Nadja Losbohm
Die Jägerin - Unter der Erde (Band 4)
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Inhaltsverzeichnis
Titel Nadja Losbohm Die Jägerin - Unter der Erde (Band 4) Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
Danksagung
Impressum neobooks
~ Ada ~
Ich holte tief Luft. Meine Lunge schmerzte dabei. Ein Stechen durchfuhr mich. Doch es hielt mich nicht davon ab, erneut einen Atemzug zu nehmen. Ich brauchte es so sehr zu atmen. Schnell und hastig zog ich die Luft ein. Es brachte mich zum Husten. Mein Körper bäumte sich auf. Der Anfall wurde schlimmer. Es kam mir vor, als würde das Liegen dafür sorgen, dass die Luft nicht auf direktem Wege in meine Luftröhre gelangte, sondern erst noch eine Achterbahnfahrt in meinem Rachen unternahm, zu meiner Speiseröhre wollte und dann erst begriff, wo sie tatsächlich hingehörte. Ich musste mich einfach aufsetzen, damit ich besser atmen konnte. Doch als ich es versuchte, hielt mich jemand fest. Ich spürte es an meiner Hand, an meinem Arm, meinen Schultern. Starke, warme Hände packten mich und drückten mich zurück nach hinten. Ich schob sie von mir und drängte mich an ihnen vorbei. Ich lehnte mich nach vorn, krümmte mich in einem weiteren Hustenanfall zusammen. Es war so heftig, dass ich Kopfschmerzen bekam. Meine Augen tränten und mir wurde heiß.
„Ada, oh Gott, Ada!”, schrie eine Stimme dicht neben mir. Sie klang aufgeregt, fassungslos und ungläubig. Ich hustete immer noch heftig. Gleichzeitig schnappte ich gierig nach Luft. „Ganz ruhig, Ada. Du musst durch die Nase atmen. Langsam,” sagte die Stimme.
Jetzt erst begriff ich, dass ich die ganze Zeit durch den Mund geatmet hatte. Ich tat, wie mir befohlen wurde, und allmählich ging es mir besser. Ich musste nicht mehr husten, das Atmen fiel mir leichter und das Stechen in meiner Lunge ließ nach.
Ich spürte erneut die Hände auf mir, die sanften, aber beständigen Druck auf mich ausübten. Doch sie brauchten mich nicht dazu zu drängen, dass ich mich zurücklegte. Ich tat es von ganz allein. Langsam sank mein Kopf wieder auf die weichen Kissen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf das Atmen. Diese kleine alltägliche Aufgabe, die wir sonst kaum wahrnehmen, kam mir nun wie das größte Geschenk vor, das uns Menschen gegeben worden war. Ein wahres Wunder, das einfach nur guttat und sich niemals zuvor so wunderbar angefühlt hatte.
„Ada, du lebst! Ich kann es nicht glauben! Ist es wirklich wahr?” Pater Michaels Gesicht tauchte vor mir auf. Es wirkte, als würde er über mir schweben. Seine Hände ruhten auf meinen Schultern. Ich spürte ihre Kraft und Wärme ganz deutlich. Die Berührung war mir vertraut, und nach und nach verstand ich, dass sie es gewesen waren, die ich in dem Meer aus Licht und Farben auf mir gespürt hatte, die an mir gezogen hatten. Er war es, der die ganze Zeit über bei mir gewesen war.
Zitternd hob er seine Hände zu meinem Gesicht. Sie legten sich auf meine Wangen und umschlossen sie. Langsam drehte er meinen Kopf erst nach links und dann nach rechts. Eingehend musterte er mich. Seine Augen leuchteten vor Freude, aber es war ersichtlich, dass er es immer noch nicht begreifen konnte, dass ich atmete, dass ich lebte. Daher begutachtete er mich wie eine Rarität. Die ganze Zeit über betastete er mit seinen Fingern mein Gesicht. Er strich über meine Augenlider, um sich zu vergewissern, dass sie sich bewegten. Er befühlte meine Wangen, von denen ich wusste, dass sie immer noch gerötet waren. Er legte sogar einen Finger unter meine Nase, damit er den Windzug meines Atems spüren konnte. Er seufzte, als er ihn auf seiner Haut spürte. Schließlich legte er eine Hand auf meine Brust und wartete gebannt darauf, dass sie sich hob. Sobald er die Bewegung spürte, lächelte er mich an. Doch sein erfreutes Gesicht verschwand recht bald und wich einer traurigen, verzweifelten Grimasse. Tränen rannen aus seinen Augen und strömten über seine Wangen. Sein Mund öffnete sich, und ein schmerzerfüllter Schrei kam heraus. Es klang entsetzlich, und in ihm lag all die Hoffnung und Trauer, die Pater Michael in seinem Inneren zurückgehalten hatte. Jetzt bahnten sich seine Gefühle ihren Weg nach draußen.
Er sank über mir zusammen und vergrub sein Gesicht an meinem Hals. Ungehemmt schluchzte er, immer wieder Worte murmelnd, die mir sagten, wie unfassbar es war, dass ich lebte, wie dankbar er war, dass ich zu ihm zurückgekehrt war und wie sehr er mich liebte.
Ich ließ ihn gewähren und unterbrach ihn nicht in seinem Redefluss. Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich hätte ihn nicht noch einmal abwehren können. Mein Hustenanfall hatte mich mehr angestrengt, als ich es für möglich gehalten hätte. Ich musste mich ausruhen und war froh, dass ich die Gelegenheit bekam. Auch wenn es bedeutete, dass Pater Michael sich auf mir ausweinte.
Es dauerte einige Minuten, ehe er sich wieder so weit im Griff hatte, dass er sich aufsetzen konnte. Er wischte sich mit den Händen über das Gesicht und atmete tief durch. Auf seinem Gesicht erschien wieder der gleiche Ausdruck wie vor seinem Gefühlsausbruch, und ich erwartete, dass er erneut in Tränen ausbrach. Aber er riss sich zusammen und betrachtete mich nur staunend. Erleichterung, Dankbarkeit und das pure Glück ließen ihn regelrecht strahlen, als er mich anlächelte. „Ich kann es einfach nicht glauben, dass du tatsächlich lebst! Du atmest, bewegst dich und siehst mich an,” sagte Pater Michael völlig überwältigt und strich mit seiner Hand sanft über meinen Arm, als würde er meine Körpertemperatur testen wollen und sichergehen, ob sie über dem Gefrierpunkt lag. „Ich habe gesehen, wie du gestorben bist. Ich habe deinen letzten Atemzug gehört, deinen letzten Herzschlag gefühlt. Du warst…,” begann er zu sagen. Doch seine Stimme brach weg, so ergriffen war er. Ich ahnte aber, welches Wort er hatte aussprechen wollen.
Tot.
Ich war tot.
Gewesen.
Aber nun lebte ich wieder.
Ich war zurück aus dem Jenseits.
„Da war ein Licht. Es schimmerte in den wundervollsten Farben. Fast wie ein Regenbogen. Und eine Stimme sprach zu mir. Es war deine Stimme,” sagte ich und sah ihm in die Augen, die von seinen Tränen feucht glänzten.
Er zwinkerte mehrmals, um sie wegzublinzeln. Als es ihm nicht gelang, wischte er sich mit den Daumen über die Lider. „Was habe ich zu dir gesagt?”, fragte er mit belegter Stimme und schaute mich erwartungsvoll an.
Ich blickte zur Zimmerdecke und überlegte. „Du sagtest, dass meine Zeit noch nicht gekommen sei und dass ich wieder zurückkehren müsse. Aber ich wollte nicht gehen. Es war dort so friedlich und ruhig. Ich hatte keine Schmerzen mehr und war einfach nur glücklich. Aber du hast darauf bestanden, dass ich zurückkehre. Du sagtest, dass es noch viel für mich zu tun gäbe und ich deshalb nicht bleiben dürfe. Du sagtest, es würde viel mehr hinter allem stecken, als wir glauben, und ich müsse zurückkehren zum Anfang, um herauszufinden, was es ist. Ich verstand nicht, was du meintest und rief dir nach. Aber du warst bereits fort. Sag mir, was das zu bedeuten hat, Michael,” bat ich und sah ihn flehentlich an.
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