Kello folgte der Stimme und sah in das Gesicht des Polizisten, der keinerlei Regung erkennen ließ. Verdammt, warum habe ich zu Anfang keine Vorstellungsrunde eingebaut, verfluchte sie sich.
Frau Jung gehorchte der Stimme wie unter magischem Zwang und ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen. «Die ist ja wie Jan», kommentierte ein Schüler leise aber laut genug, dass es alle hören konnten.
Ohne auf die Vorfälle weiter einzugehen setzte Kello ihre Ausführungen fort. Äußerlich schien sie unbeeindruckt, versah nur ihre Pflicht und das sachgerecht.
«Es ist nicht unsere Aufgabe, festzustellen, was der Auslöser dieser schrecklichen Tat war. Das ist der Kompetenzbereich der Polizei. Tatsache ist, dass hier ein Schüler wie von Sinnen einen anderen Schüler schwer verletzt, ja aufs schwerste misshandelt hat. Es ist unsere Aufgabe zu entscheiden, welche pädagogischen Maßnahmen uns das Schulgesetz erlaubt, um Jan seine Handlungen vor Augen zu führen; von bestrafen dürfen wir als Pädagogen nicht sprechen. Es ist aber auch wichtig, festzulegen, wie wir mit Jan zukünftig umgehen, ihn von seinen Aggressionen abbringen können.»
Frau Retlaw schluckte nervös. «Frau Kello, wollen Sie sagen, dass Jan an unserer Schule bleiben soll?»
«So weit sind wir noch nicht», beeilte sich Kello zu sagen. «Wo ist Jan überhaupt?», wandte sie sich direkt an den Polizisten.
«Ich hatte leider noch keine Gelegenheit mich Ihnen vorzustellen. Mein Name ist Busch, Hauptkommissar. Jan ist zur Zeit auf der Wache und wird von meinen Kollegen vernommen.»
«Dann werden Sie ihn ja wohl gleich da behalten und einbuchten und wir, na ja die Lehrer, müssen sich keine Gedanken machen, wie es mit Jan weitergehen soll. Dem Scheißkerl werden wir ja dann eine ganze Weile nicht begegnen», grinste Kais Vater und lehnte sich selbstzufrieden im Stuhl zurück.
«Jan wird erst in 3 Wochen strafmündig. Er wird somit nicht eingebuchtet, wie Sie es formuliert haben. Wir sehen aber sehr wohl die Schwere seiner Tat und halten diese detailliiert in einer Akte, die wir über ihn anlegen, fest. Sollte Jan erneut straffällig werden, so wird der aktenkundige Vorgang mit einbezogen. Wir kümmern uns gemeinsam mit dem Jugendamt sehr wohl um Jan», formulierte Herr Busch. Mimik und Gestik schienen keine Widerrede zuzulassen.
Frau Jung schnappte nach Luft und setzte zu einem Wortbeitrag an. «Schweigen Sie, Frau Jung. Wir sprechen später», kam ihr die Mitarbeiterin des Jugendamtes zuvor.
«Wo leben wir hier eigentlich? Kann in diesem Land jeder machen was er will? Meinen Sohn fast totprügeln, he? Ich krieg ihn, du versoffene Schlampe», schrie Kais Vater, schmiss im Aufspringen seinen Stuhl um, zerrte seine Frau am Arm zur Tür, warf einen wütenden Blick zurück und knallte die Tür hinter sich zu.
«Ich möchte gerne fortfahren», war die klare und unaufgeregte Stimme von Kello zu vernehmen. «Wir haben gehört, dass Jan noch nicht strafmündig ist, keine Freiheitsstrafe ansteht, wobei wir nicht wissen, ob diese verhängt worden wäre, hätte er das strafmündige Alter erreicht. Er ist somit weiterhin Schüler unserer Schule. Ich möchte, dass Jan eine Woche vom Unterricht ausgeschlossen wird. Das ist wichtig, um den Schülern zu zeigen, dass wir durchgreifen aber andererseits auch deutlich machen, dass wir Schüler, die Hilfe brauchen nicht fallen lassen. Jan ist ja wohl ein Schüler der Hilfe braucht», beendete sie vorerst ihre Ausführungen nicht ohne für alle sichtbar einen eindringlichen Blick auf Frau Jung und die Mitarbeiter des Jugendamtes zu richten.
Es folgte eine Stille, die eine fast unerträgliche Anspannung greifbar werden ließ. Frau Retlaw kämpfte mit den Tränen. Kulm nickte zustimmend mit dem Kopf. Feiger Hund; du bist der erste, der den Schwanz einzieht, wenn Jan wieder die Sau raus lässt, dachte Kello voller Verachtung.
«Vielleicht sollten wir einen Plan aufstellen, in dem genau festgehalten wird was wir zukünftig von Jan erwarten und wie wir das erreichen wollen», kam ihr Frau Ehlers zu Hilfe.
«Ich habe meine Bedenken, schließe mich aber den Ausführungen von Frau Kello an. Als Pädagogen hinterlassen wir einen schlechten Eindruck, wenn wir nicht wenigstens versuchen ihn zu sozialisieren. So nennt man das ja wohl, oder? Ich sage Ihnen aber auch, das wird nichts», gab Schiesser in die Runde.
Nach langer Diskussion, wurde der Beschluss gefasst, Jan eine Woche vom Unterricht auszuschließen. Eine Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus Eltern, Schülern und Lehrern, sollte einen Maßnahmenkatalog erstellen, ganz wie Frau Ehlers es vorgeschlagen hatte.
Kello war erleichtert, dass sie sich durchgesetzt hatte. Es war ihr aber auch bewusst, dass nicht alle hinter dem Beschluss standen. Sie konnte sich aber zurücklehnen. Schließlich war es Frau Ehlers, die durch geschickte Führung ihrerseits die Aufstellung eines Planes in den Raum geworfen hatte.
Es war Kello nicht entgangen, dass während der gesamten Diskussion die Augen des Polizisten Busch auf ihr ruhten.
«Ich muss mit Ihnen sprechen», kam er nach Beendigung der Konferenz auf Kello zu.
«Morgen Vormittag in meinem Büro würde mir gut passen», erwiderte Kello.
«Nein, heute noch», ließ sich Busch nicht abschütteln.
«O.K., dann aber nicht hier. Ich muss hier jetzt raus. Da vorne ist ein kleines Café. Wäre es Ihnen dort recht?», seufzte sie.
Sie fanden einen kleinen freien Tisch in der Nähe des Fensters.
«Ich habe Ihren Mut bewundert», begann Busch das Gespräch. «Man könnte das Wort Mut aber auch durch Naivität ersetzen. Ich glaube aber das allerletzte was man Ihnen unterstellen kann ist Naivität. Also gehe ich jetzt erst mal davon aus, dass Sie einfach nur gutgemeinte pädagogische Arbeit leisten wollen», fuhr Busch fort, ohne sie aus den Augen zu lassen. Kello schluckte nervös und fragte sich sofort, woher diese Nervosität rührte. Das Gespräch ging in eine Richtung, die ihr nicht angenehm war. Sie musste sich aber auch eingestehen, dass da noch etwas anderes war. Dieser Busch, nicht gerade hübsch, aber doch ein Mann mit enormer Ausstrahlung hatte ihr Interesse geweckt. Zum ersten Mal an diesem Tag bedauerte sie nicht ihre Kleiderwahl. Die Beine in dem kurzen Rock ruhten unter dem Tisch, das enge Top hatte eindeutig seine Aufgabe erfüllt. Wiederholt hatte Busch kurz, ganz kurz mit den Augen ihre Brüste gestreift und deren Umfang waren mehr als einladend. Schau länger hin, erlaube dir diese kleine Frechheit, versuchte sie zu suggerieren. Langsam tasteten seine Augen ihren Körper ab. Selbst den hochgerutschten kurzen Rock, die gespreizten Beine, ihre Scham schien er durch die Barriere des Tisches zu erreichen.
Sie spürte wie sie feucht wurde.
Busch stand auf, trat neben sie. «Sie wollen doch bestimmt noch eine Tasse Kaffee». Er beugte sich über sie, um an die Kaffeekanne zu gelangen. Ungeniert presste er sein erigiertes Glied an ihren Oberschenkel. Hart, frech, selbstverliebt brannte er auf ihrer Haut. Tu es nicht, lass die Finger von seiner Hose, genieße, genieße….Weiter kam sie nicht. Busch hatte sich bereits wieder ihr gegenüber an den Tisch gesetzt.
Er betrachtete sie mit einem leichten Anflug von Ironie. Sein Blick offenbarte eine unverschämte Vertrautheit für das was eben geschehen war. Dich will ich und dich nehme ich mir, funkten ihre Augen zurück. Er lächelte, hatte verstanden, ließ offen, ob er sie nehmen würde oder genommen werden wollte.
«Frau Kello, da Sie Jan nicht der Schule verwiesen haben, benötigen Sie einige Informationen über ihren Schüler.» Seine Stimme; ruhig, klar, sachlich, ließ Kello aufhorchen und versetzte sie abrupt in Alarmbereitschaft.
«Na, dann lassen Sie mal hören.» Sie lächelte ihn betont lässig an, wusste aber augenblicklich, dass er sich davon nicht beeinflussen ließ.
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