Anton Schaller
Eine verrückte Familie
Krimikomödie
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Inhaltsverzeichnis
Titel Anton Schaller Eine verrückte Familie Krimikomödie Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Impressum neobooks
„Liebling, hast du die Badehose schon eingepackt?“, schrie Isolde Müller durchs ganze Haus. Die dicke Frau war gerade dabei, ihren riesigen Koffer zu schließen. Sie hantierte mit ihren fleischigen Fingern äußerst ungeschickt und brachte den Deckel nicht zu. Ihr Gesicht wurde ganz rot vor Anstrengung. Da sprang Isolde in die Höhe und ließ sich mit einem herzhaften Schrei auf den Koffer fallen. Das ganze Haus bebte, die Fensterscheiben klirrten, und die Hängelampe an der Decke schwankte heftig hin und her.
„Hilfe, ein Erdbeben!“, rief ihr Mann voller Angst, der einige Zimmer weiter ebenfalls damit beschäftigt war, seine Klamotten in einen Koffer zu zwängen. Al war klein, klapprig und ein richtiger Pantoffelheld. Mit schlotternden Knien kam er herbeigelaufen und starrte auf seine Frau, die triumphierend auf ihrem Koffer saß.
„So, mein Guter, ich habe gepackt!“, lächelte Isolde. „Kommst d u mit deinem Koffer auch so gut zurecht?“
„Natürlich, Schätzchen, natürlich!“, beeilte sich Al mit zittriger Stimme zu versichern. „Du kannst ganz beruhigt sein. Ich habe es bald geschafft ...“
„Davon überzeuge ich mich am besten selbst!“, verkündete Isolde mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Und mit einem Ruck stellte die dicke Dame den Koffer auf den Boden. Dann stiefelte sie unter lautem Dröhnen durch den Gang und rauschte ins Zimmer, wo sie mit verschränkten Armen vor dem Koffer ihres Mannes stehen blieb. Ihr gewaltiger Körperumfang kam jetzt erst richtig zur Geltung. Fast sah es so aus, als würde die energische Dame mehrere prall gefüllte Schwimmreifen unter ihrem bunt gemusterten Kleid tragen. Die kurzen, dicken Beine steckten in riesigen Schuhen, mit denen eine Familie eine lustige Bootspartie unternehmen hätte können.
„Ach, Al, so packt man doch keine Koffer!“, nörgelte Isolde und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Ich habe dir doch schon so oft erklärt, wie man’s machen muss ...“
„Ich weiß, Liebling, ich weiß!“, hüstelte der Gerügte, der seiner Frau gefolgt war. Die dicken Gläser seiner altmodischen Hornbrille ließen seine dunklen Augen besonders groß wirken. Al trug stets schlichte, graue Anzüge, die auch schon bessere Zeiten gesehen hatten. Farbige Kleidung war ihm verhasst.
„Lass mich das machen!“, meinte Isolde. „Gib mir die Hemden aus deinem Kasten!“
Al befolgte mit schwerfälligen Bewegungen die Anweisungen seiner Frau.
„So macht man das!“, triumphierte Isolde, als ein Kleidungsstück nach dem anderen in dem zerknautschten Koffer verschwand. „An sich müsste man alle deine Klamotten auf den Müll werfen! Ich geniere mich direkt, mit dir auf Reisen zu gehen ...“
„Aber warum denn, Schätzchen?“, hauchte Al, während seine großen Augen ängstlich hin und her huschten.
„Weil sie allesamt uralt sind, dir überhaupt nicht passen und weil sie vermutlich schon dein Urgroßvater getragen hat.“
Isolde schlug den Kofferdeckel zu. „So, jetzt sind wir fertig! Unsere Kinder werden jetzt bald kommen.“
Und wie auf dieses Stichwort hin läutete es unten an der Tür. Laut und stürmisch.
Isolde watschelte über die steilen Treppen hinunter und machte auf.
Susi, ihre kleine mollige Tochter, flog direkt in ihre Arme, dass die langen Zöpfe nur so flogen.
„Mam, ich habe es geschafft! Ich habe alles Einser! Als Einzige der ganzen Klasse ...“
„Gratuliere, mein Kind!“, freute sich Isolde und drückte ihr Töchterchen so fest an ihre Brust, dass Susi keine Luft mehr bekam. Ganz bleich wurde das arme Mädchen im Gesicht und tauchte für einige Sekunden in tiefe Bewusstlosigkeit ein. Isolde merkte zum Glück noch rechtzeitig, dass es Susi nicht besonders gut ging, und lockerte unwillkürlich ihren harten Griff.
Susi rang nach Luft und schlug die Augen wieder auf.
Isolde stellte das Mädchen auf den Boden zurück und tätschelte ihre Wangen. Liebevoll, wie sie meinte. Doch die Finger der energischen Dame ließen tiefrote Spuren zurück. Susi rieb sich über das Gesicht und schlüpfte ins Haus hinein.
„Und nun zu dir“, wandte sich Isolde an ihren Sohn, der schweigend und mit gesenktem Kopf auf der Schwelle stand. „Dein Zeugnis ist wohl nicht so besonders ausgefallen. Habe ich recht?“
„Ja, Mam!“, presste Frank undeutlich zwischen seinen Zähnen hervor und fuhr sich verlegen durch seine feuerroten Haare. Der hoch aufgeschossene Junge mit den unzähligen Sommersprossen trat nervös von einem Bein aufs andere. In der Hand hielt er sein Zeugnis.
„Her damit!“, befahl die Mutter und schnappte mit einem schnellen Griff nach dem Dokument.
Das feiste, rote Gesicht von Isolde verdüsterte sich beim Lesen der vielen schlechten Noten. Ihr dicker Körper begann vor Zorn zu beben. Frank fand, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war, um das Weite zu suchen. Er krabbelte zwischen den weit auseinander stehenden Beinen seiner Mutter hindurch und rannte ins Innere des Hauses. Mit einem Ruck entledigte er sich der schweren Schultasche, feuerte sie in die nächste Ecke und lief dann hinauf in sein Zimmer. Schnell schloss er sich ein.
„Na warte, Frank!“, zischte Isolde, die ihre Niederlage erst verdauen musste, und stapfte angriffslustig über die steile Treppe nach oben.
Ihr Mann kam ihr entgegen und wunderte sich über das ungestüme Verhalten seiner Göttergattin.
„Aus dem Weg!“, rief Isolde und machte eine herrische Handbewegung. Dabei fegte sie Al ganz unabsichtlich zur Seite.
Der kleine, magere Mann landete mit gegrätschten Beinen auf dem breiten Treppengeländer, und noch ehe er sich irgendwo festhalten konnte, begann seine kleine Reise nach unten. Al rutschte am Hosenboden ein Stockwerk hinunter, dass es nur so quietschte. Das magere Männchen stieß vor Schreck kleine, spitze Schreie aus. Und schon endete die rasante Fahrt mit einem dumpfen Laut. Al hatte das Ende des Geländers erreicht. Verwirrt schüttelte er seinen hageren Kopf und krabbelte mit leichenblassem Gesicht von seiner Rutschbahn. Sein Hinterteil tat ihm weh. Mit weinerlichem Gesicht hüpfte Al auf einem Bein herum und beklagte sein Schicksal.
Isolde hatte von dem kleinen Zwischenfall gar nichts mitbekommen. Schon stand die resolute Dame vor dem Kinderzimmer und klopfte energisch an die Tür.
„Wirst du wohl aufmachen, Frank! Ich habe mit dir zu reden!“
Drinnen blieb alles still.
„Na los! Wird’s bald!“, drängte die vor Kraft strotzende Frau und hieb erneut gegen das Holz, dass es im ganzen Haus nur so dröhnte. „Mach endlich auf, sonst kannst du was erleben ...“
Plötzlich begann Susi, die sich im selben Zimmer befand, zu schreien: „Hilfe! Hilfe! Frank wird sterben! Er rührt sich überhaupt nicht mehr ...“
Und dann wurde der Schlüssel umgedreht. Die Tür schwang auf. Susi stand völlig aufgelöst auf der Schwelle.
Die Mutter drängte ins Zimmer und sah ihren Sohn regungslos am Boden liegen. Sein Gesicht war blau angelaufen.
Isolde stürzte zu Frank, beugte sich über seinen Brustkorb und sah, dass sich dieser nicht mehr bewegte.
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