Jules Verne - Reise zum Mittelpunkt der Erde

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Der Hamburger Wissenschaftler Lidenbrock und sein Neffe Axel begeben sich auf eine abenteuerliche Reise zum Mittelpunkt der Erde. Den Einstieg ins Erdinnere kennen sie aus mittelalterlichen Aufzeichnungen.
Ideenreich, fantasievoll, und naturwissenschaftlich fundiert schildert Jules Verne den gemeinsamen Weg der ungleichen Reisenden. Die «Reise zum Mittelpunkt der Erde» ist einer der erfolgreichsten frühen Science Fiction Romane (1864) und hat sich zu einem Klassiker der Weltliteratur entwickelt.

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Inhalt

Titelseite Jules Verne Reise zum Mittelpunkt der Erde Roman

Erstes Kapitel: Professor Lidenbrock

Zweites Kapitel: Ein altes Dokument

Drittes Kapitel: Das Pergament des Arne Saknussemm

Viertes Kapitel: Die Entzifferung des Geheimnisses

Fünftes Kapitel: Der Schlüssel des Dokuments

Sechstes Kapitel: Das Zentrum der Erde

Siebentes Kapitel: Reisevorbereitungen

Achtes Kapitel: Reise nach Island

Neuntes Kapitel: Ankunft auf Island

Zehntes Kapitel: Professor Fridrickson

Elftes Kapitel: Hans Bjelke

Zwölftes Kapitel: Nach Snäfieldsnäß

Dreizehntes Kapitel: Eine Bauernherberge

Vierzehntes Kapitel: Im Pfarrhaus

Fünfzehntes Kapitel: Auf dem Vulkan

Sechzehntes Kapitel: In dem Krater

Siebenzehntes Kapitel: In den Schlund hinab

Achtzehntes Kapitel: Durch die Lavagalerie

Neunzehntes Kapitel: Auf dem Irrweg

Zwanzigstes Kapitel: Verlegenheiten

Einundzwanzigstes Kapitel: Wassermangel

Zweiundzwanzigstes Kapitel: Not

Dreiundzwanzigstes Kapitel: Der Hansbach

Vierundzwanzigstes Kapitel: Weiter hinab

Fünfundzwanzigstes Kapitel: Rasttag

Sechsundzwanzigstes Kapitel: Verirrt

Siebenundzwanzigstes Kapitel: Im dunklen Labyrinth

Achtundzwanzigstes Kapitel Ein Spiel der Akustik

Neunundzwanzigstes Kapitel: Rettung

Dreißigstes Kapitel: Das Meer Lidenbrock

Einunddreißigstes Kapitel: Auf dem Schiff

Zweiunddreißigstes Kapitel: Eine Wasserpartie

Dreiunddreißigstes Kapitel: Ein Riesenkampf

Vierunddreißigstes Kapitel: Ein Geysir

Fünfunddreißigstes Kapitel: Ein Gewitter

Sechsunddreißigstes Kapitel: Verschlagen

Siebenunddreißigstes Kapitel: Ein Gebeinfeld

Achtunddreißigstes Kapitel: Ein fossiler Mensch

Neununddreißigstes Kapitel: Ein Proteus der Urwelt

Vierzigstes Kapitel: Kap Saknussemm

Einundvierzigstes Kapitel: Eine Explosion

Zweiundvierzigstes Kapitel: Bergfahrt im Tunnel

Dreiundvierzigstes Kapitel: Ausgeworfen aus dem Krater

Vierundvierzigstes Kapitel: Stromboli

Fünfundvierzigstes Kapitel: Schluss

Impressum

Jules Verne

Reise zum Mittelpunkt der Erde

Roman

Erstes Kapitel: Professor Lidenbrock

Am 24. Mai 1863, einem Sonntag, kam mein Onkel, der Professor Lidenbrock, in hastiger Eile heim in sein kleines Haus, Königsstraße 19, eine der ältesten Straßen des alten Stadtviertels in Hamburg.

Die gute Martha musste glauben, sehr mit dem Mittagessen in Rückstand zu sein, denn es fing eben erst an auf dem Herd zu sieden.

„Schön, sagte ich, aber wenn mein Onkel Hunger hat, wird der ungeduldige Mann Zeter schreien.

– Da ist ja schon Herr Lidenbrock! rief die gute Martha in Bestürzung, indem sie die Thür des Speisezimmers ein wenig öffnete.

– Ja, Martha, aber das Essen darf schon noch etwas kochen, denn es hat eben erst auf der Michaeliskirche halb zwei geschlagen.

– Warum kommt aber Herr Lidenbrock schon heim?

– Er wird's uns vermutlich sagen.

– Da ist er! Ich flüchte mich, Herr Axel, Sie werden ihn zur Einsicht bringen.“

Und die gute Martha eilte wieder in ihre Küche.

Ich blieb allein. Aber einen zornigen Professor zur Einsicht zu bringen, war doch für meinen etwas schwankenden Charakter nicht möglich. Daher war ich im Begriff mich klüglich wieder in mein Zimmerchen hinauf zu begeben, als die Angeln der Haustüre knarrten; des Hausherrn lange Beine schritten geräuschvoll über die hölzerne Treppe quer durch das Speisezimmer hastig in sein Arbeitszimmer.

Im Vorbeirennen warf er seinen Stock mit einem Nußknackerknopf in eine Ecke, seinen wider den Strich gebürsteten Hut auf einen Tisch, und rief laut seinem Neffen zu:

„Axel, komm' mir nach!“.

Ich hatte noch nicht Zeit, vom Fleck zu kommen, als der Professor mit lebhafter Ungeduld mir zurief:

„Nun! noch nicht hier?“

Ich eilte ins Zimmer meines fürchterlichen Onkels. Otto Lidenbrock war kein bösartiger Mensch, ich gebe es gerne zu; aber wofern er nicht, was sehr unwahrscheinlich ist, sich ändert, so wird er als ein schrecklicher Sonderling sterben.

Er war Professor am Johanneum, und hielt Vorträge über Mineralogie, wobei er regelmäßig ein- oder auch zweimal in Zorn geriet. Es kam ihm durchaus nicht darauf an, dass seine Schüler fleißig die Lektionen besuchten, noch dass sie aufmerksam zuhörten, noch dass sie Fortschritte machten: diese Kleinigkeiten machten ihm wenig Sorge. Sein Vortrag war, wie die deutsche Philosophie sich ausdrückt, „subjektiv“ für ihn, und nicht für andere. Er war ein egoistischer Gelehrter, ein Wissensbrunnen, dessen Rolle knarrte, wenn man etwas herausziehen wollte: mit einem Wort, ein Geizhals.

Es gibt in Deutschland manche Professoren der Art. Mein Onkel hatte leider keine leichte Aussprache, wenigstens wann er öffentlich sprach, ein bedauerlicher Mangel bei einem Redner. Bei seinen Vorträgen im Johanneum blieb der Professor oft plötzlich stecken; er rang mit einem störrigen Ausdruck, der nicht von seinen Lippen wollte, einem Ausdruck, der sich sträubt und aufbläht, bis er endlich in der unwissenschaftlichen Form eines Fluchs herauskommt. Darüber arge Erzürnung.

Nun gibt es in der Mineralogie viele halb-griechische, halb-lateinische Benennungen, die schwer auszusprechen sind, so holperig rau, dass sie für eines Dichters Lippen eine Pein sind. Ich will dieser Wissenschaft nichts Übles nachsagen. Aber gegenüber von rhomboedrischen Kristallisationen, von retin-asphaltischen Harzen, von Gheleniden, Fangasiden, Molybdaten, Tungstaten, Titaniaten und Zirkonien darf die geläufigste Zunge fehl sprechen.

In der Stadt nun kannte man diese verzeihliche Schwäche meines Onkels, und man machte sich über ihn lustig; man lauerte ihm auf, reizte ihn zum Zorn und lachte ihn aus, was auch in Deutschland durchaus nicht für anständig gilt. Und waren die Zuhörer Lidenbrocks stets zahlreich, so kamen sie meist deshalb, um sich an dem ergötzlichen Zorn des Professors zu belustigen.

Wie dem auch sein mag, mein Onkel war, – das kann ich nicht genug betonen – ein echter Gelehrter. Obwohl er manchmal bei allzu barschen Versuchen seine Musterstücke zerschlug, verband er mit dem Genie des Geologen den Blick des Mineralogen. Mit seinem Hammer, seiner stählernen Spitzhaue, seiner Magnetnadel, seinem Lötrohr und Fläschchen Salpetersäure war der Mann sehr stark. Er verstand jedes beliebige Metall nach dem Bruch, Aussehen, der Härte, Schmelzbarkeit, dem Ton, Geruch oder Geschmack ohne viel Bedenken in die Classification der sechshundert jetzt bekannten Gattungen einzureihen.

Daher hatte auch Lidenbrocks Name in den Gymnasien und Vereinen einen ehrenvollen Klang. Humphry Davy und von Humboldt, die Kapitäne Franklin und Sabine machten ihm auf der Reise durch Hamburg ihren Besuch. Becquerel, Ebelmen, Brewster, Dumas, Milne-Edwards, Sainte-Claire-Deville befragten ihn gerne über wichtige Punkte der Chemie. Diese Wissenschaft verdankte ihm hübsche Entdeckungen, und im Jahre 1853 war zu Leipzig von Otto Lidenbrock eine Abhandlung über Transzendentale Kristallographie in Großfolio mit Abbildungen erschienen, welche jedoch nicht die Kosten deckte.

Zudem war mein Onkel Konservator des mineralogischen Museums des russischen Gesandten Struve, welches europäischen Ruf hatte.

Dieser Mann war's, der mich so ungeduldig anrief. Ein großer, magerer Mann mit eiserner Gesundheit und blondem jugendlichen Aussehen, das ihn um zehn Jahre jünger machte, als er wirklich war. Große unablässig rollende Augen hinter einer ansehnlichen Brille; eine lange feine Nase, gleich einer scharfen Klinge; böse Zungen behaupteten, sie sei mit einem Magnet bestrichen und ziehe den Eisenstaub an sich.

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