Dick lachte heiser auf. "Da hast du glatt was falsch verstanden, mein Freund: Du bist nicht mehr zu retten!"
"Ja, ja!" Bens Blick wurde säuerlich und er wirkte nervös. "Von mir aus. Aber jetzt gib schon her das Teil!" Er streckte fordernd seine Hand aus.
Dick brummte einmal, dann fischte er sein Handy vom Tresen und reichte es Ben. Doch bevor der zugreifen konnte, zog es Dick nochmals zurück und sah sein Gegenüber ernst an. "Keine Pornoseiten, verstanden?"
Ben nickte gereizt. "Ja, ja!"
"Ich hatte beim letzten Mal erhebliche Probleme, Lisa… (Das war seine aktuelle Lebensgefährtin) …davon zu überzeugen, dass Mexikanisches-Bullenreiten.org nichts mit Sex, sondern mit Landwirtschaft zu tun hat!"
"Du kleiner Perverser!" zischte Riley, obwohl er sich beim letzten Ausleihen tatsächlich auf dieser pornographischen Webseite umgesehen hatte.
"Wir verstehen uns?" Dick war in dieser Sache offensichtlich nicht zu Späßen aufgelegt.
"Ja!" Ben nickte. "Ich bin ganz brav!" Na ja, nicht wirklich! Fast musste Ben sich ein Grinsen verkneifen.
"Na dann!" Dick schien zufrieden und reichte Riley das Handy. "Ich kümmere mich derweil um dein Essen…!" Er wartete, bis Ben ihn ansah. "…und fröne dabei meiner Inkontinenz!" Während Riley angesäuert den Mund verzog, grinste Dick beinahe im Kreis und drehte sich um, um seiner Arbeit nachzugehen.
*
Als Ben vor ein paar Minuten Foremans Büro verließ, hatte er für einen kurzen Moment mit dem Gedanken gespielt, den jetzt geplanten Anruf mit seinem eigenen Handy vorzunehmen. Doch dann wurde ihm klar, dass Allison seine Nummer womöglich kannte . Ich spiele hier ohnehin schon mit dem Feuer, dachte er. Aber ich habe keine Lust, mich zu verbrennen.
Dann war ihm Dick eingefallen und so war er hierhergefahren.
Jetzt drehte er sich weg vom Tresen und wählte gleichzeitig die Zentrale von Strongholt Architectures . Als sich nach einem kurzen Moment Rebecca, die Telefonistin, meldete, wollte Ben schon sagen: Hey Rebecca, Ben Riley hier! doch er konnte sich gerade noch zurückhalten. Stattdessen räusperte er sich, bevor er in einem betont skandinavischen Akzent sagte: "Guten Tag! Mein Name ist Thorvald Sorensen. Ich möchte bitte mit Miss Allison Strongholt sprechen!" Während er sprach, blickte er kurz zurück zum Tresen und konnte sehen, wie Dick dahinter von seiner Arbeit abließ und ihn mit großen Augen und ziemlich ernstem Gesicht erstaunt ansah. Ben, dessen Puls leicht beschleunigt war, gab ihm aber mit einer betont lässigen Geste zu verstehen, dass alles in Ordnung sei. Als Rebecca aber nicht sofort auf seine Worte reagierte, befiehl ihn leichte Panik. Hört sich Sorensen so an? Niemals hört sich Sorensen so an!
Doch die Telefonistin war nur etwas irritiert. "Nicht Mr Riley?"
Jetzt grinste Ben kurz. "Nein! Ich mochte Miss Strongholt sprechen, bitte!"
"Jawohl Sir!" erklärte Rebecca. "Einen Augenblick, ich verbinde!"
Während es in der Leitung knackte, spürte Ben, wie sich sein Pulsschlag weiter erhöhte und Hitze in sein Gesicht stieg.
"Strongholt?"
Hallo Allison, ich bin es…! Verdammt! Denk skandinavisch, sprich skandinavisch! "Ja, Hallo Miss Strongholt! Thorvald Sorensen am Apparat!"
"Mr Sorensen?" Allison war hörbar überrascht. "Ich…ähm…? Wie kann ich ihnen helfen?"
"Sie klingen überrascht, mich zu hören?" Treib es nicht zu weit, Ben!
"Ich…ähm! Nun ja, ich würde davon ausgehen, dass sie mit Ben Riley sprechen wollten!?"
"Nein…und ja!" Du treibst es zu weit!
"Wie soll ich das verstehen?"
Ben konnte förmlich spüren, wie Allison sich anspannte. "Ich will mit ihnen sprechen!" erklärte er.
"Okay!"
" Über Mr Riley!"
"Aha!"
Ben war sicher, dass Allison jetzt schon das Schlimmste erwartete und anfing, innerlich Flüche über ihn auszuschütten. Na warte! "Ja, wissen sie, ich sitze hier gerade im Yachtclub am Hafen mit vier meiner engsten Geschäftspartner zusammen! Nach einem ausgezeichneten Hummer und einem vorzüglichen Chardonnay kamen wir auf mein neues Haus zu sprechen. Ich erzählte ihnen von der wundervollen Arbeit, die ihre Firma durch Mr Riley für mich geleistet hat, zeigte ihnen ein paar Bilder und muss dabei wohl so ins Schwärmen geraten sein, dass meine Freunde sich entschlossen haben, auch mein Haus zu besitzen!" Du alter, verdammter, schlauer, böser Fuchs!
"Wie…ähm…soll ich das verstehen?" Allison war hörbar irritiert.
"Sie wollen alle auch so ein Haus haben, wie Mr Riley es für mich gebaut hat!"
"Sie wollen…? Ach du liebe Güte. Wie viele Freunde sagten sie, sind bei ihnen?"
"Vier?"
"Und sie alle…?"
"Ja, sie alle wollen das gleiche Haus haben! Als Zweitwohnsitz, verstehen sie?"
"Ähm…ja!" Ihre Stimme wurde kräftiger. "Ja, das verstehe ich!"
"Gut!" Jetzt zur guten Tat für heute. "Denn sehen sie: Meine Freunde sind vielbeschäftigte Männer und quasi schon auf dem Weg zum Flughafen. Ich konnte sie aber überreden, noch etwas zu warten. Wenn sie also Interesse haben, dann sollten sie sich ins Auto setzen und hierherkommen. Dann können sie in zwei Stunden Aufträge für vier weitere Häuser in der Tasche haben! Was sagen sie?"
"Ich sage…!"
"Selbstverständlich ist ihr Honorar so hoch, wie bei meinem Haus!"
"Das…ähm…!" Ben konnte förmlich hören, wie Allisons Gizmos übereinander herfielen. Da Ben die gesamte Konstruktionsarbeit bereits einmal geleistet hatte, waren die Kosten hierfür bei vier baugleichen Häusern nur noch gering. Und das bedeutete einen sehr hohen Profit. "…ist sehr großzügig, Mr Sorensen!"
"Ah…keine Ursache!" Jetzt nochmal in eigener Sache. "Ich bin wirklich hochzufrieden mit der Arbeit von Mr Riley! Und wenn ich ihnen einen satten Profit verschaffen kann, dann bin ich mir sicher, dass auch Mr Riley einen ordentlichen Bonus dafür bekommen wird!"
"Was? Ja, ja! Aber natürlich!"
"Gut!" Ben grinste breit und hätte fast aufgelacht. "Dann zögern sie nicht und kommen sie umgehend ins Restaurant am Yachthafen! Ich versuche, meine Freunde bis dahin bei Laune zu halten!"
"Ich bin quasi schon auf dem Sprung! Geben sie mir eine Stunde!"
"Adjö!" Das war schwedisch für Auf Wiedersehen . Ben hatte das schon so oft von Sorensen gehört. Jetzt konnte er es prima anwenden. Dann legte er auf.
Als er sich einen Augenblick später zu Dick herumdrehte, grinste er fast im Kreis.
Dick hatte die Sandwiches mittlerweile fertig hergerichtet und legte sie, in Tüten verpackt, auf den Tresen neben zwei Flaschen Coke light. "Du weißt aber schon, dass sie bald herausfinden wird, dass sie verarscht wurde, oder?" meinte er.
"Klar! Aber sie wird nicht wissen, von wem!" Plötzlich wurde Ben ernst. "Es sei denn, du petzt!"
"Quatsch!" wehrte Dick ab. "Sie meckert ständig an meinem Essen herum und gibt mieses Trinkgeld! Mir ist vollkommen Wurst, was du mit ihr veranstaltest!" Er grinste schief. "Aber, wenn du versuchen wolltest, deine Arbeit ins Licht zu rücken, war das ja wohl für umsonst!"
"Was?" Ben erkannte, dass Dick Recht hatte. Kein Sorensen im Yachthafen, keine Belobigung für Ben. Am Ende , so befürchtete er jetzt, habe ich den Bogen doch überspannt!? Mist! "Ach verdammt! Da will man einmal helfen und dann so was!" Er schüttelte genervt den Kopf.
"Achtung, sie kommt!" rief Dick und deutete mit dem Kopf in Richtung Fahrstuhl. Riley drehte sich zu Dick und blieb still sitzen. Erst, als er sah, dass dessen Blick sich dem Ausgang näherte, traute er sich, sich herumzudrehen und selbst nachzusehen.
Da schwebt sie dahin! Ben war dennoch zufrieden, erleichtert und musste erneut grinsen.
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