David Wilhelm Beckmann - Donovan

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Eine idyllische Kleinstadt am Rande Australiens. Leonie erscheint ihr neues Zuhause als das reinste Paradies. Besonders der charismatische Bürgermeister Daniel Donovan, der hier von jedermann bewundert wird, hat es ihr angetan. Doch bald schon zieht sie mit einer unaussprechlichen Anschuldigung den Zorn der Bewohner auf sich. Donovan und seine Stadt zeigen ihre wahren Gesichter und das Mädchen findet sich in einem Albtraum wieder, an einem Ort, den es nie hätte betreten sollen, mit einer Geschichte, die es niemals kennen wollte. Die Ereignisse überschlagen sich und schließlich muss Leonie sich fragen, ob sie all das nicht vielleicht sogar verdient hat. Und ob es überhaupt noch einen Ausweg für sie gibt.

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Über das Buch:

Die sechzehnjährige Leonie weiß nicht, wie ihr geschieht, als sie sich nach dem Ehekrach ihrer Eltern plötzlich in der verschlafenen Kleinstadt Balling's Cape an der Ost-küste Australiens wiederfindet; für sie nach kurzer Zeit der mit Abstand schönste Ort der Welt. Was nicht zuletzt an dem charismatischen Psychiater Daniel Donovan liegt, den sie schon bald zum Zentrum ihrer Welt macht – und der sie den ein oder anderen Makel an diesem Ort ignorieren lässt – womit sie hier scheinbar bei weitem nicht allein ist. Als Leonie jedoch fatalerweise feststellt, dass sie einem Hirngespinst nachjagt und mit einem entsetzlichen Vorwurf den Frieden in Balling's Cape ins Wanken bringt, beginnt die Fassade des idyllischen Städtchens endgültig zu bröckeln, die Menschen zeigen ihr wahres Gesicht und Geheimnisse treten ans Licht, die das Mädchen nie kennen wollte. Am Ende bleibt die Frage nicht aus, ob Leonie all das nicht vielleicht sogar verdient hat – und ob es noch einen Ausweg für sie gibt.

Über den Autor:

David Beckmann, geboren 1996, ist Student der Germanistik und Anglistik. Zum Schreiben gebracht hat ihn vor allem Stephen King, aber auch viele andere sorgen inzwischen dafür, dass er nicht mehr damit aufhört. Bei Donovan handelt es sich um seinen Debütroman.

Weitere Informationen auf

www.facebook.com/OfficialDavidWilhelmBeckmann

DAVID WILHELM BECKMANN

DONOVAN

THRILLER

Deutsche Erstveröffentlichung März 2016

© 2016 David Wilhelm Beckmann

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv von Hans-Peter Boche

Baspherical Photoarts ©

www.flickr.com/baspherical

Printed by Amazon CreateSpace

ISBN: 978-1530671397

Für

Jojo

»›Aber ich will nicht zu verrückten Leuten gehen‹, merkte Alice an.

›Oh, das lässt sich nicht vermeiden‹, sagte die Katze,

›wir alle hier sind verrückt.‹«

ALICE IM WUNDERLAND

(frei übersetzt)

I

Sonne

1

Gott, Dad, wo bringst du mich nur hin?, dachte das Mädchen.

Der grüne Ford ihres Vaters fegte über die dunkle Straße durch die Hitze. Der Highway war in dieser Nacht kaum befahren, es waren nur hin und wieder Lastwagen zu sehen, die ebenso schnell wieder verschwanden, wie sie erschienen.

In ihrem Leben hatte Leonie schon des öfteren darüber gestaunt, wie lang so ein Highway doch sein konnte. Das hatte sie bei vielen Familienausflügen der letzten sechzehn Jahre mehr als einmal feststellen dürfen. Die waren ihr seinerzeit zwar langweilig erschienen, in Anbetracht all der Dinge, die sie gerade erlebte, hätte sie aber alles für einen Zoobesuch gegeben oder einen dieser fürchterlichen Familienspaziergänge in irgendeinem Nationalpark am Ende der Welt – was wörtlich zu nehmen ist, denn Leonies Familie lebte in Australien, der großen einsamen Insel unter dem Äquator. So fühlte es sich zumindest an. Ja, die Highways waren lang. Noch nie zuvor aber war ihr irgendeine Straße so lächerlich endlos vorgekommen, wie die, der sie in jener Nacht nach Norden folgten.

Sie lehnte die Stirn gegen das Fenster und spürte jede Unebenheit der Straße wie ein Hämmern in ihrem eigenen Kopf. Doch eigentlich nahm sie es kaum wahr. Dafür war sie zu sehr von den Gedanken aufgewühlt, denen sie nachhing.

Der Grund dafür – zumindest die eine Hälfte davon – saß neben ihr am Steuer. Ihr Vater war kein Mann, der sich je über seine Frau beklagt hätte, das war er nie gewesen. Doch Leonie konnte ihm ansehen, dass auch er durcheinander war, ob er es nun verbergen wollte oder nicht. Danach fragen würde sie ihn jedoch keinesfalls. Das Letzte, was sie sich gerade wünschte, war eines dieser gezwungenen Vater-Tochter-Gespräche, das keinem von beiden weiterhelfen würde. Allein bei der Vorstellung schüttelte es sie.

Sie hätte Schwierigkeiten gehabt, überhaupt zu erklären, was geschehen war. Und wenn sie nur versuchte, sich die Geschichte selbst zu erzählen. Alles war sehr schnell gegangen, so schnell, dass es albern war. Das Wort Scheidung konnte wirklich wahre Wunder bewirken und selbst die ruhigsten – und »erwachsensten« – Menschen von einem Moment auf den anderen wie ausgewechselt erscheinen lassen. Dazu gehörte auch ihr Vater, Michael, der genau genommen nichts anderes getan hatte, als seine Töchter zu entführen. Genauer gesagt war folgendes geschehen: Nachdem Michael am Tag zuvor nach Hause gekommen war, hatte er sich mit Leonies Mutter gestritten (wie sie es in letzter Zeit immer öfter getan hatten), sich Leonie und ihre kleine Schwester geschnappt und war ins Auto gesprungen, scheinbar, um bis in alle Ewigkeit nach Nordosten zu gurken. Nun waren sie hier, irgendwo auf halbem Wege in ihr neues Zuhause, in dem Leonie sich bestimmt »gut einleben« würde und Michael kurzfristig eine Stelle hatte annehmen können. Ein erstaunlicher Zufall, wie Leonie fand, was darauf hin-deutete, dass diese ganze, dumme Geschichte letztlich weniger spontan entstanden war, als ihre Eltern es inszeniert hatten. Dass Leonie ihnen irgendetwas geglaubt hatte, lag allerdings auch schon eine ganze Weile zurück. Mit der Zeit lernte man, hinter die Dinge zu schauen. In diesem Licht betrachtet war dieses kleine Theaterstück sogar beinahe überzeugend gewesen. Was Leonie überhaupt über all das dachte, war wie immer nicht zur Sprache gekommen. Nicht, dass es irgendetwas geändert hätte, versteht sich.

Auf der Fahrt hatte Michael kaum mit ihr gesprochen. Dadurch wusste sie weder, wo genau sich ihr neues »Heim« eigentlich befand, noch, wie lange sie von ihrem richtigen Zuhause in Canberra bis dort brauchen würden, und einfach alles daran war Leonie zuwider.

Der Rastplatz, der sich nun vor ihnen aus der Dunkelheit schälte, war, im wahrsten Sinne des Wortes, der erste Lichtblick seit Stunden. Der Platz war mit schummrigen Neonlichtern beleuchtet und ansonsten so schwarz wie die Nacht, die ihn umgab. Michael manövrierte den Wagen in die Einfahrt. Er tat es mit erstaunlicher Leichtigkeit. Man sollte meinen, eine solche Trennungsgeschichte sei aufwühlend. Leonie interpretierte sein Verhalten als weiteres Indiz für das falsche Spiel ihrer Eltern und dass die Scheidung doch nicht ganz so plötzlich vor der Tür gestanden hatte. Michael hatte vermutlich bereits viel Zeit investiert, um sich emotional zu distanzieren. Das passte zu ihm, dem Mann, der niemals zeigte, was er fühlte, der einen einstudierten Tonfall für alle Gelegenheiten besaß, um ja nicht in Gefühlsausbrüche zu geraten, geschweige denn wütend zu werden und, vor allem, niemals zu weinen. Als wäre das eine Todsünde. Und der harte Kerl war er nun wirklich nicht. Wäre Leonie nicht selbst den Tränen nahe gewesen, hätte sie lachen können. Egal was ihre Mutter auch getan haben mochte (denn Michael hatte sie für irgendetwas beschuldigt, aber vor Leonie eine Art Geheimsprache benutzt, denn ein sechzehnjähriges Mädchen kann bekanntlich nicht mit erwachsenen Themen umgehen – Leonie schüttelte innerlich den Kopf), unschuldig war Michael an der ganzen Sache sicher nicht gewesen.

»Ich geh kurz tanken«, murmelte er, während er umständlich aus dem Wagen kletterte. Leonie erwiderte nichts. Michael schien auch nicht damit gerechnet zu haben. Er warf einen Blick auf das schlafende Bündel kleines Mädchen auf der Rückbank und schloss die Tür. Leonie hörte augenblicklich wieder alles wie durch Watte, die Schritte ihres Vaters, das Klappern des Zapfhahns. Ein, wie sie fand, sehr beruhigender Klang. Sie beobachtete in den Rückspiegeln teilnahmslos, wie ihr Vater um den Wagen herumwuselte und nach drei Versuchen die Tankkappe löste. Kalt war es nicht, im Gegenteil. In der schwülwarmen Nacht musste das Zittern seiner Hände tatsächlich eines der kleinen Zeichen der Schwäche sein, die er immer so penibel zu verstecken versuchte. Leonie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Hatte sie jetzt irgendetwas gewonnen? Es fühlte sich jedenfalls nicht so an.

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