Nun kommen auch Dario und Mark nach draussen. Sie haben den Gang wieder so verschlossen, dass den einheimischen Helfern am nächsten Morgen nichts auffallen sollte. Das Geheimnis will Mark noch nicht teilen. Zuerst muss geklärt werden, um was es sich bei diesem Gegenstand handelt und vor allem, wozu und wann er hergestellt und hier gelagert wurde?
«Du musst uns nochmals helfen», wendet sich Mark an Kira, «beim Verlassen der Grabungsstätte werden wir überprüft. Ich vermute, dass sie dich als Frau nicht so genau abtasten werden. Kannst du den Gegenstand in deinen Shorts verstecken?»
«Sonst noch etwas?», fragt Kira.
«Nein, dann hast du deine Aufgabe erfüllt. Ich lade dich heute Abend zum Essen ins Sabean International Hotel ein!»
«Da kann ich nicht nein sagen», dabei zieht sie den Reissverschluss des gelben Blaumanns weit nach unten und schaut, wie sie den Gegenstand am besten in ihren Shorts unterbringt. Dass dabei die Jungs erneut ihren Busen bewundern können, stört sie nicht. Ihre Aufmerksamkeit gilt dem geheimnisvollen Gegenstand, sie will ihn sicher in die Absteige und später nach Zürich an die Uni bringen.
Wie erwartet, passieren sie die Kontrolle durch die Parkwärter ohne Probleme. Der Wärter wagt kaum, Kira anzuschauen, geschweige denn zu berühren.
Gegen acht Uhr schlendert Mark mit Kira am Arm, dem Eingang des Sabean International Hotels entgegen. Sowohl Mark und vor allem Kira, haben sich schön angezogen. Der Kellner nimmt das Reserviert Schild von einem Tisch und hält Kira den Stuhl hin.
Nach den entbehrungsreichen Tagen ein wahrer Genuss. Schon das Studieren der Speisekarte lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Eine gute Stunde später, gönnen sie sich noch einen Kaffee an der Bar. Das Essen war ausgezeichnet.
«Wir sollten den Gegenstand so schnell wie möglich nach Zürich bringen!», schlägt Mark vor, «mein Vater bemüht sich, unsere Rückreise so schnell wie möglich zu organisieren.»
«Mein Rückflug muss ich drei Tage im Voraus buchen», erklärt Kira, «aber vielleicht lässt die Fluggesellschaft mit sich reden.»
«Mein Vater versucht, über Asmara einen Flug zu organisieren, so würden wir uns die anstrengende Fahrt nach Addis Abeba sparen. In diesem Fall spielt Geld keine Rolle.»
«Wenn das so ist, habe ich nichts dagegen, kann mich jedoch nicht an den Mehrkosten beteiligen.»
«Natürlich bist du eingeladen», meint Mark, «ohne deine schlanke Figur, müssten wir noch lange auf den Gegenstand warten. Zudem musst du helfen, den Gegenstand ausser Land zu bringen. An der Grenze zu Eritrea und auf dem Flugplatz in Asmara, wird weniger genau kontrolliert als am Flughafen in Addis Abeba, da sind sie sehr gut eingerichtet.»
«Ich passe mich an, ich möchte allerdings nicht als Schmugglerin in ein äthiopisches Gefängnis, diese Erfahrung möchte ich mir ersparen.»
«Daran bin ich ebenfalls nicht interessiert. Morgen wird es noch nicht klappen, Papa braucht Zeit. Wie wäre es mit einem Ausflug nach Lalibela? Ich kann den Jeep des Ausgrabungsteam mieten. Das ist ein Tagesausflug und die Felskirchen sind sehr interessant. Das gehört zu einem Äthiopienbesuch einfach dazu.»
«Gut, nach einem so guten Essen, bin ich für neue Abenteuer bereit.»
Zu Fuss geht’s zurück. Als sie sich ihrer Absteige nähern, wird Kira etwas kribbelig. Was bringt diese Nacht?
Mark öffnet vorsichtig die Türe. In der Küche ist es eng. Die beiden Freunde sind mit ihren Betten in die Küche umgezogen, Mark und Kira haben das Schlafzimmer diese Nacht für sich allein.
Der Ausflug nach Lalibela ist sehr interessant, doch für Kira erneut sehr anstrengend. Sie lässt sich nichts anmerken und fotografiert die imposante, in den Felsen gehauene Kirche.
Zurück in Aksum ist das Mail von Marks Vater eingetroffen. Sie haben den Code, mit dem sie in Asmara an die Flugtickets gelangen.
Am nächsten Morgen brechen sie früh auf. Gildo wird die beiden mit dem Jeep nach Asmara auf den Flughafen fahren, danach sind sie schon beinahe zuhause.
Nur die Gepäckkontrolle müssen sie noch überstehen. Im Beauty Case von Kira schafft sie es, den Gegenstand ins Flugzeug zu schaffen.
Über Dubai fliegen sie nach Zürich.
Am nächsten Morgen entnehmen die zwei in Zürich ihre Rucksäcke vom Band im Flughafen. Der Rückflug war nicht so anstrengend, wie die Anreise, trotzdem ist Kira müde. Nach einem Hamburger im Mac Donalds, will sie so schnell wie möglich in ihre Wohnung. Mark wollte eigentlich seine Eltern besuchen, doch er meldet sich telefonisch ab. Er will bei Kira schlafen, den Familienbesuch kann er nächste Woche nachholen.
In ihrer Wohnung nimmt Kira stolz den Gegenstand aus ihrem Beauty Case. Sie haben es geschafft, der Gegenstand hat jede Zollkontrolle unbeanstandet passiert. Endlich können sie ihn etwas genauer betrachten. In Äthiopien haben sie sich nicht getraut, ihn aus seinem Säckchen zu nehmen, in den sie ihn gleich nach der Bergung gesteckt haben. Sie befürchteten, dass sie jemand beobachten könnte.
Der Gegenstand sieht für eine Antiquität ungewohnt modern aus. Ein bisschen gleicht er einer Garnspule, doch da gibt es grosse Unterschiede, aber um die wollen sie sich erst kümmern, wenn sie ausgeschlafen sind.
Sie fotografieren den Gegenstand von allen Seiten, legen ihn in eine Schuhschachtel und polstern die Schachtel mit Watte aus. Kira bringt die Schachtel in den Keller. Sie wissen nicht, wie empfindlich der Gegenstand reagiert. Im Keller hat er zumindest eine ähnliche Temperatur wie in der Grabkammer und in der Schachtel ist er vor Licht geschützt.
Am nächsten Morgen betreten Kira und Mark, ausgeschlafen, verpflegt und geduscht die Uni in Zürich. Kira trägt die Schachtel, während sich Mark bemüht, dass Büro zu finden, in dem sie mit einer Studentin namens Ulla ein Date vereinbart haben.
«Grüezi Kira, hallo Mark», begrüsst sie Ulla, «jetzt bin ich gespannt, was ihr mir mitgebracht habt, das hat sehr geheimnisvoll geklungen.»
Kira stellt die Schachtel auf den Schreibtisch und öffnet den Deckel. Gespannt beobachtet Mark das Gesicht von Ulla. Es ist nicht zu verkennen, sie ist enttäuscht.
«Das soll ein antikes Stück sein?», meint sie entsetzt, «wollt ihr mich verarschen?»
«Jetzt schau es dir genau an», insistiert Mark, «wir haben es an einer Ausgrabungsstätte gefunden und ich denke nicht, dass sich da jemand ein Scherz erlaubt hat.»
«Na gut, - heute ist ja nicht der erste April und Verstehen sie Spass wird auch nicht mehr gedreht. Gehen wir so vor, wie es bei einem antiken Gegenstand üblich ist.»
Ulla ruft am PC ein Formular auf, notiert Datum und Uhrzeit, dann fotografiert sie den Gegenstand, in einer mit liniertem Papier von einem Zentimeter Linienabstand ausgekleideten Box und kopiert das erste Bild ins Formular auf dem PC. Es erhält eine Registernummer, unter der das Formular archiviert wird.
Nun hat sie einige Fragen an Mark. Zeitpunkt des Auffindens, Fundort.
«Geht es nicht etwas genauer?», fragt sie zurück, nachdem Mark als Fundort nur Äthiopien angegeben hat.
«Na gut, sagen wir Aksum, aber genauere Angaben gibt es vorerst nicht.»
Allmählich füllt sich das Formular. Gewicht, Abmessungen und Allgemeinzustand werden registriert.
«So jetzt müssen wir ins Labor wechseln», meint Ulla, «ich weiss immer noch nicht, ob sich der Aufwand lohnt, es sieht doch eher modern aus.»
«Ich versichere dir, - ist es nicht!»
«Gut, ich muss einiges vorbereiten, ihr könnt in der Zwischenzeit einen Kaffee trinken, eine halbe Stunde brauche ich schon.»
Als sie 40 Minuten später ins Labor zurückkehren, ist Ulla so beschäftigt, dass sie die zwei gar nicht kommen hört.
«Das ist das sonderbarste Ding, welches ich je untersucht habe», meint Ulla mit einem verwunderten Gesichtsausdruck, «schon das Material ist seltsam, Skandinavium, das habe ich noch nie in einer Probe festgestellt. Das deutet auch darauf hin, dass es keine Fälschung ist, denn Skandinavium ist heute nur schwer zu beschaffen.»
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