu tun, einen klitzekleinen Gefallen. Ich sollte Zeugin sein, sollte Protokoll führen, sollte hautnah die Geschichte ihres Lebens begleiten und in allen Einzelheiten festhalten.
„Du bist doch Autorin, oder?“, hatte sie gefragt. Fröhlich war sie durch meine Küche geschwebt und hatte gesungen. Ja, gesungen. Britt, die unmusikalischste Frau, die ich kannte. Britt, bei der die Katzen vor Schmerzen jaulten, wenn wir als Kinder in unserer kleinen Schwedensiedlung fröhliche Kinderlieder angestimmt hatten, vorzugsweise auf Schwedisch, damit uns die deutschen Kinder nicht verstehen konnten.
Das machten wir oft. Nicht singen, sondern Schwedisch sprechen und Geheimnisse austauschen. Britt, ihr Bruder Lars, ihre heimliche Liebe Sven und ich. Damals, als die Welt für uns alle noch in Ordnung war. Damals, als wir noch nicht wussten, wie schnell einem das Herz vor Kummer brechen konnte. Oder wie es veröden konnte, langsam und unerbittlich, weil wir uns mit weniger zufrieden gegeben hatten, als das Leben eigentlich für uns bereithielt.
„Natürlich bin ich Autorin“, dachte ich und folgte Britt, die inzwischen summend in meinen Wintergarten getanzt war.
Wir schrieben den 1. Dezember 2011. Das Wetter war kalt, fast eisig, aber bei mir war es mummelig warm an meinem vor sattem Grün überquellendem Arbeitsplatz, der Wiege meiner Kreativität.
Ich bin seit unserer frühesten Kindheit die Vernünftigere von uns beiden, zumindest hatten unsere Eltern das schon früh bestimmt. „Pass auf Britt auf“, mahnten sie mit monotoner Gleichmäßigkeit, wenn wir aus dem Haus stürmten. Gut, dass sie nie erfahren mussten, wie oft Britt mich aus dem Schlammassel zog, in das ich zielsicher immer wieder stolperte. Dennoch, ich hatte stets ein wachsam-liebevolles Auge auf die nur ein Jahr Jüngere gehabt.
Sie wirkte wie ausgewechselt. Was war geschehen? Ich sah uns wieder Zettelchen schreibend in der Schulbank sitzen, sah sie heimlich knutschend unter dem Apfelbaum mit dem ersten Mann ihres Lebens. Nun ja, Mann war vielleicht etwas übertrieben, er würde irgendwann einmal einer werden, der schwedische Blondschopf aus der Nachbarschaft mit den lustigen strahlenden Augen, Sven Bergman, der in seiner Hand einen Strauß Gänseblümchen für meine kleine Britt hielt.
Britt tänzelte verzückt aus dem Wintergarten und zurück in die Küche. Sie hörte auf zu singen, strahlte mich an und sagte nur ein Wort: „Flo!“
Erstaunt sah ich mich um. „Wie Floh? Wo sind Flöhe? Habt ihr Flöhe irgendwo?“ Ich schüttelte mich ein wenig und auf meinem Rücken spürte ich einen Juckreiz. „Moment, kannst du dich vielleicht einmal ein wenig präziser ausdrücken?“
Doch das tat sie nicht, stattdessen hielt sie endlich an, stellte sich ans Küchenfenster, schaute verträumt hinaus und murmelte abwesend: „Flo ist da!“
Jetzt spinnt sie völlig , dachte ich, stellte mich neben sie, stupste sie an und fragte: „Also, was ist mit den Flöhen?“
Sie schaute mich an, als ob ich Chinesisch sprechen würde. Sie begann, sich wieder im Kreis zu drehen, breitete die Arme aus und sang: „Flo, Flo, Flo!“
„Oh Mann, was ist denn heute mit dir passiert? Gab es eine Detonation im Büro? Ist der PC explodiert oder was hat dein süßes Köpfchen so auf Verwirrmodus gestellt?“
Aber auch das verstand sie nicht, schaute weiter abwesend an mir vorbei und in eine Ferne, in die ich ihr noch nicht folgen konnte. Also versuchte ich es auf die alte Tour.
„ Vad händer Britt ?“, sagte ich.
” Flo är där, utan h , inga loppor eller loppor !”, sagte sie.
Ich hatte sie soweit. Sie sprach wieder in fast ganzen Sätzen. Ihre Muttersprache hatte sie zurückgeholt in die flohlose Realität und daran erinnert, dass wir einen deutschen Wortschatz von ungefähr fünfhunderttausend Wörtern besaßen, so genau waren sich die Gelehrten darüber noch nicht einig. Und dieser verfügte über mehr, als nur das Wort Floh .
Lächelnd ging ich hinüber zum Küchentisch, setzte mich auf einen Stuhl und schaute sie an.
”Was hast du gerade gesagt? Flo ist da, also Floh ohne ( utan ) h , nicht ( eller ) - der Floh ( lopper ) oder die Flöhe? Du meinst gar nicht die Flöhe, also diese komischen Tierchen, die schon bei der Aussprache des Wortes Juckreiz verusachen, du meinst Flo, einfach nur Flo ohne h?”
”Jaaaaaaaaaaaaa, meine Hanna, ich meine den Flo ohne h!”, lachte sie laut.
”Noch einmal fürs Protokoll, wir sprechen aber nicht gerade von deinem Ehegatten Steffen, der nun einen neuen Spitznamen bekommen hat, oder? Löst er in dir plötzlich Singen und Tanzen und begrenzten Wortschatz aus? Nein, das glaube ich nicht. Also ist Flo jemand anderes. Es ist doch ein er, oder? Vielleicht ein neues Haustier, eventuell ein Hund?”
Natürlich hätte es mich gefreut, wenn ein Hund es geschafft hätte, ihr wieder ein Lächeln zu entlocken. Ich dachte an alte Zeiten und tausend Gründe, die uns zum Strahlen gebracht hatten, nicht nur Händchenhalten mit Sven Bergman unterm Apfelbaum.
So langsam kam Britt wieder etwas runter auf den Teppich, natürlich war es ein schwedischer Sisalküchenteppich. Sie landete und kam zu mir hinüber, küsste mich auf die Wange und flüsterte mir ins Ohr: ”Da! Da ist er! Flo...!”
Mit diesen Worten legte sie mir ihr Handy in den Schoss. Ich räusperte mich, denn ihr Knutschanfall hatte mich etwas verwirrt. Neigierig nahm ich das Handy und dachte doch wirklich im ersten Moment, ein ”Flo” sei in der Leitung und hätte dieses Theater gerade via Handy mitverfolg, doch ich sah schnell, dass sich das Gerät im Ruhemodus befand.
Britt wurde ernst und setzte sich mir gegenüber. War das wirklich die Britt, die ich von früher kannte, die wieder lachte, deren Augen funkelten? Und das alles nur wegen dieses Handys und Flo ?
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