Fondeadero Champerico (14° 18`N, 91° 56` W) ist eine offene Reede etwa 11 sm NW-lich von San Luis und der Einklarierungshafen für den westlichen Teil von Guatemala. Die Stadt Champerico hat über 4.000 Einwohner. Sie ist schon aus größerer Entfernung an mehreren auffälligen Gebäuden erkennbar. Ein Haus mit rotem Dach steht etwa 0,6 sm NW-lich und eine Gruppe von drei Palmen etwa 1 sm SO-lich des Piers. Ein gutes Radarecho wurde bei der Ansteuerung von dem auf der Pier stehenden Wellblechschuppen bereits in 24 sm Abstand in den Peilungen 335° bis 30° beobachtet; die Küste selbst reflektiert nur schwach.
Ankerplatz wird etwa ¾ sm SSO-lich des Pierkopfs empfohlen. Bei hoher Dünung oder zu erwartenden schweren Rollern muss man näher am Pier vor Anker gehen. Sobald der Anker gefallen ist, sollen drei lange Töne als Schallsignal gegeben werden. Wegen der hohen Brandung vor der Küste ist das Landen gefährlich, doch erleichtert der Pier die Ladungsarbeiten und das Landen von Passagieren. Die Dünung ist hier schwerer als an anderen Plätzen dieser Küste; oft sind Ladungsarbeiten erst möglich, wenn das Schiff mit dem Bug gegen die See gebracht ist. Bei Vollmond und Neumond setzen oft schwere Roller aus südlicher Richtung ein, die zeitweise bei gänzlicher Windstille schon auf 7 m Brandung aufwerfen. …
Also, somit liegt es auf der Hand, in Champerico sah unsereins kein Land. Vielleicht war das ja sogar ganz gut, denn – so steht es im Handbuch – die „sanitären“ Einrichtungen in der Stadt sind schlecht…
Dasselbe gilt auch für San José: Kein Landgang, keine Erinnerung…
Ich zitiere:
Fondeadero San José ist eine offene Reede etwa 6 sm westlich von Itapa. Dieser Haupthafen von Guatemala gewinnt dadurch an Bedeutung, dass er mit der 72 sm entfernt liegenden Stadt Guatemala durch eine Eisenbahn verbunden ist. Im Jahre 1965 hatte die Stadt San José etwa 5.000 Einwohner. Die sanitären Verhältnisse in der Stadt sind schlecht, so dass Malaria und Darmkrankheiten vorherrschen.
Fondeadero Acajutla (13° 35’ N, 89° 51’ W) ist eine offene Reede und den Westwinden mit starkem Seegang völlig ausgesetzt. Besonders in der örtlichen Regenzeit von Mai bis September ist es ein unbequemer Ankerplatz. Acajutla hat fast 16.000 Einwohner (1964) und ist der Haupthafen von El Salvador und Umschlagplatz für die Waren aus dem westlichen Teil des Landes, insbesondere für die Kaffeeprodukte der Santa Ana-Region. … Die Gesundheitsverhältnisse sind gut, lästig sind die vielen Fliegen und Moskitos aus den hinter der Stadt liegenden Sümpfen. Es gibt keine sanitären Einrichtungen...
Hafenanlagen: Muelle Nacional, eine 4 Kblg lange, L-förmige Mole, etwa 1 ¼ sm südlich der Stadt, hat einen über 300 m langen und fast 40 m breiten Kopfteil mit etwa 10 m Wasser längsseits, an dem zwei große Schiffe sicher liegen können… (Auszug aus dem Handbuch der Westküste Südamerikas, II. Teil, von Peru bis Guatemala, 1969)
Dass es in Acajutla keine sanitären Einrichtungen gab, da möchte ich nun doch widersprechen. In diesem Hafen lagen wir an dem erwähnten Pier. Ergo hatte ich meinen Fuß auch an Land gesetzt. Vermutlich hatte ich Nachtwache, denn die „Landnahme“ erfolgte bereits nach dem Frühstück. Auf dem Pier, der in meinem Gedächtnis nichts weiter als eine glitschige Holzbrücke ist, begegnete ich als erstes einem kleinen Hammerhai. Der mochte maximal 1½ Meter lang gewesen sein, lag auf dem Rücken, und seine Flossen hingen schlapp zur Seite. Der Fisch lag da – wie gekreuzigt… Neugierig betrachtete ich das exotische Tier, das ich bislang noch nicht einmal in einem Aquarium gesehen hatte. Der schlanke, elegante Körper, und dann dieser unmögliche Kopf, der eigentlich eher die Form eines Schneepfluges als eines Hammers hat, das passt einfach nicht zusammen. Sozusagen eine ästhetische Entgleisung. Was hatte sich da der unberechenbare Schöpfer bloß wieder ausgedacht! Na, was geht’s mich an, sowohl die Kreatianisten als auch die Atheisten haben sicher eine Antwort darauf. Und ich, ich dachte, dass ein Fisch ins Wasser gehört und schwimmen sollte. So rollte und schob ich das Tier per Fuß bis an den Rand des Pier und schubste es über die Kante. Und siehe, der Fisch schwamm – allerdings mit dem Bauch nach oben, ich machte, dass ich wegkam. Vom Land her näherten sich zwei, drei sonnenverbrannte, hagere Männer in abgerissenen Klamotten, Fischer…
Ach ja, die sanitären Anlagen, die gab es reichlich in Form von luftigen Kneipen. Freiluft-Bars unter Schatten spendenden Palmwedeln, unter die ich mich nur allzu gern vor der beißenden, stechenden Sonne flüchtete. Aber, saß man erst einmal beim Cuba Libre, ging es Schlag auf Schlag. Erst ein Drink, dann noch ein Drink, dann das erste Vögelchen, dann noch weitere Vögelchen, die wollten auch alle gefüttert sein. Schließlich, bevor die letzten Scheinchen über den Tresen geflattert, hat man sich vielleicht noch schnell ein williges Vögelchen ergattert…
Höchst wahrscheinlich hatten die etwas höher benoteten Scheinchen den Besitzer schon gewechselt, als ich mich gezwungen sah, der Runde den Offenbarungseid zu leisten. Ein pummeliger Spatz gab sich mit dem Rest zufrieden, und ich folgte ihm in seinen Schlag. In dem verlotterten Anbau der Bar gab es eine Menge kleiner, schmaler hölzerner Türchen, durch die man in ebenso kleine, schmale hölzerne Verschläge gelangte. Das ganze Mobiliar darin war – ein niedriges, schmales, mit einer groben Rosshaardecke abgedecktes hölzernes Bettgestell. Zugegeben, dieser „sanitären“ Anlage konnte man wahrhaftig kein Gütesiegel ausstellen – schon gar nicht am hellen Tag…
Und das, was da am helllichten Tag geschah – ist schnell erzählt. In einer raschen Bewegung entledigte sich das Pummelchen ihres ausgewaschenen, fadenscheinigen Kleidchens und legte sich ohne Umschweife auf den Rücken. Kurioser Weise stemmte sie als erstes, noch bevor ich irgendetwas tat, ihre Hände und Füße gegen die Bretterwände des Verschlages um mit unglaublicher Finger- und Zehenfertigkeit wenigstens einige der zahlreichen Astlöcher zu verstopfen. Leicht irritiert, forschte ich nach dem Grund dieses seltsamen Verhaltens. Doch spätestens dann, als ich das Geflüster und Gekicher jenseits der Bretterwände wahrnahm, wurde mir klar, dass ich zum Objekt einer Peep-Show geworden war…
Fondeadero La Libertad (13° 29’ N, 89° 19’ W), 16 sm WNW-lich der Rio Jiboa-Mündung, ist eine offene, völlig ungeschützte Reede, die nur bei guten oder bei nördlichen Winden als sicher gelten kann. In den Monaten von Juli bis Oktober sollte man den Platz überhaupt nicht anlaufen. Oft läuft die See ruhig auf den Strand, aber bei Neumond und bei Vollmond kommt oft noch auf 7 m bis 9 m Wassertiefe in 1 ¼ sm Abstand vom Land Brandung vor. Diese plötzlich auftretenden Brecher können Ankerketten brechen lassen, wenn nicht genügend Kette gesteckt ist. Das Landen ist zu dieser Zeit schwierig; selbst bei gutem Wetter sollen Boote gefährdet sein. (Aus dem Handbuch…)
Stimmt auffallend, jedenfalls das Letztere kann ich nur bestätigen. Nach längerer Seereise, von Europa kommend, schwoite das Schiff auf der Reede von La Libertad untätig um den Anker. Warum nicht umgeschlagen wurde, ob es die Wetterverhältnisse oder irgendwelche anderen Gründe waren, ist mir entfallen. Dass aber nicht wenige unter uns scharf wie Lumpi auf einen baldigen Landgang lauerten, daran kann ich mich schon erinnern. Einer der jüngeren Offiziere hatte dem Alten wohl den Floh ins Ohr gesetzt, das längst fällige Bootsmanöver durchführen zu lassen. Bootsmanöver, das umständliche Aus- und Einsetzen des Rettungsbootes, waren bei niemandem beliebt. Nicht beim Ersten und seinem Bootsmann, die die Leute lieber arbeiten sahen, nicht bei den Maschinisten, nicht beim Küchenpersonal und den Stewards, die sich alle nur ungern aus ihrem Alltagstrott heraus lösen mochten, und auch für uns Matrosen war es eher eine ungeliebte Pflichtübung. Warum? Ja, weil es – da es so selten geübt wurde – häufig mit „Beinahe-Katastrophen“ verbunden war. Mal klemmten die Ausleger der Davits, mal versagte die Bremse, mal riss der Steg, an dem die Manntaue befestigt waren, mal machte der Sliphaken Scherereien, mal …
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