Jules Verne - Die Reise zum Mittelpunkt der Erde

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Reise zum Mittelpunkt der Erde gehört zu den beliebtesten Romanen des Vielschreibers Jules Verne.
Der Geologe Lidenbrock und sein Neffe Axel finden eine verschlüsselte Reiseroute zum Mittelpunkt der Erde und brechen sogleich dorthin auf. Die Expedition beginnt in einem isländischen Krater, führt durch enge Gänge, palastartige Höhlen und ein unterirdisches Meer. Am Ende spuckt der Vulkan Stromboli die Reisenden wieder aus.
Die Reise durch die Gesteinsschichten ist zugleich eine Zeitreise durch die Erdgeschichte.

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Die Reise zum Mittelpunkt der Erde

Jules Verne

Inhaltsverzeichnis

Erstes Capitel

Professor Lidenbrock

Zweites Capitel

Ein altes Document

Drittes Capitel

Das Pergament des Arne Saknussemm

Viertes Capitel

Entzifferung des Geheimnisses

Fünftes Capitel

Der Schlüssel des Documents

Sechstes Capitel

Das Centrum der Erde

Siebentes Capitel

Reise-Vorbereitungen

Achtes Capitel

Reise nach Island

Neuntes Capitel

Ankunft auf Island

Zehntes Capitel

Professor Fridrickson

Elftes Capitel

Hans Bjelke

Zwölftes Capitel

Nach Snäfieldsnäß

Dreizehntes Capitel

Eine Bauernherberge

Vierzehntes Capitel

Im Pfarrhaus

Fünfzehntes Capitel

Auf dem Vulkan

Sechzehntes Capitel

In dem Krater

Siebenzehntes Capitel

In den Schlund hinab

Achtzehntes Capitel

Durch die Lavagalerie

Neunzehntes Capitel

Auf dem Irrweg

Zwanzigstes Capitel

Verlegenheiten

Einundzwanzigstes Capitel

Wassermangel

Zweiundzwanzigstes Capitel

Noth

Dreiundzwanzigstes Capitel

Der Hansbach

Vierundzwanzigstes Capitel

Weiter hinab

Fünfundzwanzigstes Capitel

Rasttag

Sechsundzwanzigstes Capitel

Verirrt

Siebenundzwanzigstes Capitel

Im dunkeln Labyrinth

Achtundzwanzigstes Capitel

Ein Spiel der Akustik

Neunundzwanzigstes Capitel

Rettung

Dreißigstes Capitel

Das Meer Lidenbrock

Einunddreißigstes Capitel

Zu Schiffe

Zweiunddreißigstes Capitel

Eine Wasserpartie

Dreiunddreißigstes Capitel

Ein Riesenkampf

Vierunddreißigstes Capitel

Ein Geyser

Fünfunddreißigstes Capitel

Ein Gewitter

Sechsunddreißigstes Capitel

Verschlagen

Siebenunddreißigstes Capitel

Ein Gebeinfeld

Achtunddreißigstes Capitel

Ein fossiler Mensch

Neununddreißigstes Capitel

Ein Proteus der Urwelt

Vierzigstes Capitel

Cap Saknussemm

Einundvierzigstes Capitel

Eine Explosion

Zweiundvierzigstes Capitel

Bergfahrt im Tunnel

Dreiundvierzigstes Capitel

Ausgeworfen aus dem Krater

Vierundvierzigstes Capitel

Stromboli

Fünfundvierzigstes Capitel

Schluß

Impressum

Public Domain

(c) zeilenPunkt

Erstes Capitel

Professor Lidenbrock

Am 21. Mai 186., eines Sonntags, kam mein Oheim, der Professor Lidenbrock, in hastiger Eile heim in sein kleines Haus, Königsstraße 19, eine der ältesten Straßen des alten Stadtviertels zu Hamburg.

Die gute Martha mußte glauben sehr mit dem Mittagessen in Rückstand zu sein, denn es fing eben erst an auf dem Heerde zu sieden.

»Schön, sagte ich, aber wenn mein Oheim Hunger hat, wird der ungeduldige Mann Zeter schreien.

– Da ist ja schon Herr Lidenbrock! rief die gute Martha in Bestürzung, indem sie die Thür des Speisezimmers ein wenig öffnete.

– Ja, Martha, aber das Essen darf schon noch etwas kochen, denn es hat eben erst auf der Michaeliskirche halb zwei geschlagen.

– Warum kommt aber Herr Lidenbrock schon heim?

– Er wird's uns vermuthlich sagen.

– Da ist er! Ich flüchte mich, Herr Axel, Sie werden ihn zur Einsicht bringen.«

Und die gute Martha eilte wieder in ihre Küche.

Ich blieb allein. Aber einen zornigen Professor zur Einsicht zu bringen, war doch für meinen etwas schwankenden Charakter nicht möglich. Daher war ich im Begriff mich klüglich wieder in mein Zimmerchen hinauf zu begeben, als die Angeln der Hausthür knarrten; des Hausherrn lange Beine schritten geräuschvoll über die hölzerne Treppe quer durch das Speisezimmer hastig in sein Arbeitscabinet.

Im Vorbeirennen warf er seinen Stock mit einem Nußknackerknopf in eine Ecke, seinen wider den Strich gebürsteten Hut auf einen Tisch, und rief laut seinem Neffen zu:

»Axel, komm' mir nach!«.

Ich hatte noch nicht Zeit, vom Fleck zu kommen, als der Professor mit lebhafter Ungeduld mir zurief:

»Nun! noch nicht hier?«

Ich eilte in's Zimmer meines fürchterlichen Oheims. Otto Lidenbrock war kein bösartiger Mensch, ich geb's gerne zu; aber wofern er nicht, was sehr unwahrscheinlich ist, sich ändert, so wird er als ein schrecklicher Sonderling sterben.

Er war Professor am Johanneum, und hielt Vorträge über Mineralogie, wobei er regelmäßig ein- oder auch zweimal in Zorn gerieth. Es kam ihm durchaus nicht darauf an, daß seine Schüler fleißig die Lectionen besuchten, noch daß sie aufmerksam zuhörten, noch daß sie Fortschritte machten: diese Kleinigkeiten machten ihm wenig Sorge. Sein Vortrag war, wie die deutsche Philosophie sich ausdrückt, »subjectiv« für ihn, und nicht für andere. Er war ein egoistischer Gelehrter, ein Wissensbrunnen, dessen Rolle knarrte, wenn man etwas herausziehen wollte: mit einem Wort, ein Geizhals.

Es giebt in Deutschland manche Professoren der Art. Mein Oheim hatte leider keine leichte Aussprache, wenigstens wann er öffentlich sprach, ein bedauerlicher Mangel bei einem Redner. Bei seinen Vorträgen im Johanneum blieb der Professor oft plötzlich stecken; er rang mit einem störrigen Ausdruck, der nicht von seinen Lippen wollte, einem Ausdruck, der sich sträubt und aufbläht, bis er endlich in der unwissenschaftlichen Form eines Fluchs heraus kommt. Darüber arge Erzürnung.

Nun giebt's in der Mineralogie viele halb-griechi sche, halb-lateinische Benennungen, die schwer auszusprechen sind, so holperig rauh, daß sie für eines Dichters Lippen eine Pein sind. Ich will dieser Wissenschaft nichts Uebles nachsagen. Aber gegenüber von rhomboedrischen Krystallisationen, von retin-asphaltischen Harzen, von Gheleniden, Fangasiden, Molybdaten, Tungstaten, Titaniaten und Zircone darf die geläufigste Zunge fehl sprechen.

In der Stadt nun kannte man diese verzeihliche Schwäche meines Oheims, und man machte sich über ihn lustig; man lauerte ihm auf, reizte ihn zum Zorn und lachte ihn aus, was auch in Deutschland durchaus nicht für anständig gilt. Und waren die Zuhörer Lidenbrock's stets zahlreich, so kamen sie meist deshalb, um sich an dem ergötzlichen Zorn des Professors zu belustigen.

Wie dem auch sein mag, mein Oheim war, – das kann ich nicht genug betonen – ein echter Gelehrter. Obwohl er manchmal bei allzu barschen Versuchen seine Musterstücke zerschlug, verband er mit dem Genie des Geologen den Blick des Mineralogen. Mit seinem Hammer, seiner stählernen Spitzhaue, seiner Magnetnadel, seinem Löthrohr und Fläschchen Salpetersäure war der Mann sehr stark. Er verstand jedes beliebige Metall nach dem Bruch, Aussehen, der Härte, Schmelzbarkeit, dem Ton, Geruch oder Geschmack ohne viel Bedenken in die Classification der sechshundert jetzt bekannten Gattungen einzureihen.

Daher hatte auch Lidenbrock's Name in den Gymnasien und Vereinen einen ehrenvollen Klang. Humphry Davy und von Humboldt, die Kapitäne Franklin und Sabine machten ihm auf der Reise durch Hamburg ihren Besuch. Becquerel, Ebelmen, Brewster, Dumas, Milne-Edwards, Sainte-Claire-Deville befragten ihn gerne über wichtige Punkte der Chemie. Diese Wissenschaft verdankte ihm hübsche Entdeckungen, und im Jahre 1853 war zu Leipzig von Otto Lidenbrock eine Abhandlung über Transcendentale Krystallographie in Großfolio mit Abbildungen erschienen, welche jedoch nicht die Kosten deckte.

Zudem war mein Oheim Conservator des mineralogischen Museums des russischen Gesandten Struve, welches europäischen Ruf hatte.

Dieser Mann war's, der mich so ungeduldig anrief. Ein großer, magerer Mann mit eiserner Gesundheit und blondem jugendlichen Aussehen, das ihn um zehn Jahre jünger machte, als er wirklich war. Große unablässig rollende Augen hinter einer ansehnlichen Brille; eine lange seine Nase, gleich einer scharfen Klinge; böse Zungen behaupteten, sie sei mit einem Magnet bestrichen und ziehe den Eisenstaub an sich.

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