Humbi, ein ca. 30-jähriger Gitarrist aus Aschaffenburg stieg bei uns ein. Er hatte einen Vollbart und hatte schon viel in seinem Leben erlebt. Er war ein typischer Hippi, dessen umkomplizierte Art Gitarre zu spielen mir enorm gefiel. Menschlich und musikalisch verstanden wir uns super. Ihn interessierte Buddhismus und leider wanderte er später für immer nach Indien aus, um zu meditieren. Nie wieder habe ich etwas von ihm gehört.
Reini, unser Bassist kiffte von Tag und Tag mehr und oft kam es vor, dass er verschiedene Musikparts einfach vergaß. Er übertrieb es mit seinem Haschischkonsum dermaßen, so dass er bei den Proben musikalisch nichts mehr dazu beitragen konnte. Zeitweise besuchte er die Nervenklinik „Landeck“. Solche Leute waren richtig zu bedauern, weil sie auch durch gutes zureden nichts kapierten und sich nicht helfen ließen und nichts an sich probierten zu verändern. Doch mir sollte es ähnlich ergehen und sitze somit selbst im Glashaus, von wo aus man wirklich nicht mit Steinen werfen sollte.
Matthias, mein Cousin besuchte uns einmal in unserem Proberaum und kurzer Hand stieg er als Gitarrist bei uns ein, obwohl ich dagegen war. Nicht persönlicher Natur, sondern musikalischer. Wieder, wie bei Octopus spielten wir bekannte Songs nach. Wegen musikalischer Differenzen stieg ich dann später genervt aus der Band.
Als ich einmal durch die Innenstadt Kaiserslauterns lief, begegnete ich Thomas G. - Er war ein ziemlich linker Typ, was ich aber zu dieser Zeit jedoch noch nicht wußte. Ab und zu traf man sich und kam öfter mit ihm in Kontakt. Er erzählte mir, er wollte mit Heroin dealen und schwärmte mir vor, dass man damit sehr viel Geld machen könnte. Ich war so naiv und dachte, toll, daran möchte ich teilhaben ! Geld war natürlich nötig dafür, um den Stoff in einer größeren Stadt zu besorgen. Ich Idiot nahm dann bei meinem Bankinstitut 2.000 DM als Darlehen auf, um die Sache mit zu finanzieren. Wir fuhren in diese Stadt und besorgten uns für 1.800 DM Heroin. Mir ging ganz schön die Angst durch den Leib, weil ich ein Mädchen kannte, die wegen nur 1 ½ Gramm ins Gefängnis kam. Glücklich und sicher in Kaiserslautern angekommen verpackten wir den Kram bei ihm zuhause, Grammweise in kleine, sogenannte Packs. G. erledigte das.
Während der „Arbeit“, schreckte uns das klingelnde Telefon auf und Beck nahm den Hörer ab. Am anderen Ende schien ein Mädchen zu sprechen, das völlig aufgelöst war und unbedingt ihren Schuß brauchte. Sie bat uns, bei ihr vorbei zu kommen, da sie auf Entzug wäre. Sie würde auch das Taxigeld für uns bezahlen. Gleich setzte sie sich im Badezimmer den ersehnten Schuß, als wir ankamen. Bei ihr war es etwas schwierig eine Vene zu finden. Also stach sie sich in die Hand und mir wurde es fast übel. Sie schlug uns vor, wir könnten bei ihr übernachten und wir nahmen ihr Angebot an. Sie hieß Helga und war ein sehr hübsches, schlankes Mädchen. Seit zwei Jahren konsumierte sie Heroin und war ziemlich abhängig. Fünf Jahre hatte sie eine Beziehung mit einem Junkie, der später von einem Amerikaner mit einem Stein erschlagen wurde. Als sie von dem Mord hörte, weinte sie bitterlich. Eine Problembeziehung bahnte sich an und sie wurde meine Freundin. Sie war sehr labil und äußerst sensibel. Bei ihr wohnte ich ungefähr ein halbes Jahr. In den ersten zwei Monaten besorgte ich ihre Drogen und sah ihr beim Spritzen zu. Beck hatte mich reingelegt und benutzte die eingekauften Drogen zum Eigenkonsum. Meine 2.000 DM waren in den Wind geschossen, oder besser gesagt in die Venen anderer Leute geflossen. Die Beziehung mit Heike war äußerst schwierig, der ich seelisch nicht gewachsen war. Hier musste ein Therapeut her. Entschlossen bat ich sie, sich für unsere Beziehung, oder für die Drogen zu entscheiden. Sie entschloss sich für mich und wollte gerne damit aufhören. Wie es bei fast allen Drogenabhängigen so ist, brauchten sie nach dem körperlichen Entzug einen Drogenersatz. Für Helga war das Alkohol und Tabletten. Natürlich hatte sie noch Kontakt zu anderen Leuten und besorgte sich ein starkes Schlafmittel mit Namen „Medixxx“. Durch den Entzug bekam sie Schlafstörungen. Oft musste ich nachts zum Kiosk fahren, um eine Flasche Weinbrand für sie zu kaufen. Mit allen Mitteln wollte ich ihr helfen und erfüllte ihre nächtlichen Wünsche. Erst nach ein paar Gläsern Alkohol konnte sie endlich einschlafen. Es war eine schlimme, nervenaufreibende Zeit, da ich mich so hilflos fühlte. Auch ihre Eltern konnten nichts machen, außer Reden, was nichts brachte. Ich war bei den amerikanischen Streitkräften als Wachmann beschäftigt und hatte drei Schichten. Abends kam ich einmal nach Hause, ich freute mich schon, meine Freundin liebevoll in den Arm zu nehmen und öffnete die Wohnungstür. Auf das Wohnzimmer hinzugehend schaute ich hinein. Es war wie im Film. Blumentöpfe lagen mit zerstreuter Erde auf dem Teppichboden, sowie andere Einrichtungsgegenstände. Heike lag wie tot mit dem Bauch auf dem Boden, nur mit einem Slip und Unterhemd bekleidet. Der erste Gedanke war, dass sie vielleicht vergewaltigt wurde, da ab und zu immer noch irgendwelche Drogenleute bei ihr vorbeikamen. Doch nach kurzer Überlegung, kam ich darauf und bemerkte, dass sie stark alkoholisiert war und sicherlich auch noch Schlaftabletten schluckte. Links und rechts, nicht allzu fest auf ihre Wangen schlagend, versuchte ich sie aufzuwecken – ohne Erfolg. Ich zerrte sie ins Bett und heulte, weil auch ich nervlich am Ende war. Ich hielt die ganze Situation nicht mehr aus und beendet am nächsten Tag unsere Beziehung. Sie hat meine Entscheidung verstanden. Eine zeitlang später erfuhr ich, dass sie einen neuen Freund fand, mit dem sie später ein Kind hatte. Jahre später rief sie sogar einmal bei mir zu Hause an. Sie war frei von Drogen und führte ein normales Leben. Ich freute mich wahnsinnig für sie.
Mit Chrstoph, einem ehemaligen Schulkameraden von mir war ich jetzt oft abends unterwegs und er lud mich ein, mit in das „Amis De La Nuit“ (Name geändert) einen kleinen Schwulenclub zu gehen. Punker Kalle, mein Freund, den ich 1976 im „Thing“ kennen lernte, ging auch ab und zu mit. Das Unbekannte und Neue interessierte und reizte uns zu entdecken. So neugierig waren wir. Alle in diesem Laden waren sehr nett zu mir, natürlich weil sie nur an eins dachten. Ein gewisser Paul machte mich einmal sehr betrunken, und dachte, ein leichtes Spiel mit mir zu haben. Paul und ich wurden von einem Ami-Pärchen zum Frühstück zu sich nach Hause eingeladen. Morgens um 2 Uhr. Etwas Angst verspürte ich schon, mit diesen fremden Leuten mit zu gehen. Aber ich ging dann einfach mit, um meine Erfahrungen zu sammeln. Alles verlief cool und nachdem wir gefrühstückt hatten verzogen sich die beidem Ami´s in ihr Schlafzimmer. Paul fragte ganz nett, ob ich hier schlafen möchte. Mir erschien es wir eine von im geplante, raffinierte Tour. Doch er war ganz okay und ich blieb dann über Nacht. Zwar war ich ganz schön naiv, zu der Zeit, wußte aber genau, was ich nicht wollte – und das war, mit einem Mann zu schlafen, obwohl ich neugierig darauf war, wie das wohl wäre. Ich stieg mit ihm ins Bett. Unangenehm war mir das schon und er erzählte mir ganz offen von seiner Vergangenheit, die Erfahrungen, die er in Männerbeziehungen hatte. Er beichtete mir, als 13-jähriger wäre er von einem Mann vergewaltigt worden und wäre seitdem schwul. Anscheinend hatte es ihm sogar gefallen. Als Paul mir dann einen Kuss gab, erklärte ich ihm klar und deutlich, dass ich Angst hätte und nichts ablaufen würde. Er war echt tolerant und fasste mich auch nicht an. Ein paar Tage später lud er mich zum Essen ein. Es war richtig teuer und er meinte, einmal im Monat bräuchte er das, sich bewirten zu lassen und gut zu essen. Da er selbst als Kellner in einer Pizzeria arbeitete, war dieser Wunsch von ihm irgendwie nachvollziehbar.
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