Mara Dissen - Der Besitz

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…Der schrille Ton in meinem Kopf steigert sich ins Unerträgliche, übertönt die Stimmen, aber sie sind nicht weg, machen nur Pause, werden wiederkommen. Ich weiß es. Wild gestikulierend schlage ich um mich, möchte mich befreien…"
Seit Monaten kämpft Herbert Schnabel wieder mit den Dämonen seiner Krankheit, die er glaubte, mit Hilfe seiner antipsychotischen Medikamente, endgültig besiegt zu haben. Misstrauisch verfolgt er die Medikamentenvergabe, die seine Frau unerwartet an sich gerissen hat. Kann er ihr trauen oder hat sie sich den Menschen angeschlossen, die ihn in seinem Verfolgungswahn um seinen Besitz bringen möchten? Verzweifelt stemmt er sich gegen seine Wahnvorstellungen, bis er die Gewissheit hat, dass die Verbrechen, die in seiner unmittelbaren Umgebung begangen werden, der Realität entspringen.
Unaufhaltsam setzt sich eine Spirale aus Lügen, Selbstzweifeln und Gewalt in Gang, die auch vor Blutvergießen nicht Halt macht. Es stellt sich für den Ermittler, Hauptkommissar Balzer, die Frage, ob Herbert zum Täter oder zum Opfer wurde.

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Mara Dissen

Der Besitz

Thriller

Mara Dissen, 1950 geboren, war jahrzehntelang in leitender Funktion im Bildungswesen tätig. 2014 erschien ihr erster Kriminalroman. Mit der Veröffentlichung vier weiterer Krimis ist sie dem Genre treu geblieben. Mara Dissen lebt mit ihrem Mann in Braunschweig.

Bereits erschienene Bücher:

Aus der Mitte der Dunkelheit

Im Schatten der Gitter

Im Strom des Bösen

Todbringende Entscheidung

Du bist böse

DER BESITZ

Mara Dissen

Impressum Texte Copyright by Mara Dissen Umschlag Copyright by Valesca - фото 1

Impressum

Texte: © Copyright by Mara Dissen

Umschlag: © Copyright by Valesca Dolle-Koch

Verlag: Valesca Dolle-Koch

Lily-Braun-Str. 16G

12619 Berlin

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhaltsverzeichnis

PROLOG PROLOG Die Gegend ist in diffuses Licht gehüllt. Es ist diese Tageszeit, nicht mehr hell, noch nicht dunkel, die Zeit, die Angst macht, verunsichert, nicht jeden Menschen, nicht überall, aber hier auf diesem Platz schon. Er ist groß. Tiefe Schlaglöcher, in denen sich Wasser gesammelt hat, durchziehen die betonierte Fläche. Gerahmt von einem grauen, riesigen Stahlskelett, Überbleibsel einer ehemals prosperierenden Fabrikanlage, scheint es von hier kein Entrinnen zu geben. Unkraut hat sich an den Betonrändern seinen Weg gebahnt, strebt dem Licht entgegen. Die Kräuter stehen hoch, unberührt, zeigen keine Spuren von Zerstörung, sind scheinbar Zeugen, dass es sich hier um einen einsamen, längst vergessenen Ort handelt. Die ungeordnet abgestellten Polizeifahrzeuge offenbaren eine andere Sicht. Hauptkommissar Clemens Balzer und seine Kollegin Sofie Kolb stehen neben den weitgeöffneten Türen des Leichenwagens. Mit hochgeschlagenem Mantelkragen, die Hände fröstelnd tief in den Taschen vergraben, versuchen sie vergeblich, sich vor dem feinen Sprühregen zu schützen. Angespannt starren sie auf die Gestalt, die leblos, mit seltsam verdrehten Gliedern auf einer nassen, brüchigen Betonplatte liegt. Mit steinernem Gesicht tritt Clemens Balzer zur Seite, macht den Mitarbeitern des Bestattungsinstituts Platz. „Was hast du für uns?“, wendet sich der Kommissar an den Gerichtsmediziner Klaus Wenzel, der sich noch ein letztes Mal über den Leichnam beugt. „Wir haben eine Brieftasche bei dem Opfer gefunden.“ Mürrisch, ohne sich aufzurichten, zeigt er auf einen Polizisten, der sich ihnen mit einem Asservatenbeutel nähert. Kommentarlos nimmt Balzer den Beutel entgegen, wendet sich ab und kehrt zu seinem Fahrzeug zurück. Betroffen schaut er auf den Personalausweis des Opfers und schiebt ihn nach einigen Sekunden energisch in die Brieftasche zurück. „Verdammt. Die Suche nach dir kam zu spät. Wir hätten das wissen müssen. Wir hätten das verhindern können“, nuschelt er vor sich hin und versteckt seinen Hals noch tiefer im Mantelkragen.

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Leben ist das was passiert, während du beschäftigt bist, andere Pläne zu machen.

(John Lennon)

PROLOG

Die Gegend ist in diffuses Licht gehüllt. Es ist diese Tageszeit, nicht mehr hell, noch nicht dunkel, die Zeit, die Angst macht, verunsichert, nicht jeden Menschen, nicht überall, aber hier auf diesem Platz schon. Er ist groß. Tiefe Schlaglöcher, in denen sich Wasser gesammelt hat, durchziehen die betonierte Fläche. Gerahmt von einem grauen, riesigen Stahlskelett, Überbleibsel einer ehemals prosperierenden Fabrikanlage, scheint es von hier kein Entrinnen zu geben. Unkraut hat sich an den Betonrändern seinen Weg gebahnt, strebt dem Licht entgegen. Die Kräuter stehen hoch, unberührt, zeigen keine Spuren von Zerstörung, sind scheinbar Zeugen, dass es sich hier um einen einsamen, längst vergessenen Ort handelt. Die ungeordnet abgestellten Polizeifahrzeuge offenbaren eine andere Sicht.

Hauptkommissar Clemens Balzer und seine Kollegin Sofie Kolb stehen neben den weitgeöffneten Türen des Leichenwagens. Mit hochgeschlagenem Mantelkragen, die Hände fröstelnd tief in den Taschen vergraben, versuchen sie vergeblich, sich vor dem feinen Sprühregen zu schützen. Angespannt starren sie auf die Gestalt, die leblos, mit seltsam verdrehten Gliedern auf einer nassen, brüchigen Betonplatte liegt. Mit steinernem Gesicht tritt Clemens Balzer zur Seite, macht den Mitarbeitern des Bestattungsinstituts Platz.

„Was hast du für uns?“, wendet sich der Kommissar an den Gerichtsmediziner Klaus Wenzel, der sich noch ein letztes Mal über den Leichnam beugt.

„Wir haben eine Brieftasche bei dem Opfer gefunden.“ Mürrisch, ohne sich aufzurichten, zeigt er auf einen Polizisten, der sich ihnen mit einem Asservatenbeutel nähert.

Kommentarlos nimmt Balzer den Beutel entgegen, wendet sich ab und kehrt zu seinem Fahrzeug zurück. Betroffen schaut er auf den Personalausweis des Opfers und schiebt ihn nach einigen Sekunden energisch in die Brieftasche zurück.

„Verdammt. Die Suche nach dir kam zu spät. Wir hätten das wissen müssen. Wir hätten das verhindern können“, nuschelt er vor sich hin und versteckt seinen Hals noch tiefer im Mantelkragen.

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Der riesige Supermarkt, gelegen an einer stark befahrenen Durchgangsstraße, ist nicht nur Anlaufstelle für Bewohner des Stadtteils, sondern wird auch von vielen Pendlern angesteuert. Wie jeden Samstagvormittag ist der Parkplatz nahezu vollständig belegt. Nach einer freien Lücke suchende Autofahrer umkurven Kunden, die mit beladenen Einkaufswagen zu ihrem Auto eilen. Angestauter Frust aus der zurückliegenden Arbeitswoche, zu hohe Erwartungen an das bevorstehende Wochenende oder einfach nur die Lust auf Randale, lassen immer wieder ungezügelte Aggressionen hervorschießen. Während sich unmittelbar hinter der Einfahrt zwei Autofahrer durch die geöffneten Seitenfenster lauthals um einen Parkplatz streiten, schneidet nur wenige Meter entfernt ein Fahrer den Weg einer älteren Frau, indem er sein Auto in rasantem Tempo vor ihren Einkaufswagen setzt.

„Ich bin ihm wohl zu langsam,“ kommentiert sie das Verhalten erfrischend ruhig und abgeklärt, wobei sie einer vorbeieilenden Frau zulächelt, vielleicht eine Antwort erhofft. Eine Reaktion bleibt jedoch aus, zu sehr ist das Bestreben der Frau auf das schnelle Erreichen des Supermarktes ausgerichtet.

Ohne ihre Umgebung weiter zu beachten, stürmt sie durch die weit geöffnete Eingangstür, greift sich einen der bereitstehenden Einkaufskörbe, zwängt sich an zwei kleinen Kindern vorbei und taucht in den Kundenströmen unter. Nur kurze Zeit später steht sie, den Einkaufskorb mit Knabberzeug beladen, unschlüssig vor den Warteschlangen an den Kassen, um sich sodann wahllos anzustellen.

„Roswitha?“ Erschreckt zuckt sie zusammen und starrt irritiert auf den Mann, der sie erwartungsvoll, aber auch verunsichert, von der Seite betrachtet.

„Hinten anstellen,“ ertönt eine knorrige Stimme vom Ende der Schlange.

„Ja doch, gleich, Moment bitte. Mensch, Roswitha, ich habe dich erst gar nicht wiedererkannt. Will jetzt nicht sagen, dass du dich stark verändert hast, oh sorry.“ Verlegen hüstelnd wendet er den Kopf zu dem Mann am Ende der Reihe, der zusehends unruhiger wird. „Aber es liegen ja nun ein paar Jährchen dazwischen,“ fügt er schnell als Erklärung hinzu.

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