Diese Entwicklung vollzieht auch in den südlichen Randgebieten Europas. So bilden sich Italien fast schon kleine Städte von illegalen Migranten. Diese sind hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigt. Die Zustände sind katastrophal - die Ausbeutung enorm. (Horn und Tomasone 2018)
„Zusätzlich hat das Wachstum der Informationswirtschaft die Gewinne aus herausragenden Geistesfähigkeiten vergrößert. Diese neue Elite der Hochgebildeten neigt dazu, […] sich auch sozial zusammenzufinden. Ihre Mitglieder heiraten untereinander und ihre Nachkommen haben enorme Bildungsvorteile. Als Folge nimmt die soziale Mobilität ab.“ (Collier 2014, S. 91) Ebenfalls untergrub bzw. untergräbt die Masseneinwanderung (armer) Migranten das Mitgefühl der reichen einheimischen Oberschicht arme Menschen. In Folge setzt sich die ökonomischen Eliten weniger bzw. sogar gegen soziale Umverteilung ein. (Collier 2014, 91ff)
B) Auseinanderentwicklung Arbeits- und Kapitaleinkommen
Im Rahmen der heutigen Globalisierung entwickeln sich Lohn- und Kapitaleinkommen zunehmen auseinander. Das Kapitaleinkommen steigt schneller als die Lohneinkommen. Partiell - insbesondere bei den schwach Qualifizierten in den hochentwickelten Industriestaaten - sinken die Löhne sogar. Ausdruck dessen ist die zunehmend ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen. (Rötzer 2018b)
Es liegen hierfür mehrere Ursachen vor. Diese sind unter anderem:
- Finanzmittel lassen sich international investieren und ermöglichen so eine umfassende Risiko-/Chancenstreuung. Investoren können von Wachstumschancen mehr profitieren als auch regionalen Krisen bzw. Konjunktureinbrüchen besser ausweichen als (schlecht qualifizierte) Lohnabhängige. Letztere können sich nur unter hohen Kosten aus dem Wirtschaftsraum wegbewegen. Dadurch lassen sich langfristig sich Renditen erreichen, die deutlich über dem Anstieg der nationalen Lohnentwicklung liegen.
Prof. Brooke Harrington: Eine der wichtigsten Lektionen, die man während der Ausbildung zur Vermögensverwalterin lernt, ist die Welt als eine Art rechtlich-finanzielles Einkaufszentrum zu sehen. Man geht zu den verschiedenen Staaten wie zu Läden in einem Einkaufszentrum und man sucht sich die Gesetze und [wirtschaftlichen] Bedingungen aus, die am besten zu einem bestimmten Vermögenswert [bzw. Vermögensstrategie] passen.“ (Friedrichs et al. 2018, 18:15ff)
- Durch internationale Investitionen kann sich das Finanzkapital partiell einer nationalen Besteuerung entziehen. Der daraus resultierende internationale Steuerwettbewerb führte seit den 1970er Jahren zu einer stark sinkenden Steuerbelastung von Kapitaleinkommen. Gleichzeitig stiegen die Abgaben auf Arbeitseinkommen sowie die indirekte Besteuerung (Steuern auf Konsumgütern und Energie). In Deutschland nahm insbesondere die Höhe der Sozialabgaben deutlich zu.
Durch die Kombination der genannten Mechanismen erreicht das Vermögen der oberen Schichten inzwischen Dimensionen, bei der ein privates Ausgeben des Geldes ökonomisch sinnvoll kaum noch möglich ist. Die Geldsummen sind einfach zu groß. Durch Zinseszins-Effekte erhöht sich der Abstand zur durchschnittlichen Bevölkerung immer weiter. Es entsteht eine neue Kaste von Rentiers, die primär von ihren Zinsen lebend, ein Vielfaches des durchschnittlichen Lebensstandards haben.
Christoph Gröner, Besitzer der Immobilienfirma CG-Gruppe, bringt es auf den Punkt:
"Wenn Sie 250 Mio. € haben und schmeißen das Geld zum Fenster raus, kommt es zur Tür wieder rein. Sie kriegen es nicht kaputt. Sie kaufen Autos, die kriegen mehr Wert. Sie kaufen Häuser/Immobilien, die kriegen mehr Wert. Sie gehen in Gold, das Gold wird mehr wert. Sie können es durch Konsum nicht zerstören - das Geld." (Friedrichs et al. 2018, 00:40ff)
Politische Herausforderungen der Globalisierung
A) Globale Märkte
B) Multipolare Welt
C) Migrationspolitik
D) Kultureller Identität
A) Globale Märkte
Die Volkswirtschaften verflechten sich über die Außenwirtschaft zunehmend miteinander. Das spiegelt sich sowohl auf betriebswirtschaftlicher Ebene der transnationalen Konzerne als auch den volkswirtschaftlichen Angleichungen der Preise sowie der internationalen Arbeitsteilung wieder. Insbesondere bei kurzfristig beschlossenen Maßnahmen wie Wirtschaftssanktionen oder Subventionen wird es schwierig (langfristige) Folgen abzuschätzen. Entsprechend unsicher sind die Prognosen ob die Maßnahmen erfolgreich sind oder wie hoch der Schaden für die fremde bzw. eigene Wirtschaft ist.
Bsp.: US-Sanktionen gegen Russland (Pfeiffer 2018)
Am 06. April 2018 verhängten die USA Sanktionen gegen den russischen Aluminium-Konzern Rusal. Angeblich mischten sich führenden Managern in den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf ein. Rusal ist der weltgrößte Produzent von Aluminium. 40 Prozent der europäischen Aluminium-Importe stammen aus seiner Produktion. Da die Geschäfte vor allem in US-$ abwickelt werden, bereiten die Sanktionen auch europäischen Geschäftspartnern Schwierigkeiten. Auch reagieren die Börsen auf die Unsicherheiten. Der Preis für Aluminium im Spot-Markt stieg deutlich. Spekulanten konnte gute Gewinne erzielen. Die Preissteigerungen setzten europäische Importeure unter Druck. Gleichzeitig weicht Rusal den Sanktionen aus. Erste Vermutungen in der Presse verweisen auf China als zusätzlichen Abnehmer als auch Zwischenhändler. Die Sanktionen laufen weitgehend ins Leere.

Abbildung 05: Die Entwicklung des Preises Aluminium (06/2016 – 05/2018)
Roter Kreis: Inkraftsetzung Sanktionen gegen Rusal.
Screenshot: von http://markets.businessinsider.com/commodities/aluminum-price
Leider führt die wachsende Unsicherheit nicht zu einer Einschränkung einseitiger Wirtschaftsmaßnahmen. Im Gegenteil, durch die sehr differenzierten Folgen, unterliegt die Politik oft Steuerungsillusionen. Kurzfristige Wirtschaftsimpulse - ob positiv oder negativ - werden bewusst als langfristiger Trend ausgegeben. Die Maßnahmen erreichen das politische Ziel nicht, bleiben aber in Kraft.
B) Multipolare Welt
Die Macht einzelner Staaten wird stark eingeschränkt. Es entstehen wirtschaftliche und politische Alternativen. Insbesondere China stellt eine wirtschaftliche Ergänzung teilweise sogar eine Alternative zu den Märkten der EU und Nordamerikas dar. Entsprechend relativiert sich die ökonomische Macht der westlichen Zentren.
Bsp.: Umorientierung Russlands
Die seit 2014 verhängten EU-Sanktionen gegen Russland (Amtsblatt der Europäischen Union) zielen vor allem auf dessen wichtigsten Exportsektor - die Öl-/Gas-Förderung. Sie erschweren die Zusammenarbeit mit wichtigen (teil-)staatlichen Unternehmen sowie die Lieferung bestimmter Investitionsgüter. Verstärkt durch sinkende Rohstoffpreise brach der russische Außenhandel ein. Die europäischen Exporte nach Russland sanken um über 40 Prozent, die Importe aus Russland um ca. 37 Prozent. Für beide Seiten liegen die Kosten der Sanktionen bei mehreren 100 Mrd. €. (Thielicke 2018)
Russland reagierte mit einer Neuausrichtung seiner Außenwirtschaft auf die ost-asiatischen Märkte. (Schröder 12.2018) Insbesondere der Ölexport Richtung China stieg nach der Erweiterung (2018) der Ostsibirien-Pazifik-Pipeline deutlich an. Der schnell wachsende Warenaustausch mit der Volksrepublik gleicht die wirtschaftlichen Verluste im EU-Handel langfristig mehr als aus. Russland gewinnt sogar durch die von außen forcierte Diversifikation seiner Handelspartner an Unabhängigkeit und wirtschaftlicher Stabilität. So sollen geplante Verlängerungen der Ostsibirien-Pipeline zukünftig auch Südkorea und Japan mit Öl versorgen.
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